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CO2 -Markt: Warten auf Brüssel

06.07.2012  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
- Seite 2 -

Europäische Politik:

Auch auf der europäischen Bühne ist mit der Euro-Schuldenkrise das Thema Umweltpolitik etwas in den Hintergr und gerückt. Dennoch hat die dänische EU-Ratspräsidentschaft versucht, diesem Thema wieder ein höheres Gewicht zu geben. Ein großer Schritt nach vorne scheiterte aber am Veto Polens, das sich gegen den "Energiefahrplan" ausgesprochen hat.

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Eine aktuelle Studie zu den "Preisdeterminanten am europäischen CO2-Markt und Interdependenzen mit den Energiemärkten" im Auftrag des dt. Umweltbundesamtes zeigt, dass fundamentale Marktdaten durchaus einen kurzfristigen Effekt auf den CO2-Markt haben. Auf Basis von Tagesveränderungen hatten sowohl Gas- als auch Kohlepreise einen signifikanten Effekt auf den EUA-Preis. Darüber hinaus hatten aber auch die wirt schaftlichen Aktivitäten, die in dieser Studie durch die Entwicklung des EuroStoxx abgebildet wurden, einen messbaren Einfluss.

Nicht zuletzt hatten die Strompreise einen deutlich positiven Einfluss auf den EUA-Preis. Das könnte sich damit erklären, dass steigende Strompreise die Konsequenz eines höheren Strombedarfs sind, der wiederum mit höheren Emissionen einhergeht. Die Wetterbedingungen, abgebildet durch die sogenannten Heiz- und Kühltage, hatten dagegen keinen signifikanten Einfluss. Dies schließt aber keineswegs aus, dass andere Einflussgrößen, wie politische Erwartungen ebenfalls das Preisniveau am CO2-Markt maßgeblich beeinflussen. (Quelle: http://www.uba.de/uba-info-medien-e/4300.html).

Außerdem gelang es nicht, die "Set-Aside Option", das Zurückbehalten von Emissionszertifikaten, als Teil der Energieeffizienz-Richtlinie zu verankern, weil die Regierungen es ablehnten, den EU-Emissionshandel mit Direktiven anderer Politikbereiche zu verknüpfen.

Am 1. Juli hat Zypern die EU-Ratspräsidentsc haft übernommen. Auch wenn der Schwerpunkt Zyperns wohl auf anderen Themen liegen dürfte, sind in der zweiten Jahreshälfte neue Impulse für den Emissionshandel zu erwarten. Denn die EU-Kommission hat für Juli Vorschläge für die Revision des Emissionshandels angekündigt. EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard regte unter anderem an, die Versteigerung von Emissionsrechten in den kommenden Jahren teilweise zu verzögern. Marktschätzungen reichen von einer Verschiebung von 400 Mio. bis 1,2 Mrd. Emissionsrechten aus den Jahren 2013 bis 2015 in die Jahre 2016 bis 2018, wobei im Median wohl mit einer Verschiebung von 900 bis 1.000 Mio. gerechnet wird.

Das entspräche etwa der Hälfte des jährlichen "Budgets". Neben solchen kurzfristig greifenden Maßnahmen wird aber auch an langfristige Strukturmaßnahmen wie eine Anhebung des linearen Reduktionsfaktors und/oder eine dauerhafte Herausnahme von Emissionsrechten gedacht. Dass eine Verknappung notwendig ist, zeigt nicht zuletzt folgende Gegenüberstellung: Bis 2011 wurden bereits über 900 Mio. Zertifikate mehr in Umlauf gebracht, als zur vorschriftsmäßigen Nutzung im Zeitraum 2008 bis 2011 abgegeben wurden. Laut Weltbank müsste das Wachstum in der Europäischen Union ab 2013 bei 4¼% li egen, um den Überschuss, der in der starken Rezession entstand, wieder wettzumachen. Fazit: Unseres Erachtens ist mit einer politischen Initiative zur Verknappung des kurzfristigen Angebots zu rechnen. Diese sollte den Preis stützen.


Streitthema Einbeziehung des Flugverkehrs:

Seit Jahresbeginn sollen sämtliche Flüge, die in der EU starten und/oder landen, in d en EU-Emissionshandel einbezogen werden. Der Flugverkehr ist damit nach dem Energiesektor der zweitgrößte Emissionssektor innerhalb des EU ETS: Auch wenn im laufenden Jahr auf Basis der durchschnittlichen Emissionen des Flugverkehrs in den Jahren 2004 bis 2006 82% der Zertifikate frei zugeteilt werden, müssen Schätzungen zufolge aufgrund des schnellen Wachstums des Sektors bereits 25%-35% an Emissionsrechten hinzugekauft werden. Die Einbeziehung des Luftverkehrs wirkt damit grundsätzlich preisstützend.

Neuralgischer Punkt ist aber der Widerst and ausländischer Luftfahrtunternehmen, am Emissionshandelssystem teilzunehmen. Indien und China haben bspw. ihren Airlines angeordnet, die Anforderungen des Emissionshandels nicht zu befolgen. Die alleinige Einbeziehung der europäischen Fluglinien würde den Wettbewerb aber massiv verzerren. Ein Kompromiss zeichnet sich noch nicht ab.

Eine Eskalation des Konflikts kann sich noch bis April 2013 verzögern, denn erst dann ist ein Nachweis der Zertifikate erforderlich. Fehlt dieser, droht eine Strafe von 100 Euro je emittierter Tonne CO2. Die EU trifft sich mi t der Internationalen Zivilluftverkehrsorganisation ICAO um Optionen für globale Lösungen auszuloten. Fazit: unklar

Fazit: Alles in allem bleibt festzuhalten, dass die Richtung am CO2-Markt in den nächsten Wochen vor allem von politischen Entscheidungen abhängt. Wirtschaftsaktivität und relative Preise von Gas und Kohle haben zwar gemäß einer neueren ökonometrischen Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes kurzfristig durchaus einen signifikanten Einfluss auf die CO2-Preise (siehe Kasten). Dennoch: die langfristigen Trends und das Niveau des CO2-Preises dürften im Wesentlichen von den anstehenden po litischen Entscheidungen abhängen.

Wir gehen weiterhin davon aus, dass die politischen Entscheidungsträger die Anreizwirkung des Emissionsmarktes sichern wollen und sich in diesem Sinn zu einer künstlichen Verknappung am Markt veranlasst sehen werden. Was zwar langfristig im Widerspruch zur Marktidee steht, dürfte kurzfristig den Preisen stützen. Wir erwarten deshalb in der zweiten Jahreshälfte steigende CO2
- Preise.


Auf einen Blick

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