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Keine Verknappung am Ölmarkt

02.04.2010  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
Der Ölpreis kann sich seit Anfang März über der Marke von 80 USD je Barrel behaupten. An den Fundamentaldaten hat sich nichts Grundlegendes geändert. Die Nachfrage wird weiterhin nahezu ausschließlich von den Schwellenländern und hier insbesondere von China getragen. Dem steht eine Ausweitung des Ölangebots gegenüber, welches eine Einengung des Marktes verhindert. Wir halten daher an unserer Einschätzung fest, dass der Ölpreis mittelfristig Abwärtspotenzial besitzt. Wir rechnen mit einem Rückgang auf 65 USD bis zur Jahresmitte. Ende 2010 dürfte der Ölpreis bei 70 USD liegen.

Die Finanzinvestoren haben maßgeblich zum jüngsten Preisanstieg bei Rohöl beigetragen. Die Netto-Long-Positionen der spekulativen Finanzanleger hatten sich von Anfang Februar bis Mitte März nahezu auf gut 170 Tsd. Kontrakte verdoppelt. Trotz des leichten Rückgangs in der letzten Woche liegen sie damit aktuell fast auf dem Rekordwert von Mitte Januar (Grafik 1). Die Investoren setzen offensichtlich in der Erwartung einer fortgesetzten Nachfrageerholung auf einen weiteren Preisanstieg. Normalerweise preisbelastende Faktoren wie der festere USDollar werden dabei weitgehend ignoriert. Woher kommt der ungebrochene Optimismus der Finanzanleger?

Die Nachfrageperspektiven für Rohöl scheinen sich tatsächlich aufzuhellen. Dies zeigt sich in den Prognosen der Internationalen Energieagentur (IEA), der OPEC und der US Energy Information Administration (EIA). Die IEA geht derzeit von einem Anstieg der weltweiten Ölnachfrage in diesem Jahr um durchschnittlich 1,6 Mio. Barrel pro Tag aus. Mit 86,6 Mio. Barrel pro Tag würde die weltweite Ölnachfrage laut IEA in diesem Jahr sogar etwas höher liegen als im Durchschnitt des Jahres 2007, also vor dem Nachfrageeinbruch ab Mitte 2008.

Die EIA hat die Prognose im vergangenen Monat um 300 Tsd. Barrel pro Tag nach oben revidiert und ist mit einem erwarteten Nachfrageanstieg um 1,5 Mio. Barrel pro Tag mittlerweile ähnlich optimistisch. Deutlich vorsichtiger ist dagegen nach wie vor die OPEC, welche lediglich einen Anstieg um 880 Tsd. Barrel pro Tag erwartet. Prognosen für 2011 hat bislang nur die EIA veröffentlicht. Diese erwartet auch im nächsten Jahr einen Nachfrageanstieg um 1,5 Mio. Barrel pro Tag.

Wie ein Blick auf die Zusammensetzung des Nachfragewachstums zeigt, ist dieses äußerst unausgeglichen. Es wird ausschließlich von den Schwellenländern getragen. Eine entscheidende Rolle spielt dabei China, dessen Ölnachfrage der IEA zufolge um 500 Tsd. Barrel pro Tag zunehmen soll und somit für ungefähr ein Drittel des erwarteten Anstiegs der weltweiten Ölnachfrage in diesem Jahr verantwortlich zeichnet.

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Für die OECD-Länder prognostizieren IEA, OPEC und EIA eine im Vergleich zum Vorjahr stagnierende Ölnachfrage. Mit 45,4 Mio. Barrel pro Tag liegt der Ölverbrauch in den OECDLändern laut IEA noch immer 3,7 Mio. Barrel pro Tag niedriger als im Jahresdurchschnitt 2007. Die IEA geht sogar davon aus, dass die Ölnachfrage in den Industrieländern den Hochpunkt überschritten hat und das Niveau der Jahre 2006 und 2007 nicht mehr erreichen wird. Die Impulse für die weltweite Ölnachfrage werden daher auch in Zukunft von den Schwellenländern ausgehen müssen.

Trotz der robusten Nachfrage in den Schwellenländern und des kalten Winters auf der Nordhalbkugel hat sich der Ölmarkt nicht nennenswert eingeengt. Die Reichweite der OECDLagerbestände ist in den vergangenen Monaten zwar etwas zurückgegangen, lag im Januar laut EIA mit 58,2 Tagen aber noch immer vier Tage über dem langjährigen Durchschnitt (Grafik 2). Ein deutlicherer Lagerabbau wurde durch die gleichzeitige Ausweitung des Angebots vereitelt. Seit dem Tief im März 2009 stieg die Ölproduktion der an die Quoten gebundenen OPECLänder einer Bloomberg-Umfrage zufolge in elf von zwölf Monaten.

Die sogenannte OPEC-11 förderte im März 26,84 Mio. Barrel pro Tag und damit 2 Mio. Barrel pro Tag mehr als laut Quoten vorgesehen. Die Ende 2008 beschlossenen Quotenkürzungen von 4,2 Mio. Barrel pro Tag werden derzeit also nur noch etwa zur Hälfte eingehalten. Auf dem OPEC-Treffen im März wurde es versäumt, auf eine strikte Einhaltung der Förderquoten zu drängen. Die laxe Haltung der OPEC ist aus aktueller Sicht nachvollziehbar. Schließlich profitiert man derzeit in doppelter Hinsicht, zum einen durch den hohen Preis, zum anderen durch die höhere verkaufte Menge.

Aktuellen Meldungen zufolge dürfte das Ölangebot in den kommenden Wochen weiter zunehmen. Laut der Beratungsfirma Oil Movement steigen die Öllieferungen der OPEC in den vier Wochen zum 10. April um 1,7% auf 23,39 Mio. Barrel pro Tag. Die Öllieferungen Nigerias sollen im Mai um 4,7% auf mehr als 2,1 Mio. Barrel pro Tag steigen, den höchsten Stand seit 10 Monaten.

Der staatliche Ölkonzern von Abu Dhabi hat ebenfalls angekündigt, ab Mai die Lieferungen auszuweiten. Auch wenn dies größtenteils auf eine stärkere Nachfrage in Asien zurückzuführen ist, dürfte das Überangebot in den kommenden Monaten steigen. Denn die Ölnachfrage in den Industrieländern ist im zweiten Quartal saisonbedingt niedrig. Laut Schätzungen von IEA, EIA und OPEC liegt die Ölnachfrage in den OECD-Ländern im zweiten Quartal zwischen 1,3 und 1,8 Mio. Barrel pro Tag niedriger als im Vorquartal. Die OPEC taxiert daher das Überangebot im zweiten Quartal auf 1,5 Mio. Barrel pro Tag. In der Folge dürften die Lagerbestände in den kommenden Wochen kräftig steigen.





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