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Milch: Perspektiven nach dem Quotenende

13.05.2015  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Die hohen internationalen Anlieferungen - nach Angaben des US-Landwirtschaftsministeriums fast 4% mehr als 2013 - schickten also die globalen Preise 2014 auf Talfahrt. In der EU sanken die Butterpreise seit Januar 2014, die Magermilchpulverpreise ab März 2014. Ab dem Sommer wurde die Situation insbesondere für die EU durch den russischen Importstopp verschärft. Im EU-Durchschnitt war der Milchpreis im Dezember 2014 mit 33 ct/kg 18% niedriger als der Rekordpreis von 40,2 ct/kg aus dem Dezember 2013 (Grafik 6).

Erst im ersten Quartal 2015 konnten sich die Milchpreise etwas erholen. Dies hing mit geringeren Anlieferungen seit dem Spätherbst 2014 zusammen (Grafik 7), mit denen die Überlieferung im letzten Quotenjahr zumindest eingedämmt werden sollte, zumal die niedrigen Preise ebenfalls in diese Richtung wirkten (Grafik 8). Kurzfristig niedrigere Anlieferungen können nicht nur durch Schlachtungen, sondern auch durch weniger Kraftfuttergaben, eine kürzere Laktationsperiode, die Verfütterung von Milch an Kälber und nur einmal tägliches Melken erreicht werden.

Gleichzeitig war in Ozeanien das Milchangebot durch Trockenheit beeinträchtigt und die weltweite Nachfrage weiter dynamisch. Laut Institut für Ernährungswirtschaft Kiel (ife) werden die Milchauszahlungspreise immer erst im Nachhinein festgelegt und geben weitgehend das Ergebnis des Produktmix der jeweiligen Molkerei wieder. Die Preisentwicklung setzt sich daher von den Verarbeitungsprodukten zur Milch auf Erzeugerebene mit Verzögerungen fort. Signale von den internationalen Märkten kommen bei den Erzeugern also oft verspätet an, was die richtigen Investitionsentscheidungen erschweren kann.

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Eine Studie von Thiele u.a. (2013) legt nahe, dass sich der Preisverlauf zwischen EU und Weltmarkt seit 2006 deutlich angenähert hat - wozu die Aussetzung der Exporterstattungen ab 2007 maßgeblich beitrug - und die Einbindung in den Weltmarkt die internen Milch- und Milchproduktpreise in den letzten Jahren stützte (Grafik 9). Ohne den Export lägen die EU-Preise deutlich näher am Sicherheitsnetz der sogenannten Referenzpreise, einem Überbleibsel der früheren Interventionspreise.


Wie geht es nach der Quote weiter …?

… in Deutschland: Umfragen legen immer wieder die Erwartung nahe, dass die Milchmenge in Deutschland nach dem Auslaufen der Quoten steigen wird (DLG-Nachrichten 6/14). Verarbeitende Molkereien äußern regelmäßig die Hoffnung, dass sie diese größere Menge vollständig aufnehmen, ihre Anlagen damit besser auslasten und ihre Ware bevorzugt auf dem wachsenden Auslandsmarkt absetzen können.

So wird erwartet, dass ab 2015 der Export für die deutschen Milchverarbeiter noch an Bedeutung gewinnen wird. Bisher liegt der Exportanteil bei genossenschaftlich organisierten Molkereien bei 40-55%, bei den Privatmolkereien zwischen 15 und 50%. Kapazitäten werden in Deutschland und der EU vor allem in den Bereichen Dauermilchprodukte und Käse aufgebaut. Regional dürfte sich die Milchproduktion stärker als bisher auf Grünlandgebiete Nord- und Süddeutschlands konzentrieren und auf solche Gebiete, in denen wenig Produktionsalternativen bestehen, wie dem Voralpengebiet und Mittelgebirgen, wo alternative Verwendungen von Grünland wie etwa für Biogas fehlen.

Allerdings dürfte die Produktion im Süden nur sehr moderat zulegen. Dies lässt etwa eine Studie der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft erwarten, die ein jährliches Mengenwachstum in Bayern von 0,7% pro Jahr bis 2025 auf rund 8 Mio. Tonnen als das wahrscheinlichste Szenario bezeichnet. Die Anzahl der Betriebe dürfte dabei weiter stark zurückgehen. Die milchbäuerliche Struktur ist in Bayern noch immer sehr kleinteilig: Die meisten Tiere stehen in Betrieben mit 20-49 Kühen.

In Schleswig-Holstein dagegen stehen 60% der Kühe in Betrieben mit mehr als 100 Tieren und 6% sogar in solchen mit mehr als 200 Kühen. Natürlich sind für die einzelbetriebliche und die Marktentwicklung insgesamt auch Aspekte wie die Flächenkonkurrenz und damit einhergehende Kostensteigerungen relevant, ebenso Anforderungen bei Tierschutz, Bauten und Emissionen.

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… kurzfristig in der EU laut Prognose der EU-Kommission:

Nach einem Rückgang der Anlieferungen gegenüber 2014 im ersten Quartal soll laut Kommission danach wieder mehr geliefert werden. Saisonaler Höhepunkt sind immer April und Mai. Gegenüber den extrem hohen Anlieferungen 2014 in diesen Monaten dürfte es 2015 aber kaum zu Anstiegen kommen. Über das Jahr rechnet die EU-Kommission für 2015 mit einer um 1% höheren Anlieferung als 2014. Vor allem Irland stockt seinen Kuhbestand auf, auch die Niederlande und Deutschland bauen leicht aus. Die durchschnittliche Milchgabe pro Kuh liegt in EU derzeit bei rund 6.800 kg im Jahr und soll bis 2016 auf fast 7.000 kg steigen.

In Deutschland, dem größten Produzenten, liegt der Ertrag pro Kuh und Jahr bei über 7.300 kg (2012 und 2013). Die EU-Kommission sieht in der EU auch für 2015 leicht höhere Werte für Produktion, heimische Nachfrage und Exporte an Käse. Laut der Prognose der EU-Kommission von Dezember 2014 dürften die Milchpreise 2015 schwach bleiben, auf Hofebene sogar weiter sinken, weil das Angebot die Nachfrage übersteigt. Erst 2016 sieht sie in der EU Aufwärtspotenzial für die Preise auf rund 350 EUR/Tonne (35 ct/kg).

Andere Beobachter erwarten aber bereits für das zweite Halbjahr merklich steigende Milchpreise, weil dann der Anlieferungshöhepunkt in der EU überschritten ist und die globalen Milchmengen bei gleichzeitig anziehender Nachfrage nachgeben sollen. So könnte es global schon 2015 wieder dazu kommen, dass die Nachfrage über dem weltweiten Angebot zu liegen kommt und die angewachsenen Lagerbestände angegriffen werden (DLG-Nachrichten 2/15). Auch der deutsche Milchindustrieverband ist zuversichtlich, dass bei derzeit niedrigen EULagerbeständen und dem exportfreundlichen Euro-Dollar-Wechselkurs die Milchpreise im 3. Quartal ansteigen werden.


… und welches sind die mittel- und längerfristigen Perspektiven für die EU?

In ihrem mittelfristigen Ausblick (Medium-term outlook) rechnet die EU-Kommission mit einem Anstieg der Milchanlieferungen von 148 Mio. Tonnen 2014 auf 158 Mio. Tonnen 2024. Der größte Teil des Zuwachses soll in den alten EU-Ländern stattfinden. Der Anstieg der Lieferungen um durchschnittlich 0,8% p.a. soll aber regional sehr unterschiedlich verteilt sein: Weiterhin stark zulegen dürfte die Produktion in den Ländern mit hohen Investitionen in Kapazitäten und mit niedrigen Produktionskosten wie Dänemark, Deutschland, den Niederlanden, aber auch Großbritannien, Irland und Polen (Grafik 10).

Ein Land wie Spanien, das viel Futter zukaufen muss, wird dagegen die Milchproduktion wohl eher einschränken. Der größte Teil der zusätzlichen Milch dürfte zu dem gut transportierbaren Milchpulver (+16%) und zu Käse (+12%) verarbeitet werden (Grafik 11). Gerade bei Käse besteht nach Ansicht der EUGRAFIK Kommission auch intern noch zusätzliches Nachfragepotenzial. Und international dürfte die EU bei Käse v.a. aufgrund der Vielfalt und hohen Qualität trotz höherer Preise als in Ozeanien ebenfalls gute Absatzchancen haben.

Die EU-Kommission erwartet einen Anstieg der Käseexporte um ein Drittel (ausgehend vom Niveau vor dem russischen Importstopp) und der Milchpulverexporte um gut ein Viertel. Die Produktion von Butter dürfte in der EU bis 2024 um 9% gegenüber 2014 steigen. Diese zusätzliche Menge dürfte weitgehend intern verbraucht werden, zum Teil als Substitut für etwa in Margarine verwendetes Palmöl, dessen Nachhaltigkeit oft in Zweifel gezogen wird. Der EU-Export an frischen Milchprodukten könnte dagegen zulegen auf etwa 3% der EU-Produktion.

Während die Exporte von Milchprodukten stark steigen, ist das Potenzial für steigenden EU-internen Konsum begrenzt: In den nördlichen Mitgliedsländern ist der Pro-Kopf-Konsum mit bis 300 kg Milchäquivalent im internationalen Vergleich bereits extrem hoch, lediglich in den neuen Mitgliedsländern besteht noch einiges Aufholpotenzial. Im EUDurchschnitt liegt der Pro-Kopf-Konsum etwa ähnlich hoch wie in den USA und Kanada.

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