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CO2-Preis im Aufwind, Kohle- und Strompreis im tiefen Tal

10.09.2015  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Ausschlaggebend für die anhaltende Talfahrt der Kohlepreise ist die Sorge um den schwächelnden Importsog der Schwellenländer China und Indien, die in den letzten Jahren trotz der hohen heimischen Produktion zu den größten Importeuren der Welt aufgestiegen sind. Chinas Nettoimporte hatten ihr Hoch zwar bereits Anfang 2014 erreicht, aber erst im letzten Sommer setzte ein deutlicher Abwärtstrend ein, der bis zum Frühsommer anhielt. Im ersten Halbjahr 2015 lagen die Kohleeinfuhren fast 40% unter Vorjahr. Im Juli war der Importbedarf dann überraschend kräftig angesprungen: Zusammen mit den wieder etwas schwächeren Daten im August lagen die Nettokohleimporte in den zwei Monaten immerhin knapp 15% über dem Durchschnitt im zweiten Quartal (Grafik 5).

Noch ist fraglich, ob dies nur ein Strohfeuer ist oder eine echte Trendwende einleitet. Für Letzteres spricht die schrumpfende Kohleproduktion im eigenen Land, denn vor allem aufgrund der niedrigen Preise macht ein Großteil des heimischen Kohlebergbaus Verluste. In den ersten sieben Monaten des Jahres lag die Kohleförderung entsprechend 5,3% unter Vorjahr. Gegen eine nachhaltige Erholung der Kohleimporte spricht zum einen Chinas verstärktes Bemühen um mehr Umweltschutz und zum anderen die Abwertung des chinesischen Yuans, die Importe teurer und Exporte billiger macht.

Entscheidend für die künftigen Importtendenzen ist aber letztlich Chinas Konjunkturdynamik. Da wir weiterhin nur mit einer Wachstumsverlangsamung, nicht aber mit einer harten Landung rechnen, dürfte Chinas Energiehunger vorerst weiter zunehmen.

Auch der zweite Aufsteiger am Kohlemarkt, Indien, gibt vielen Marktteilnehmern Anlass zur Sorge. Die Kraftwerkskapazitäten werden zwar stark ausgebaut (siehe Rohstoffe kompakt Energie: Hängen im Schacht vom Juni 2015) und entsprechend kräftig steigt der Kohlebedarf. Im laufenden Fiskaljahr (April 2015 bis März 2016) dürfte die indische Kohlenachfrage laut Einschätzung der Regierung um 10% zulegen.

Doch während in den letzten Jahren die Kohleproduktion mit dem rasanten Nachfragewachstum nicht Schritt halten konnte, hat das staatliche Bergbauunternehmen Coal India, das zur Zeit 80% der indischen Kohleproduktion verantwortet, zuletzt Erfolge verbuchen können: Von April bis Juli lag die Produktion 10,5% höher als im Vorjahr. Das bremst den Importbedarf, so dass die Regierung bereits einen Rückgang der Kohleimporte um 3% in Aussicht gestellt hat.

Die aktuellen harten Zahlen zeichnen kein klares Bild: Die Versorger, auf die gut 70% des indischen Kohlebedarfs entfallen, meldeten zwar sinkende Importe, aber nach Agenturmeldungen ist in den 12 größten Häfen Indiens von April bis Juli 24% mehr Kohle importiert worden als im Vorjahr. Wir sind skeptisch, dass sich der Importbedarf bereits nachhaltig abschwächt.

Problematisch ist zudem, dass die Reaktionen der Angebotsseite auf die schwache Nachfrage weiterhin sehr begrenzt sind, denn der Effekt niedriger Preise wird durch die Abwertung der Währung vieler Produzentenländer abgefedert. Ankündigungen von Minenschließungen sind bislang nur vereinzelt.

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Wir revidieren aufgrund des weiterhin kurzfristig überversorgten Marktes unsere Preisprognose nach unten. Viele Negativnachrichten dürften allerdings nun eingepreist sein, so dass das weitere Rückschlagspotenzial begrenzt ist. Sobald sich abzeichnet, dass China an einer harten Landung vorbeischrammt und auch das langsamere Wachstum ein Mehrbedarf an Energie und damit an Kohle bedeutet, dürfte dies den Kohlepreis anschieben. Da sich das Überangebot aber nur allmählich abbaut, erwarten wir auch mittelfristig nur eine graduelle Erholung der Preise. Erst in der zweiten Jahreshälfte 2016 dürfte der Kohlepreis wieder nachhaltig auf 60 USD je Tonne klettern.


Strom an der Leipziger Börse bleibt vorerst billig

Auch der Preis an der Leipziger Strombörse brach im Augst ein: Erstmals seit zwölf Jahren rutschte der Preis für Grundlast im nächstfälligen Kalenderjahr unter 30 Euro je MWh. Ausschlaggebend war zweifellos der weitere Preisverfall am Kohlemarkt, zumal vor allem die für den Strompreis relevanten Kontraktpreise für Kohle mit längerfristiger Fälligkeit stark unter Druck geraten waren (Grafik 6).

So verbilligte sich der in einem Jahr fällige Kohlekontrakt von Ende Juni bis Mitte August in Euro um 17%. Die anhaltende Verteuerung der Emissionsrechte konnte dies kaum abfedern. Auch der leicht über dem Vorjahr liegende Stromverbrauch konnte dem wenig entgegenwirken, zumal der anhaltende Vormarsch der erneuerbaren Energien zusätzlich auf dem Strompreis lastet: Die Inbetriebnahme neuer Off-Shore-Windparks in der Nord- und Ostsee sowie gute Windverhältnisse führten dazu, dass die Windenergie im ersten Halbjahr knapp 40% über Vorjahr lag und damit allein 15% der Nettostromerzeugung stellte (Grafik 7).

Für die künftige Entwicklung der Strompreise bleibt der Kohlepreis die wesentliche Preisdeterminante. Zwar machte Kohle zuletzt weniger als ein Fünftel der Stromerzeugung aus, aber es wird verstärkt für den Lastenausgleich eingesetzt und bestimmt somit die Grenzkosten der Stromproduktion. Gas bleibt deutlich teurer für die Stromproduktion, auch wenn in der Tendenz die Gaspreise am Kassamarkt bzw. der deutsche Grenzübergangspreis für Gas sinken.

Der Kohlepreis dürfte allerdings vorerst im tiefen Tal verharren (siehe oben) und damit den Strompreis nicht anschieben. Für die Preise im Emissionshandel sind wir zwar optimistischer. Allerdings hat sich auch die Verteuerung der letzten Monate allenfalls bremsend auf den Strompreisverfall ausgewirkt. Der Einfluss auf den Strompreis scheint auch deshalb nachzulassen, weil durch den Zubau von erneuerbaren Energien der Treibhausgasausstoß bei der Stromproduktion geringer wird.

Alles in allem dürfte der Preis für Grundlast im nächsten Jahr kurzfristig um 30 Euro je MWh schwanken. Erst die im nächsten Jahr zu erwartende leichte Erholung der Kohlepreise dürfte auch den Strompreis anschieben, zumal die von unseren Währungsexperten erwartete weitere Abwertung des Euro die Kosten für die mittlerweile zu 85% auf Importkohle angewiesenen Kraftwerke weiter erhöht.

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Auf einen Blick

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