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Hurrikansaison 2010 - Stürmische Zeiten am Ölmarkt?

08.07.2010  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
Die US-Wetterbehörde NOAA erwartet in diesem Jahr die stärkste Hurrikansaison seit dem Jahr 2005. In der Vergangenheit hatten Wirbelstürme aufgrund der Angebotsausfälle einen preistreibenden Einfluss auf die Ölpreise. Ausmaß und Dauer des Preisanstiegs hängen dabei vom allgemeinen Preistrend ab. Wir rechnen im Falle von hurrikanbedingten Produktionsausfällen mit einem vorübergehenden Ölpreisanstieg auf über 80 USD je Barrel. Die hohen Lagerbestände stehen einem deutlicheren Preisanstieg entgegen. Bei Erdgas könnten die Wirbelstürme einen weiteren Abbau von spekulativen Short-Positionen zur Folge haben und dürften damit unsere Erwartung steigender Gaspreise unterstützen.

Mit Hurrikan Alex ist Ende Juni der erste Wirbelsturm der Saison 2010 durch den Golf von Mexiko gezogen. Gleichzeitig war es der früheste Wirbelsturm seit 15 Jahren. Die diesjährige Hurrikansaison dürfte deutlich aktiver werden als jene im vergangenen Jahr, als es lediglich neun benannte Stürme gab, darunter drei Wirbelstürme, wovon nur einer zu nennenswerten Produktionsausfällen führte. Die US-Wetterbehörde NOAA rechnet für 2010 mit 85%iger Wahrscheinlichkeit damit, dass die Hurrikansaison im Atlantik überdurchschnittlich ausfallen wird.

Schätzungen der NOAA zufolge soll es dieses Jahr 14 bis 23 Stürme geben, darunter 8 bis 14 Wirbelstürme. 3 bis 7 davon sollen schwere Wirbelstürme sein. Dies wäre die stärkste Hurrikansaison seit dem Jahr 2005 (Grafik 1). Damals gab es insgesamt 27 Stürme, darunter 15 Wirbelstürme. Sieben davon drangen bis in den Golf von Mexiko vor. Mit Ausnahme dieses extremen Jahres, als die NOAA die Hurrikansaison deutlich unterschätzte, und zwei kleineren Abweichungen nach unten in den Jahren 2003 und 2006 haben sich die Prognosen der NOAA in den vergangenen Jahren als treffsicher erwiesen.

Entsprechend hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass es in den kommenden Monaten zu Produktions- und Lieferunterbrechungen im Golf von Mexiko kommt. Der Schwerpunkt der Hurrikanaktivität liegt dabei in den Monaten August und September. In diesen beiden Monaten zusammen traten in den vergangenen 15 Jahren knapp 60% aller Stürme auf, die in den Golf von Mexiko vordrangen (Grafik 2).

Mit welchen Produktionsausfällen ist dabei zu rechnen? Laut US-Energiebehörde (EIA) gab es in den vergangenen 15 Jahren 67 benannte Stürme, welche den Weg in den Golf von Mexiko fanden. Bei fünf von ihnen kam es zu größeren Produktionsausfällen von mehr als 20 Mio. Barrel. Die stärksten Auswirkungen hatten dabei die Wirbelstürme Katrina und Rita im August und September 2005 mit geschätzten Produktionsausfällen von 54,9 Mio. bzw. 48,3 Mio. Barrel. Die EIA rechnet in diesem Jahr mit hurrikanbedingten Produktionsausfällen von 26 Mio. Barrel Rohöl. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 17 bis 20 Prozent könnten die Ausfälle mindestens so hoch ausfallen wie vor zwei Jahren, als die Wirbelstürme Gustav und Ike die Ölproduktion im Golf von Mexiko im September 2008 um insgesamt 65 Mio. Barrel reduzierten.

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Um einen Anhaltspunkt für mögliche hurrikanbedingte Produktionsausfälle zu bekommen, lohnt ein Blick in die Vergangenheit. Grafik 3 zeigt die Entwicklung der US-Ölproduktion in den vergangenen 20 Jahren. Während dieser Zeit gab es fünf Monate, an denen die Ölproduktion nennenswert fiel, allem voran im September 2005 und im September 2008 um jeweils 1 Mio. Barrel pro Tag. Grund hierfür waren die besagten Wirbelstürme Katrina, Rita, Gustav und Ike, welche die Ölproduktion im Golf von Mexiko vorübergehend lahmlegten. Der Golf von Mexiko vereinigt ungefähr 30% der US-Ölproduktion auf sich.

Etwas weniger schwerwiegend waren die Produktionsrückgänge im September der Jahre 1998, 2002 und 2004, welche zwischen 300 und 400 Tsd. Barrel pro Tag lagen. Der Median der neun Monate mit den größten Produktionsausfällen seit 1990 liegt bei 270 Tsd. Barrel. Diese Monate fallen allesamt in den Zeitraum zwischen Juni und September. Von daher sind die entsprechenden Produktionsausfälle in erster Linie auf Wirbelstürme zurückzuführen. Dafür spricht auch, dass die besagten Produktionsrückgänge in den Folgemonaten jeweils wieder wettgemacht wurden.

Die Wirbelstürme haben nicht nur Auswirkungen auf die Ölproduktion, sondern auch auf die Ölimporte und die Raffinerietätigkeit. Ungefähr 50% der US-Raffineriekapazitäten befinden sich an der US-Golfküste. Zudem werden knapp 60% der US-Ölimporte über die Häfen und Importterminals an der US-Golfküste abgewickelt. In der Vergangenheit hatten Wirbelstürme daher auch kräftige Rückgänge bei den Ölimporten und der Raffinerieverarbeitung zur Folge. Im September 2008 fielen die Ölimporte im Golfdistrikt zwischenzeitlich um 3,4 Mio. Barrel. Auch im September 2004 und September 2005 kam es zu ähnlich großen Rückgängen bei den Öleinfuhren.

Die Rohölverarbeitung im Golfdistrikt hat sich sowohl im September 2005 als auch im September 2008 zwischenzeitlich auf 3,5 Mio. Barrel pro Tag mehr als halbiert (Grafik 4). Weil es zu Schäden an den Raffinerien kam, dauerte es 2005 zudem mehrere Wochen, bis das Ausgangsniveau wieder erreicht wurde. 2002 und 2004 fielen die hurrikanbedingten Rückgänge der Raffinerieverarbeitung mit jeweils 1,4 Mio. Barrel pro Tag zwar geringer aus, hatten aber ebenfalls einen merklichen Rückgang der Benzinproduktion und Benzinlagerbestände zur Folge.

Aufgrund des oben skizzierten Risikos von vorübergehenden Angebotsausfällen ist davon auszugehen, dass die Ölpreise zumindest temporär steigen werden. Tatsächlich war es in der Vergangenheit häufig so, dass die Öl- und Benzinpreise zwischenzeitlich gestiegen sind, sobald ein größerer Sturm Kurs auf die Produktionseinrichtungen im Golf von Mexiko genommen hat. Die Dauer und das Ausmaß des Preisanstiegs hingen maßgeblich von übergeordneten Faktoren ab. Zu nennen ist hier vor allem der allgemeine Preistrend.

In den Jahren 2004 und 2005 befand sich der Ölpreis im Aufwärtstrend. Die Hurrikansaison hat die Aufwärtsbewegung in diesen Jahren verstärkt. Danach setzte jeweils ein Preisrückgang ein, welcher die zuvor erzielten Preiszuwächse ganz oder teilweise wieder abschmelzen ließ. Ganz anders stellte sich dagegen die Situation im Spätsommer 2008 dar: Damals war der Ölpreis bereits in eine scharfe Korrektur eingetreten. Die Hurrikansaison konnte den Preisrückgang daher nur vorübergehend aufhalten. Nachdem im September der letzte Hurrikan vorüber war, setzte sich der Preisverfall beschleunigt fort.

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