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Ölpreis nach der Korrektur mit Erholungspotenzial

16.07.2012  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Was spricht neben der zu erwartenden Produktionskürzung der OPEC für eine Preiserholung? In erster Linie sind die weiterhin bestehenden Angebotsrisiken zu nennen. Der vollständige Abbau der Risikoprämie war unseres Erachtens voreilig und nicht gerechtfertigt. Am 1. Juli ist das Ölembargo der EU gegen den Iran in Kraft getreten. Dieses unterbindet nicht nur die Öleinfuhr in die EU, welche bislang mit täglichen Importen von 600 Tsd. Barrel der zweitgrößte Abnehmer des Iran gewesen ist. Mindestens genauso bedeutsam ist das Verbot für in der EU beheimatete Versicherungsgesellschaften, Öllieferungen aus dem Iran gegen Verluste abzusichern.

Da die europäischen Versicherer den Großteil des globalen Schiffsverkehrs absichern, hat das Embargo auch Auswirkungen auf die Abnehmer außerhalb der Europäischen Union. Südkorea hat deshalb bereits die Öleinfuhren aus dem Iran gestoppt. Auch Japan wird zunächst kein Rohöl aus dem Iran importieren. Auch anderswo kann es zu Angebotsausfällen kommen, wie der Streik in der norwegischen Ölindustrie verdeutlichte. Ein weiteres Risiko sind sturmbedingte Produktionsausfälle im Golf von Mexiko.

Neben diesen Angebotsrisiken sind auch die deutlich gesunkenen freien Förderkapazitäten zu nennen (Grafik 4). Das sind Produktionskapazitäten, welche von den OPEC-Ländern innerhalb von 30 Tagen aktiviert und für mindestens 90 Tage beibehalten werden können. Diese sind seit Jahresbeginn als Folge der Ausweitung der OPEC-Ölproduktion und der Iran-Sanktionen deutlich gesunken. Die US-Energiebehörde EIA hat die freien Förderkapazitäten unlängst auf 2,4 Mio. Barrel pro Tag beziffert, was weniger als 3% der globalen Ölnachfrage entsprechen würde.

Im historischen Vergleich sind die freien Förderkapazitäten somit sehr niedrig und der Puffer im Falle von unvorhergesehenen Angebotsausfällen entsprechend gering. Sollte Saudi-Arabien seine Ölproduktion zurückführen, würden damit aber auch die freien Kapazitäten wieder steigen. Die niedrigen freien Förderkapazitäten stellen somit in Abwesenheit weiterer unvorhergesehener Angebotsausfälle eher ein Argument gegen fallende Preise dar.

Auch seitens der Nachfrage dürfte im zweiten Halbjahr preisunterstützende Wirkung für die Preise ausgehen. Der Ölverbrauch ist aus saisonalen Gründen im dritten und vierten Quartal für gewöhnlich höher als im ersten Halbjahr. Laut IEA steigt deshalb der Bedarf an OPEC-Öl im zweiten Halbjahr auf 31 Mio. Barrel pro Tag, verglichen mit 29,9 Mio. Barrel pro Tag zwischen Januar und Juni. Entsprechend reduziert sich selbst bei einer konstanten Ölproduktion der OPEC das Überangebot auf dem Ölmarkt auf weniger als 1 Mio. Barrel pro Tag. Bei einer Annäherung an das OPEC-Produktionsziel würde sich der Ölmarkt sogar einengen (Grafik 5).

Zudem gehen wir von einer Stabilisierung der Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte aus, was sich ebenfalls positiv auf die Nachfrage auswirken dürfte.

Die zu erwartende Produktionskürzung der OPEC, die wieder stärker in den Fokus rückenden Angebotsrisiken und die steigende Nachfrage sprechen für eine Erholung der Ölpreise im zweiten Halbjahr. Zudem sind die freien Produktionskapazitäten historisch niedrig, was die Preise zusätzlich unterstützt. Wir rechnen daher in den Sommermonaten zunächst mit einer Stabilisierung des Brentpreises bei 100 USD je Barrel.

Sobald klar wird, dass sich das Überangebot sukzessive verringert, dürfte der Preis seine Ende Juni begonnene Erholung fortsetzen. Im Dezember dürfte Brentöl wieder 110 USD je Barrel kosten. Sollte die OPEC die Produktion nicht wie angekündigt zurückführen, dürfte die Preiserholung weitgehend ausbleiben. Bei einer Verschärfung der Iran-Krise oder einer Aufhellung der allgemeinen Marktstimmung könnte der Ölpreis auch stärker steigen als von uns erwartet.

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