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Das umstrittene Bioethanolmandat in den USA

20.09.2012  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
Die Dürre in den USA bringt das ehrgeizige Ziel der US-Regierung in Gefahr, durch eine steigende Produktion von Biokraftstoffen die Abhängigkeit von Energieimporten zu senken. Die angepeilten 13,2 Mrd. Gallonen Ethanol können aus dem dafür laut US-Landwirtschaftsministerium zur Verfügung stehenden Maisangebot nicht erreicht werden. Doch der gesetzliche Rahmen mit dem Renewable Fuel Standard (RFS) bietet Flexibilität bei Angebotsengpässen, weshalb wir aktuell nicht davon ausgehen, dass die US-Regierung das vorgeschriebene Mindestproduktionsziel senkt. Die Maispreise bleiben somit weiter unterstützt.

Hohe Temperaturen und Dürre beeinträchtigten erheblich die Ernteerwartungen in den USA. Nachdem man Anfang des Jahres mit einem Rekordjahr für die Maisproduktion rechnete, sorgten die heißen Monate Juni und Juli für die niedrigsten Ernteprognose im weltgrößten Produzentenland seit 6 Jahren. So wurde die Ernteprognose von 14,8 Mrd. Scheffel Anfang Juni vom USDA auf mittlerweile nur noch 10,7 Mrd. Scheffel reduziert, was einer Senkung um mehr als 100 Mio. Tonnen entspricht.

Weltweit geht man nun von einem Angebotsdefizit von 15,6 Mio. Tonnen aus und nicht wie im Juni erwartet von einem Produktionsüberschuss von 26,5 Mio. Tonnen. Diese Angebotsknappheit ließ den Preis für Mais seit Mitte Juni um über 50% auf ein zwischenzeitliches Rekordhoch von 8,49 USD je Scheffel steigen.

Mais spielt in den USA nicht nur bei der Herstellung von Lebensmitteln und Tierfutter eine wichtige Rolle, sondern seit 2005 auch in einem zunehmenden Maße bei der Herstellung von Bioethanol. Der Anstieg der US-Maisnachfrage in den letzten sieben Jahren war nahezu ausschließlich auf die Ethanolproduktion zurückzuführen. Seit zwei Jahren wird mehr US-Mais für die Herstellung von Ethanol verbraucht als für die Tierfütterung. Laut Einschätzung des US-Landwirtschaftsministeriums soll die Maisnachfrage durch die Ethanolproduzenten im Erntejahr 2012/13 gut 42% der gesamten US-Maisproduktion in Anspruch nehmen.

In den beiden Jahren zuvor waren es jeweils knapp über40%. Diese Entwicklung ist politisch gewollt. Mit der Einführung des Energy Policy Act of 2005 kam der RFS, dessen Vorgaben mit dem Energy Independance and Security Act 2007 nochmals erhöht wurden (siehe Grafik 2). Nach den alten Regelungen war für das Jahr 2012ein Mindestverbrauch von 7,5 Mrd. Gallonen Biokraftstoff angedacht, in der überarbeiteten Version wurde diese Forderung auf 15,2 Mrd. Gallonen angehoben. Davon sollen 2012 13,2 Mrd. Gallonen Ethanol aus Mais stammen.

Um dieses Volumen zu erreichen, das laut RFS für dieses Jahr vorhergesehen ist, müsste man tatsächlich knapp 44% der prognostizierten Maisernte aufwenden, bei üblichen Umrechnungswert von 2,75 Gallonen Ethanol je Scheffel.

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Bis 2022 sind 36 Mrd. Gallonen Biokrafstoff vorgesehen. Davon sollen 15 Mrd. Gallonen durch Ethanol aus Mais, 16 Mrd. aus Zellulose, wie Pflanzenabfälle oder Präriegras und 5 Mrd. aus anderen fortgeschrittenen Biokrafstoffen, zu denen unter anderem Ethanol aus Zuckerrohr zählt, abgedeckt werden. Bis 2015 soll die Ethanolproduktionaus Mais 15 Mrd. Gallonen erreichen und danach nicht mehr wachsen. Interessant an den Mindestvorgaben ist, dass die jährliche Wachstumsrate sich nicht relativ zum Spritbedarf entwickelt. Dieser wird in den nächsten Jahren laut der IEA zurückgehen. Somit ist das vorgegebene Wachstum der Biokraftstoffverwendung in den USA verhältnismäßig größer, als durch die Volumenangaben impliziert wird.

Im Jahr 2011 betrug der Ethanolanteil im verwendeten Treibstoff 5,9 %. Die Ethanolverwendung erfolgt auf zwei Arten. Zum einen durch den steigenden Absatz der "Flexible Fuel Vehicles", die den Treibstoff E85 tanken. Dieser besteht zu 85% aus Ethanol und zu 15% aus Benzin. Zum anderen durch das auch in Europa verbreitete E10 unddas von der EPA für Benzinmotoren ab Baujahr 2001 als unbedenklich erklärte E15. Darüber hinaus bietet auch der Renewable Fuel Standard Flexibilität, ein temporäres Über- oder Unterschreiten der Ethanolproduktion im Vergleich zu den Zielvorgaben auszugleichen.

Die Umsetzung dieses Mandats zum Ethanolverbrauch ähnelt grob dem des europäischen Emissionszertifikatehandelssystems. Die Kontrolle der Minimumvorgaben erfolgt von der US-Umweltschutzbehörde (EPA) und wird durch Renewable Identification Numbers (RIN) gesteuert. Erstellt werden diese individuellen Nummern von den Biokrafstoffproduzenten und –importeuren für jede produzierte Gallone Biokrafstoff. Sie verkaufen diese dann zusammen mit dem Krafstoff an Treibstoffhersteller. Die Anzahl der RIN pro Gallone wird aus dem Energiegehalt berechnet. So entspricht eine Gallone Ethanol aus Mais 1 RIN, während der Wert bei einer Gallone Ethanol aus Zellulose bei 2,5 RIN liegt.

Die Pflichtabgabe an RIN für die einzelnen Treibstoffraffinierien und -importeuren berechnet die EPA aus dem gesamten Zielmandat, verteilt auf die jeweiligen Produktionsanteile der einzelnen Unternehmen die denBiokraftstoff beimischen. Diese Kennummern sind jedoch nicht an den Krafstoff gebunden, sondern können von den abgabepflichtigen Unternehmen und Ethanolexporteuren gehandelt, gespart oder zur Erfüllung des von der EPA vorgegebenen Mandats verwendet werden.

Die Besonderheit dieses Systems liegt im sogenannten „Banking“ der RIN. Demnach darf jeder der verpflichtet ist, RINs abzugeben, diese ins nächste Jahr übertragen. Also besitzen sie eine Haltbarkeit von bis zu 2 Jahren. Insgesamt dürfen dann bis zu 20% der alten RIN für das aktuelle Jahr benutzt werden. Dadurch behält man ein gewisses Maß an Flexibilität, falls das Maisangebot wie in diesem Jahr knapp ist, und im Vorjahr ausreichend Ethanol verwendet wurde.




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