• Montag, 19 Mai 2025
  • 13:00 Frankfurt
  • 12:00 London
  • 07:00 New York
  • 07:00 Toronto
  • 04:00 Vancouver
  • 21:00 Sydney

Rückkehr der Risikoaversion

27.09.2012  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
Energie

Die Ölpreise sind gestern im Zuge einer steigenden Risikoaversion zwischenzeitlich unter Druck geraten, konnten sich über Nacht aber wieder erholen. Brent handelt am Morgen wieder über der Marke von 110 USD je Barrel und WTI wieder oberhalb von 90 USD je Barrel. Gegen einen weiteren Rückgang sprechen die anhaltenden geopolitischen Spannungen im Nahen und Mittleren Osten sowie die Aussicht auf weitere Liquiditätsspritzen durch die Zentralbanken. Unterstützung für die Preise gaben auch die gestrigen US-Lagerdaten. Laut US-Energieministerium sind die US-Rohöllagerbestände in der vergangenen Woche überraschend um 2,45 Mio. Barrel gesunken.

Maßgeblich hierfür war ein kräftiger Rückgang der Importe. Diese fielen auf das niedrigste Niveau seit Dezember letzten Jahres und konnten den deutlichen Anstieg der US-Ölproduktion - diese erreichte mit 6,5 Mio. Barrel pro Tag den höchsten Stand seit Anfang 1997 - und den starken Rückgang der Raffinerieauslastung mehr als ausgleichen. Die geringere Raffinerietätigkeit hat dazu beigetragen, dass die Vorräte an Ölprodukten weiter zurückgegangen sind und sich die angespannte Lage an den Produktmärkten weiter verschärft.

Open in new window

Die Benzin- und Destillatebestände liegen mittlerweile auf einem kritisch niedrigen Niveau, was allerdings nicht an der Nachfrage liegt. Im Gegenteil, die US-Nachfrage nach Mitteldestillaten lag in den vergangenen vier Wochen 8,7% unter dem Vorjahr. Die niedrigen Produktbestände könnten der US-Regierung als Rechtfertigung für eine Freigabe der strategischen Reserven dienen. Der US-Erdgaspreis ist über Nacht um knapp 6% gestiegen, was ausschließlich auf einen Kontraktwechsel zurückzuführen ist.


Edelmetalle

Gold konnte sich gestern dem Abwärtstrend an den Rohstoffmärkten nicht vollständig entziehen, machte aber im späteren Handel einen Teil seiner zwischenzeitlich hohen Verluste wieder wett. Zum ersten Mal seit fast vier Wochen gab es gestern Abflüsse aus den Gold-ETFs (9,5 Tonnen). In Südafrika stehen aufgrund von zahlreichen Streiks mittlerweile rund 39% der gesamten Goldminenproduktion des Landes still. Von den Streiks betroffen sind alle Minen von AngloGold Ashanti, dem weltweit drittgrößten Goldproduzenten. Während die Produktionsausfälle dort noch nicht beziffert wurden, spricht der viertgrößte Goldproduzent, Gold Fields, von "Verlusten" von bislang rund 32 Tsd. Unzen.

Es besteht die Gefahr, dass sich die Streiks auf andere Goldminen ausweiten, denn die Arbeiter fühlen sich offenbar von der Lohnerhöhung, die in der Platinindustrie durchgesetzt wurde, ermutigt. Dort selbst schwelen die Streiks weiter. So berichtete Anglo American Platinum, der weltweit größte Platinproduzent, gestern von Produktionsausfällen von rund 20 Tsd. Unzen. Unterdessen setzt sich der im Vergleich zu den anderen Edelmetallen überproportionale Preisrückgang bei Palladium fort. Mit 618 USD je Feinunze handelte das Edelmetall kurzzeitig fast auf einem 4-Wochentief. Mitverantwortlich für die Verluste waren Verkäufe von ETF-Investoren. Die von Bloomberg erfassten Palladium-ETFs verzeichneten in den letzten beiden Tagen Abflüsse von knapp 34 Tsd. Unzen.


Industriemetalle

Ausgelöst durch eine neuerliche Eskalation der Schuldenkrise in der Eurozone und der dadurch bedingt merklich gestiegenen Risikoaversion der Marktteilnehmer standen auch die Rohstoffpreise gestern unter Druck. Besonders große Verluste verzeichneten dabei die Industriemetalle als zyklische Rohstoffe. Diese gaben in der Breite um bis zu 3% nach und zeigen sich auch heute Morgen nur leicht erholt. Die Korrektur der Metallpreise setzt sich damit fort. Allerdings hält sich diese noch im Rahmen: Der Index der Londoner Metallbörse, LMEX, hat von seinem 5½-Monatshoch Mitte September gut 3% verloren. Zuvor war er innerhalb von vier Wochen um 16% gestiegen. Wir sehen die aktuelle Korrektur als vorübergehend und nicht als den Beginn einer Trendwende.

In Malaysia hat ein hohes Gericht die erst zu Beginn des Monats erteilte Betriebsgenehmigung für Lynas, einem großen aufstrebenden Produzenten von Seltenen Erden außerhalb Chinas, vorläufig widerrufen. Das Unternehmen streitet sich schon seit Längerem mit der lokalen Bevölkerung um Umwelt- und Sicherheitsbestimmungen. Auch wenn dies Unternehmensangaben zufolge keine Auswirkungen auf die Produktion haben soll, zeigt es doch die Schwierigkeit, die Monopolstellung Chinas aufzubrechen. Das Reich der Mitte hatte kürzlich die Lizenzen für den Abbau Seltener Erden stark reduziert, um eine größere Kontrolle über die Produktion zu erhalten. Es spricht vieles für steigende Preise dieser in zahlreichen Anwendungen essenziellen Metalle.


Agrarrohstoffe

Der Baumwollpreis ist auf 71 US-Cents je Pfund gefallen, das niedrigste Niveau seit knapp zwei Monaten. Die bevorstehende Ernte in den USA übt Druck auf die Preise aus. Angesichts dessen dürften Marktteilnehmer Long-Positionen glattstellen. Per 18. September bestanden immer noch Netto-Long-Positionen von 15,1 Tsd. Kontrakten. Der indische Textilverband rechnet unterdessen mit 50% geringeren indischen Baumwollexporten im Erntejahr 2012/13, welches im Oktober beginnt. Grund hierfür ist eine schwächere Nachfrage aus China und das im Vergleich zum Weltmarkt höhere Preisniveau. Zudem fällt die Ernte in Indien aufgrund der schwachen Monsunsaison niedriger aus, während die inländische Nachfrage anzieht. Die geringere Konkurrenz aus dem zweitgrößten Exportland Indien sollte den US-Baumwollpreisen Unterstützung geben.

Russland versucht offenbar mit allen Mitteln, Exportbeschränkungen für Getreide so lange wie möglich hinauszuzögern. Die Regierung erwägt nun, Getreide aus den staatlichen Lagerbeständen zu verkaufen, um die inländischen Preise zu stabilisieren. Diese sollen 5 Mio. Tonnen betragen. Trotz aller Spekulationen hat Russland bis zuletzt Getreide exportiert, obwohl die Weizenernte in diesem Jahr sogar noch schlechter ausgefallen ist als im Jahr 2010.




Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!



© 2007 - 2025 Rohstoff-Welt.de ist ein Mitglied der GoldSeiten Mediengruppe
Es wird keinerlei Haftung für die Richtigkeit der Angaben übernommen! Alle Angaben ohne Gewähr!
Kursdaten: Data Supplied by BSB-Software.de (mind. 15 min zeitverzögert)