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WTI wohl nur kurzzeitig deutlich preiswerter als Brent

20.03.2015  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Doch eine Wende im jahrelangen Schrumpfungsprozess der europäischen Raffinerien dürfte dies keineswegs sein. Gleichzeitig enttäuschte zuletzt das Angebot aus Libyen und dem Irak, welches beide wichtige Lieferanten für den europäischen Markt sind.

Die irakischen Ölexporte dürften sich aber von den wetterbedingten Ausfällen im Februar schnell erholen und ihren Aufwärtstrend wieder aufnehmen. Dazu kommt Öl aus dem kurdischen Norden des Irak, welches nach der Einigung zwischen der Provinzregierung und der Zentralregierung über Vermarktungsrechte zusätzlich an den Markt gelangen wird. In Libyen ist wegen der instabilen Sicherheitslage wohl nicht mit dauerhaft höheren Exporten zu rechnen. Kurzzeitige Angebotsausweitungen in Libyen können den Brentölpreis aber jederzeit zumindest vorübergehend unter Druck setzen.

• Der Rohölmarkt bleibt in der ersten Jahreshälfte massiv überversorgt. Der Bedarf an OPEC-Öl liegt laut Schätzung der Internationalen Energieagentur IEA im ersten Halbjahr bei weniger als 29 Mio. Barrel pro Tag, während die OPEC bis zuletzt weiterhin über 30 Mio. Barrel pro Tag produzierte. Im April dürften die industriellen Rohölvorräte in den OECD-Ländern auf eine Reichweite von 63,7 Tagen klettern (Grafik 5).

Der Angebotsüberschuss, der bislang vor allem in die US-Lagertanks geflossen ist, dürfte dabei allmählich nach Europa überschwappen. Dazu könnten auch steigende US-Exporte von geringfügig verarbeitetem Leichtöl beitragen, welche seit Ende letzten Jahres erlaubt sind. Der Brentölpreis dürfte dadurch ebenfalls tendenziell belasten werden.

• Je weiter die Lager in den USA und Europa volllaufen, desto unsicherer dürften die spekulative Investoren werden und ihre Netto-Long-Positionen zurückfahren. Dies gilt insbesondere für Brent, weil der Optimismus hier deutlich höher ist als bei WTI. Wie wir bereits erwähnt haben, sind die spekulativen Netto-Long-Positionen bei Brent bis zuletzt gestiegen, während es bei WTI bereits zu einem leichten Abbau kam. Die spekulativen Long-Positionen bei Brent liegen aktuell sogar auf einem Rekordniveau, ebenso die Zahl der ausstehenden Terminkontrakte. Das Korrekturpotenzial ist folglich bei Brent höher als bei WTI.

• Zudem steht eine mögliche Lockerung der Sanktionen gegen den Iran im Raum. Die Atomgespräche sollen bis Ende März zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden. Laut Nachrichtenagenturen hat der Iran bereits damit begonnen, Gespräche mit potenziellen Käufern zu führen. Der Iran hatte zuletzt nur rund 1,4 Mio Barrel pro Tag exportiert, während es vor dem Inkrafttreten aller Sanktionen Mitte 2012 noch gut 1 Mio. Barrel pro Tag mehr waren. Europa war nach China vor dem im Juli 2012 verhängten Importstopp mit 450 Tsd. Barrel pro Tag der zweitwichtigste Abnehmer für iranisches Öl.

Die Lieferungen aus dem Iran würden die Ausfälle aus Libyen weitgehend ausgleichen und die Angebotssituation am europäischen Markt sich dadurch merklich entspannen. Sollte das Ölembargo der EU gegen den Iran tatsächlich aufgehoben werden, behalten wir uns daher eine Abwärtsrevision unserer Jahresendprognose für Brent vor.

Alles in allem dürften die Ölpreise bis zum Sommer unter Druck bleiben. Da die USRohölvorräte vor allem aufgrund einer noch immer steigenden Schieferölproduktion kurzfristig weiter steigen werden, dürfte der WTI-Preis zunächst unter Druck bleiben und weiterhin mit deutlichem Abschlag zur europäischen Referenzsorte Brent gehandelt werden. Der Preisabstand dürfte sich in der ersten Hälfte des zweiten Quartals sogar auf bis zu 15 USD je Barrel ausweiten, sollte sich der Aufbau der US-Rohölvorräte in den kommenden Wochen nicht nennenswert verlangsamen.

In der zweiten Jahreshälfte wird sich das Überangebot in den USA aber abbauen. Die US-Rohölvorräte dürften ab Sommer sogar schrumpfen, während die Versorgungslage auf dem europäischen Markt tendenziell reichlicher wird. WTI dürfte folglich im zweiten Halbjahr stärker steigen als Brent. Bis Jahresende dürfte sich der Preisabstand unseres Erachtens wieder auf 3 USD je Barrel verringern, was nicht einmal halb so hoch wäre wie die Terminkurven derzeit für Dezember einpreisen.


Auf einen Blick

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