Ohne neue US-Pipelinekapazitäten ist eine weitere Einengung der Preisdifferenz zwischen Brent und WTI nur schwer zu rechtfertigen. Die Transportkosten von (Schiefer-)Öl im Mittleren Westen der USA über die Schiene betragen mehr als 12USD je Barrel an die US-Golfküste und 15 USD je Barrel an die US-Ostküste. Wenn man die derzeitige Preisdifferenz zwischen Light Louisiana Sweet (LLS) als Referenz für die US-Golfküste und Schieferöl aus der Bakken-Formation zurate zieht, ist der Schienentransport kaum noch profitabel (Grafik 3).
Dies gilt angesichts der Preisdifferenz zwischen LLS und WTI erst recht für den Transport von Cushing an die US-Golfküste und angesichts der Preisdifferenz zwischen Brent und Bakken-Öl für den Transport an die US-Ostküste. Die Arbitragemöglichkeiten waren in den vergangenen Monaten ein treibender Faktor für die Einengung der Preisdifferenz zwischen Brent und WTI. Der Anstieg der Rohölvorräte in Cushing seit Anfang Mai kann bereits ein Indiz dafür sein, dass die Arbitrage zurückgeht. Wir gehen daher davon aus, dass sich die Preisdifferenz zwischen Brent und WTI in den kommenden Wochen noch einmal vorübergehend auf ca. 10-12 USD je Barrel ausweiten wird.
Die Pipelinekapazitäten werden in den kommenden Monaten kontinuierlich steigen und damit mittelfristig für hinreichend Entlastung sorgen. Zu nennen ist die umgekehrte Longhorn-Pipeline, durch welche seit Mitte April Rohöl vom Permian Basin in Texas an die Golfküste abfließen kann und nicht mehr wie bislang nach Cushing. Die Kapazität dieser Pipeline soll in den Sommermonaten um 150 Tsd. Barrel pro Tag steigen, wasausreichen dürfte, um den Anstieg der Ölproduktion im Mittleren Westen auszugleichen und einen Anstieg der Cushing-Bestände zu verhindern.
Mit der erwarteten Inbetriebnahme der südlichen Keystone-XL-Pipeline im Dezember nehmen die Kapazitäten um zusätzliche 400 Tsd. Barrel pro Tag zu. Weitere 100 Tsd. Barrel pro Tag kommen hinzu, sobald die erweiterte Seaway-Pipeline im vierten Quartal wieder voll ausgelastet werden kann. Eine wichtige Rolle hierbei spielt die inzwischen erfolgte Umkehrung der Ho-Ho-Pipeline. Durch diese können täglich bis zu 300 Tsd. Barrel Rohöl von Houston nach Houma in Louisiana transportiert werden.
Ab Herbst ist somit ein spürbarer Rückgang der Cushing-Vorräte zu erwarten. Die Preisdifferenz sollte daher bis zum Jahresende auf fünf US-Dollar je Barrel schrumpfen. Die Transportkosten via Pipeline betragen 2-4 USD je Barrel. Auf dieses Niveau dürfte die Preisdifferenz zwischen Brent und WTI im kommenden Jahr fallen.
Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!