Kongo: Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten?

EMFIS sprach mit I.E. Clementine Shakembo Kamanga, der Botschafterin der Demokratischen Republik Kongo, über die Probleme des Landes, die Vorurteile des Westens und über die Perspektiven für Investoren.
EMFIS: Exzellenz, die Demokratische Republik Kongo gilt als das an Bodenschätzen und natürlichen Ressourcen reichste Land in Afrika, und zählt trotzdem zu den 10 ärmsten Ländern dieser Erde? Wie passt das zusammen?
Clementine Shakembo Kamanga: Man muss dies historisch sehen. Unser Land wurde 150 Jahre lang ausgebeutet. Die Landwirtschaft wurde auf die Kautschuk- und Baumwollgewinnung reduziert; die Bauern unter Androhung der Todesstrafe gezwungen, ihr Augenmerk ausschließlich darauf zu richten. Seit unserer Unabhängigkeit 1960 wurde das nicht wesentlich besser. Unser Land wurde von den USA zum Bollwerk gegen den Kommunismus und die Sowjetunion aufgerüstet. Es wurden kolonial-ähnliche Machtstrukturen zementiert, die jede Entwicklung behinderten. Am Fortschritt und dem Wohlergehen der Bevölkerung hatte man gar kein Interesse. Das Ergebnis ist, dass trotz der vielfältigen Ressourcen die Bevölkerung und das Land arm sind.
EMFIS: Wem kommt denn der Reichtum an Bodenschätzen zugute - einer kleinen Minderheit? Die Korruption soll ja gerade in Ihrem Land stark blühen.
Clementine Shakembo Kamanga: Unsere Regierung arbeitet mit Nachdruck daran, dass der natürliche Reichtum unseres Landes der Bevölkerung zugute kommt. Die Demokratische Republik Kongo hat viele Fortschritte gerade auf dem Gebiet der Korruptionsbekämpfung gemacht. Das sollte die Weltöffentlichkeit zur Kenntnis nehmen. Zunächst ist es so, dass Korruption auch bei uns ein Straftatbestand ist und verfolgt wird. Und trifft es nicht auch zu, dass zur Korruption immer zwei gehören - einer der besticht und einer, der sich bestechen lässt? Warum meinen denn gerade die Interessensvertreter aus den reichen Staaten, dass sie immer mit Geld winken müssten. Sind die Produkte oder Dienstleistungen so schlecht, dass man sie uns nur so verkaufen kann?
Seit Beginn der Regierung unseres Präsidenten Josef Kabila Kabange wird alles getan, um die Korruption zu bekämpfen. Nehmen Sie als Beispiel die Bezahlung unseres Staates für die Schürfrechte, die wir an die Chinesen verkauft haben. Wir werden dafür von China in Naturalien, sprich in Form des Straßenausbaus von Kinshasa nach Kisangani im Osten bezahlt. Unser Außenminister Alexis Thambwe Mwamba hat hier bereits viel bewirkt. Freilich ist auch noch viel zu tun.
EMFIS: Wenn man “Kongo“ hört, denkt man automatisch an Bürgerkrieg und marodierende Armeeteile. Das ist nicht gerade ein gutes Umfeld für Investments.
Clementine Shakembo Kamanga: Wenn in Sizilien eine Mordserie der Mafia die Leute entsetzt, sprechen Sie dann auch von einem “Bürgerkrieg in Europa“? Wir haben im Kongo Banden, die - getrieben von der Gier nach Reichtum - in die Ostprovinzen einfallen, denn dort werden die begehrten seltenen Erden gefördert. Diese Banden werden von selbsternannten Generälen geführt. Das ist aber kein Bürgerkrieg, sondern Bandenkriminalität, die es mit allen Mitteln zu bekämpfen gilt. Und unsere Regierung hat genau das getan. Unsere Außenminister Thambwe Mwamba war es wiederum, der ein Abkommen zwischen den ehemals verfeindeten Staaten Demokratische Republik Kongo, Ruanda und Uganda herbeigeführt hat. Seitdem gehen die drei Staaten jetzt gemeinsam gegen diese Banden vor, und bieten ihnen keinen Unterschlupf mehr. Dadurch soll der Rückzugsraum für diese Kriminellen versperrt werden.
Man muss aber auch endlich damit aufhören, die Missstände, die wir in der Nach-Mobutu-Zeit hatten, ständig auch heute noch überall zu sehen, obwohl diese Gespenster längst der Vergangenheit angehören. Die letzten Unruhestifter, wie etwa Herrn Bemba, hat mein Land nach Den Haag zum internationalen Gerichtshof überstellt. Mir sind umgekehrt Länder in Ost-Europa bekannt, die sich noch heute mit der Auslieferung von Kriegsverbrechern schwer tun.
Und wenn im Kongo einzelne unserer Soldaten marodieren, was in jeder Armee vorkommen kann, dann werden sie vor Gericht gestellt und abgeurteilt. Es ist aber unverantwortlich, der kongolesischen Armee Gräueltaten in die Schuhe zu schieben. Dies geschieht meistens von Leuten, die noch nicht einmal die Uniformen der Armee und der kriminellen Banden auseinander halten können.
EMFIS: Wollen Sie uns damit sagen, dass die Demokratische Republik Kongo jetzt ein friedliches und freundliches Land ist?
Clementine Shakembo Kamanga: In meinem Land sind die Menschen friedlich. Die Stürme der Nach-Kolonial-Zeit und der Nach-Mobutu-Zeit gehören der Vergangenheit an. Es gibt auch keine militanten Religionsgruppen. Die meisten Kongolesen gehören christlichen Religionen an, und sind fest in diesen Glaubensrichtungen verwurzelt.