Überzogener Preissturz nach den USDA-Daten

Auch bei Baumwolle hatte das US-Landwirtschaftsministerium die US-Anbaufläche deutlich zu niedrig eingeschätzt. Diese dürfte der Ende Juni veröffentlichten Umfrage zufolge in diesem Jahr auf 13,7 Mio. Morgen steigen und damit 25% höher liegen als im Vorjahr. Bislang ging man “lediglich“ von einem Zuwachs von 15% aus. Gleichzeitig ist dies die höchste Anbaufläche seit fünf Jahren. Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass das USDA in seiner nächsten Angebotsschätzung die US-Baumwollproduktion nach oben korrigieren muss. Zuletzt wurde die Ernteprognose sogar um 1 Mio. auf 17 Mio. Ballen (3,7 Mio. Tonnen) nach unten genommen, was einem Rückgang um 5,6% gegenüber dem Vorjahr entsprechen würde. Unter der Annahme, dass die abgeerntete Fläche genauso stark nach oben revidiert wird, würde die US-Baumwollernte in diesem Jahr 1,5 Mio. Ballen höher ausfallen als bislang geschätzt. Selbst wenn die abgeerntete Fläche nur halb so stark nach oben revidiert wird, würde die Ernte immerhin wieder das Vorjahresniveau von 18 Mio. Ballen erreichen.
Dass die US-Baumwollproduktion auch im Falle einer Aufwärtsrevision im Jahresvergleich kaum steigen wird, ist den niedrigeren Flächenerträgen geschuldet. Im Hauptanbaugebiet Texas war es von Oktober 2010 bis Mai 2011 so trocken wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen vor über 100 Jahren. Das USDA bewertet 55% der Baumwollpflanzen in Texas in ihrem Zustand als schlecht oder sehr schlecht.
Auch für die US-Anbaugebiete insgesamt liegt der Anteil der Pflanzen mit schlechter und sehr schlechter Qualität mit 41% ungewöhnlich hoch, und das nicht nur, wenn man es mit dem Vorjahr vergleicht: Damals fielen nur 6% der Pflanzen in diese Kategorien. Kommt es deswegen zu einer Abwärtsrevision bei den Flächenerträgen, würde die Aufwärtsrevision bei den Anbauflächen zumindest teilweise kompensiert. Damit die Flächenausweitung vollständig aufgezehrt wird, müsste der Ertrag um 8% nach unten revidiert werden. Eine derart starke Abwärtsrevision halten wir trotz allem für unwahrscheinlich.
Somit dürfte sich das weltweite Baumwollangebot etwas entspannter darstellen als bislang vermutet. Vor allem in China, Pakistan und Indien – wo die Monsunsaison etwa im langjährigen Durchschnitt und damit viel besser als zuletzt angelaufen ist – dürfte es zu nennenswerten Produktionssteigerungen kommen. Bislang erwartet das USDA einen globalen Angebotsüberschuss von 1,1 Mio. Tonnen. Dieser dürfte voraussichtlich noch etwas größer ausfallen. Das International Cotton Advisory Committee erwartet derzeit 1,5 Mio. Tonnen (Grafik 9).
Angesichts der gegenüber der Situation vor einem Jahr deutlich entspannteren Angebotslage überrascht das zuletzt gesunkene Preisniveau nicht. Im historischen Vergleich ist es mit 160 US-Cents je Pfund gemessen am nächstfälligen (Juli-)Kontrakt aber noch immer sehr hoch. Der meistgehandelte (Dezember-)Kontrakt notiert dagegen mit 120 US-Cents je Pfund bereits deutlich niedriger. Wir rechnen mit einem Preisniveau von 130 US-Cents zum Jahresende. Denn bei niedrigeren Preisen dürfte auch die Nachfrage insbesondere aus China wieder anziehen, welche zuletzt eher schwach war. Auch im nächsten Jahr sollte der Preis trotz des sich abzeichnenden Angebotsüberschusses nicht nennenswert fallen.

Auf einen Blick


