Ölblase II (Teil 1): Kampf den Spekulanten

Auf den Grund des Zusammenhangs zwischen dem Ölpreis und dem US-Dollar wollen wir gern in der nächsten Ausgabe von Rohstoffe Kompakt eingehen. Nur so viel sei gesagt: Die Meinung unserer Devisenexperten, dass der US-Dollar in den kommenden Monaten etwas stärker tendieren sollte, steht im Einklang zu unserer aktuell negativen Haltung zum Ölpreis.
Während der negative Zusammenhang zwischen dem US-Dollar und dem Ölmarkt schon seit längerer Zeit besteht (Grafik 10), ist die zuletzt positive Korrelation zwischen dem Aktienmarkt und dem Ölpreis neu. Denn einer der wichtigsten Gründe für Rohstoffe als eine Anlageklasse war, eine negative oder gar keine Korrelation zu den Aktien- und Bondmärkten zu haben. Doch gerade in der Krise, als diese Eigenschaft besonders wichtig gewesen wäre, ist die Korrelation stark gestiegen. In den letzten Monaten ist die Korrelation noch weiter gestiegen und hat mittlerweile das höchste Niveau überhaupt erreicht (Grafik 11).
Die gängige Erklärung für dieses Phänomen ist, dass die Aktienkurse ähnlich wie Rohstoffe eine Signalwirkung haben und beide gleichzeitig die Konjunkturwende anzeigen. Wir glauben, dass sowohl die Aktien- als auch die Rohstoffmärkte vor allem von der enormen Liquidität und einer geringeren Risikoaversion profitierten. Dies könnte sich bald ändern. Zum einen wird sich die Weltwirtschaft nicht ganz so schnell erholen wie viele Marktteilnehmer glauben. Zum anderen werden die (Zentral-)Banken die enorme Liquidität entziehen, um die Inflationsrisiken einzudämmen.
Die zweitgrößte chinesische Bank CBCC will in der zweiten Jahreshälfte das Volumen an Neukrediten um 70% reduzieren, nachdem sie in der ersten Jahreshälfte 708,5 Mrd. RMB bzw. knapp 104 Mrd. USD an Krediten vergeben hat. Chinesische Banken haben in der ersten Jahreshälfte insgesamt 7,4 Billionen RMB bzw. 1,08 Billionen USD neue Kredite vergeben bzw. dreimal so viel wie in der ersten Jahreshälfte 2008, was dem Wirtschaftswachstum dort einen starken Antrieb gegeben hat. Aber bereits im Juli fiel das Volumen der Neukredite um 77% im Vergleich zum Vormonat auf “lediglich“ 356 Mrd. RMB bzw 52 Md. USD. Der chinesische Aktienindex Shanghai A Share fiel im August überraschend um 20%, obwohl sich die Anzeichen einer Konjunkturwende und die Zuversicht der Anleger weltweit zuletzt vermehrt bzw. verbessert haben.
Wie wird sich der Ölpreis von nun an bis Jahresende entwickeln?
Der spürbare Preisanstieg bei Rohöl in der ersten Hälfte dieses Jahres ist wohl zu einem beträchtlichen Teil auf wieder zunehmende Investitionen von Finanzanlegern zurückzuführen. Wird deren Einfluss durch die CFTC-Aktionen und die zurückkehrende Vernunft sinken, werden die Ölpreise fallen. Wir erwarten, dass einige dieser Maßnahmen recht bald beschlossen werden, zumal der politische Druck und der Wille, eine übermäßige Spekulation an den Rohstoffmärkten, insbesondere bei Energieträgern zu bekämpfen, nicht nur in den USA, sondern auch in den Regierungen in Europa stark wächst. Da die meisten Anleger auf höhere Preise setzen, würde ihr Ausscheiden die Preise sicherlich tendenziell belasten. Deshalb erwarten wir nun einen Rückgang der WTI-Ölpreise auf 50 USD statt zuvor 70 USD je Barrel im 4.Quartal 2009.
Im Moment notieren die Dezember WTI-Futures bei über 75 USD je Barrel. Auch haben wir unsere Einschätzung für den durchschnittlichen WTI-Ölpreis im Jahr 2010 von zuvor 75 USD auf lediglich 55 USD je Barrel reduziert. Neben dem geringeren Beitrag der Finanzmarktteilnehmer sprechen vor allem die Fundamentaldaten dafür, dass sich der Ölpreis langsamer erhöhen wird, weil freie Produktionskapazitäten reichlich vorhanden sind und eine Knappheitsgefahr am Ölmarkt in Abwesenheit geopolitischer Störungen in absehbarer Zukunft nicht bevorsteht.
Im Übrigen werden aus unserer Sicht nicht alle Energieträger durch die neuen CFTC-Regeln negativ beeinflusst. Die US-Erdgaspreise könnten von einem geringeren Einfluss der “Spekulanten“ sogar profitieren. Diese Frage sowie unsere fundamentale Einschätzung zur Situation am Ölmarkt, die unsere Preisprognose untermauert, werden wir in der nächsten Ausgabe von Rohstoffe Kompakt Energie behandeln.
Auf einen Blick



