Reichliches Angebot dämpft weitere Ölpreisentwicklung


Die genannten Faktoren machen einen Ölpreis von 115USD je Barrel, welchen wir bislang für das Jahr 2014 erwartet hatten, unwahrscheinlich. Wir reduzieren daher unsere Jahresdurchschnittsprognose auf 106 USD je Barrel, wobei der Tiefpunkt zur Jahresmitte erreicht werden dürfte. Gleichwohl gehen wir nicht davon aus, dass der Ölpreis deutlich unter Druck gerät und für längere Zeit unter die Marke von 100 USD je Barrel fällt. Dem stehen die weiterhin vorhandenen geopolitischen Risiken entgegen, welche für latente Angebotssorgen sprechen und eine dauerhafte Risikoprämie auf den Ölpreis rechtfertigen.
So ist der Bürgerkrieg in Syrien nicht beendet, in welchen auch die arabischen Golfanrainerstaaten durch die Unterstützung der Aufständischen und der Iran durch die Unterstützung des Assad-Regimes indirekt involviertsind. Auch die politische Lage in Ägypten bleibt angespannt, da es immer wieder zu gewaltsamen Protesten der Anhänger des gestürzten Präsidenten Mursi gegen die neuen Machthaber kommt. Sowohl Syrien als auch Ägypten sind für die Stabilität in der ölreichen Region wichtig. Durch Ägypten verlaufen außerdem wichtige Transportrouten wie der Suezkanal und die Sumed-Pipeline.
Als weiterer Risikofaktor ist der Irak zu nennen, wo es aufgrund der angespannten Sicherheitslage und des Streits zwischen der kurdischen Provinzregierung im Nordirak und der Zentralregierung in Bagdad über Vermarktungsrechte zu Beeinträchtigungen der Ölproduktion kommen kann. Ebenfalls nicht zu vernachlässigen ist das zunehmend aggressive außenpolitische Auftreten des wichtigsten OPEC-Produzenten Saudi-Arabien. Das Königreich hat jüngstden USA sogar damit gedroht, die bislang engen Beziehungen neu auszurichten, da die USA nach Ansicht von Saudi-Arabien nicht stark genug gegen das Assad-Regime in Syrien vorgehen und zudem dem Iran Entgegenkommen signalisiert haben.
Zudem gehen wir nicht davon aus, dass es zu einer schnellen Lockerung oder gar Aufhebung der Ölsanktionen gegen den Iran kommen wird. Noch lässt sich nicht sagen, ob der Iran dem Westen im Atomstreit weit genug entgegenkommen wird,auch wenn die ersten Signale positiv gewertet wurden. Dagegen spricht auch, dass der US-Kongress einer Lockerung der Sanktionen zustimmen muss. Da im kommenden Jahr Zwischenwahlen stattfinden, dürften sich viele Abgeordnete mit einer Zustimmung schwer tun, zumal wie oben beschrieben eigentlich kein Bedarf an iranischem Öl besteht. Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass der US-Kongress einer Lockerung der Sanktionen skeptisch gegenüberstehen dürfte. Ein aktueller Senatsentwurf sieht vor, die erlaubten iranischen Ölausfuhren auf500 Tsd. Barrel pro Tag nochmals zu halbieren. Das Repräsentantenhaus hatte zuvor sogareine Kürzung auf nahe Null gefordert.
Von der Nachfrage sind keine großen Überraschungen auf die Preise zu erwarten. Diese dürfte weiterhin von den Schwellenländern wie China, Indienund Brasilien getragen werden, während die Ölnachfrage in den Industrieländern wohl weiterschrumpfen wird. Für etwas Ungewissheit bei der Preisentwicklung sorgt die Geldpolitik der Zentralbanken. Es ist zwar davon auszugehen, dass die US-Notenbank ihre ultra-lockere Geldpolitik im kommenden Jahr schrittweise zurückführen wird.
Allerdings konnten die Ölpreise vom seit Ende 2012 laufenden dritten Anleihekaufprogramm kaum profitieren (Grafik5), so dass eine graduelle Reduzierung der Anleihekäufe den Ölpreis nicht nennenswert belasten sollte. Hinzu kommt, dass die globale Geldpolitik auch danach ausgesprochen expansiv bleibt. Angesichts niedriger Zinsen und einer fallenden Brent-Terrminkurve bleibt Rohöl für Anlegersomit interessant.

Auf einen Blick



