Gold: Verschnaufpause auf dem Weg zur Vierstelligkeit?


Dow/Gold Ratio spricht für Kurszuwächse
Zur Rechtfertigung ihrer Kursziele über 1.000 US-Dollar je Feinunze verweisen die "Dauer-Optimisten" gerne auf das so genannte Dow/Gold Ratio. Diese Kennzahl gibt an, wie viele Unzen Gold benötigt werden, um einmal den Dow Jones als Ganzes zu kaufen. Derzeit beträgt das Dow/Gold Ratio etwa 20. Im historischen Vergleich ist dieses Niveau eher hoch. Der Durchschnitt der letzten 100 Jahre liegt irgendwo im Bereich von zehn. Daraus könnte man schließen, dass entweder der Dow Jones massiv überbewertet oder Gold viel zu billig ist.
Sicherlich sind amerikanische Standard-Aktien nicht mehr spottbillig. Von einer maßlosen Überteuerung kann jedoch bei Kurs/Gewinn-Verhältnissen um die 20 keine Rede sein. Selbst bei einer deutlichen Abkühlung des Wirtschaftswachstums dürfte der Index daher nicht dauerhaft unter 10.000 Punkte fallen. Geht man nun davon aus, dass sich das Gold/Dow Ratio seinem historischen Durchschnitt von zehn annähert, hätten wir einen Goldpreis von mindestens 1.000 US-Dollar, beim momentanen Stand des Dow Jones sogar gut 1.300 US-Dollar. In der Theorie ist das zugegebenermaßen eine schöne Rechnung. Nur leider hat sie in der Praxis einen gewaltigen Haken.
Gold eigentlich völlig unnütz
Denn das "gelbe Metall" hat in den letzten Jahrzehnten nicht zuletzt auf Grund der Aufhebung des Goldstandards (Währungsdeckung durch Goldbestände) sukzessive an Bedeutung verloren. Heute ist das edle Metall - man muss es so krass sagen - im Gegensatz zu Silber, Platin oder Palladium eigentlich völlig nutzlos. 85 Prozent des Gesamtangebots gehen in die Schmuck-Industrie. Und mal ganz ehrlich: Braucht der Mensch Schmuck? Dieser Umstand macht es unwahrscheinlich, dass das Dow/Gold Ratio in Zukunft Werte wie in der ersten Hälfte des 20 Jahrhunderts annimmt (unter zehn). Unter Berücksichtigung der veränderten Ausgangsposition ist das Ratio mit 20 eigentlich bereits recht moderat.
Letztlich ist die Gold-Hausse der letzten Jahre wohl kaum mehr als eine Mode-Erscheinung. Das Produktionsdefizit ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass Länder wie Indien und arabische Staaten, in denen Gold traditionell einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert besitzt, zu immer mehr Wohlstand gelangten. Entsprechend locker saß der Geldbeutel beim Kauf von Goldschmuck. Doch damit ist es bereits seit längerem vorbei. Die vergangenen Monate haben deutlich gezeigt, dass die Nachfrage in Preisregionen von knapp 700 US-Dollar signifikant sinkt.
Lieber auf andere Edelmetalle setzen
Für uns sind daher die anderen Edelmetalle auf der "langen Seite" interessanter. Silber, Platin und Palladium werden hauptsächlich in der Industrie verwendet und sind daher erheblich unverzichtbarer als Gold. Zwar rechnen wir am Goldmarkt nicht mit großartigen Preiseinbrüchen. Dafür ist die Nachfrage in Regionen zwischen 600 und 650 US-Dollar (noch) zu robust. Einen raketenartigen Anstieg in Richtung 1.000 US-Dollar sehen wir jedoch in keiner Weise, zumal auch das Interesse der Investoren zurückgehen sollte, nachdem sie gemerkt haben, dass beim Gold die "Bäume" ebenfalls mitnichten "in den Himmel wachsen". 700 US-Dollar oder vielleicht knapp darüber sind nach unserer Einschätzung bis Jahresende das absolut "Höchste der Gefühle". Bei den anderen Edelmetallen können wir uns hingegen durchaus Preisanstiege zwischen zehn und 20 Prozent bis Dezember vorstellen.
© Redaktionsteam Rohstoff-Express
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