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Rohstoffe kompakt Industriemetalle: Wann endet die Talfahrt am Nickelmarkt

10.11.2008  |  Eugen Weinberg
Der Nickelpreis hat gegenüber dem Hoch Mitte Mai 2007 mehr als 80% verloren und notiert derzeit bei 12.000 USD je Tonne unweit der Niveaus des Jahres 2003. Die bereits seit einigen Monaten schwache Nachfrage hat zu einem Marktüberschuss geführt. Die Lagerbestände an der LME sind auf ein mehrjähriges Hoch geklettert. Wir denken jedoch, dass die Preise unterschossen haben, weshalb viele Anbieter aus dem Markt gedrängt werden. Damit sind die Voraussetzungen gut, dass die Preise sich mittelfristig wieder merklich erholen werden, wenngleich kurzfristig die sich verlangsamende Nickelnachfrage aus der Edelstahlindustrie das Bild dominieren dürfte.

Nickel hat vom Hoch Mitte Mai 2007 mehr als 80% verloren und ist damit das einzige LME-Industriemetall, das heute billiger ist als zu Jahresbeginn 2004. Man könnte zwar darauf verweisen, dass die Korrekturen Ende der 90er Jahre und 2001 die Preise sogar noch unter 5000 USD führten. Dennoch ist die derzeitige Konstellation am Nickelmarkt einmalig und auch das Preisgefüge war damals ein anderes: so kostete ein Barrel Rohöl ebenfalls weniger als 20 Dollar, und auch die Lohnkosten waren niedriger. Der Blick ist deshalb vor allem auf das derzeitige fundamentale Umfeld zu richten.


Edelstahlproduktion ist Schlüsselindikator für die Nachfrage

Ausschlaggebend für die Talfahrt am Nickelmarkt ist eine bereits seit einigen Monaten äußerst schwache Nachfrage. Eine rückläufiger Trend ist nicht wie bei anderen Industriemetallen nur auf die Industrieländer beschränkt, sondern selbst in China, dem mit Abstand wichtigsten Konsumentenland auf das knapp ein Viertel der weltweiten Nachfrage entfällt, war der Verbrauch nach WBMS im August 30% niedriger als im Mai. Auch wenn dieser Rückgang aufgrund der Werkschließungen im Zuge der Olympischen Spiele überzeichnet ist, so ist die Nachfrage zweifellos schwach. Der Schlüssel zu dieser Entwicklung liegt in der Edelstahlindustrie, die knapp zwei Drittel des Nickelangebots absorbiert: hier ist die Produktion bereits seit mehreren Quartalen rückläufig. Hinzu kommt, dass nach der Explosion der Nickelpreise in 2007 die Stahlhersteller den Nickelgehalt etwas reduziert bzw. nickelfrei rostfreie Stahlsorten eingeführt haben: ferritische chromhaltige Stahlsorten ohne Nickel (400er Serie) ersetzen zunehmend die austenitischen Sorten (300er Serie) mit hohem Nickelgehalt von 8 bis 12%.

Auch die weiteren Aussichten sind wegen des weltweiten Konjunkturabschwungs eingetrübt. Die Edelstahlproduzenten passen ihre Produktionspläne immer weiter nach unten an: ArcelorMittal, das mit Abstand größte Stahlunternehmen der Welt, hat für das Jahresschlussquartal eine Kürzung der Edelstahlproduktion um 30% verglichen mit der Vorperiode angekündigt. Auch das koreanische Unternehmen Posco, größter Edelstahlproduzent Asiens, will seine Edelstahlproduktion im 4.Quartal verglichen mit dem Vorquartal um ein Drittel zu senken. Es bleibt aber ein Hoffnungsschimmer: die nun schon seit mehreren Quartalen schwache Edelstahlproduktion impliziert, dass die Produktion bereits hinter der Nachfrage zurückgeblieben ist. Infolgedessen sind die Vorräte gemäß ISSF nun schon seit einem Jahr rückläufig und der Lagerzyklus entsprechend weit fortgeschritten (Graphik 1).

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Eine Stabilisierung am Nickelmarkt erfolgt durch drastische Produktionskürzungen.

Aus unserer Sicht ist Nickel derzeit stark überverkauft. Massive Abflüsse der Anlegergelder aus dem Rohstoffmarkt, eine rasche Verschlechterung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Industrierohstoffe, hohe Risikoaversion, der Abverkauf von Risiko-Investments (das sog. Dehedging) und teilweise Zwangsliquidationen führten dazu, dass sich der Nickelpreis allein seit Anfang September fast halbiert hat. Diesen Preisverfall erachten wir als übertrieben, wobei ein großer Teil der Nickelproduktion derzeit nicht rentabel ist. Die LME-Lagerbestände, die zuletzt au den höchsten Stand seit Mai 1999 gestiegen sind, spiegeln aus unserer Sicht dabei nicht das fundamentale Bild wider, weil die Lagerzuflüsse eher auf das erhöhte Kontrahentenrisiko bei den außerbörslichen Geschäften und einen verstärkten Lagerabbau bei den Metallhändlern und Produzenten zurückzuführen ist. Doch die Zeiten werden sich ändern: der dramatische Preisverfall wird immer mehr Anbieter zu Produktionskürzungen veranlassen bzw. die Aufnahme der geplanten neuen Projekte stark verzögern. Damit werden sich unseres Erachtens Prognosen von einer deutlichen Angebotsausweitung in 2009 als überhöht erweisen. Bislang haben die führenden Unternehmen für den stark konzentrierten Nickelmarkt –die sechs großen Anbieter stellten 2007 über zwei Drittel des Angebots – folgende Ankündigungen gemacht:

Norilsk Nickel (20,1% des weltweiten Angebots im Jahr 2007): Der weltgrößte Anbieter aus Russland mit nach eigenen Aussagen geringen Produktionskosten hat bislang kaum reagiert, obwohl seine eigene Analysten Produktionskürzungen in der Branche für notwendig halten. Lediglich in der Cawse Mine in Australien, die wegen der Explosion eines Gasterminals Anfang des Jahres geschlossen werden musste, werden die Arbeiten anders als geplant nicht wieder aufgenommen. Wir halten weitere Reduktionen dennoch für wahrscheinlich, wenn die Preise nicht bald steigen, denn die Kosten auf der Kolsky GMK dürften ca. 8.000 USD/Tonne betragen.

Vale (CVRD, 16,8%): Der brasilianische Produzent hat bereis deutliche Einschnitte bekannt gegeben. Die Produktion der Dalian-Nickelraffinerie in China wurde um 65% und die in Indonesien um 20% gekürzt. Darüber hinaus wird die Betriebsaufnahme in der Goro Mine (Neukaledonien), die für diesen Oktober geplant war, bis ins nächste Jahr verschoben. Auch die Produktionsaufnahme in der Onca Puma Mine in Brasilien sollte sich verzögern.

BHP Billiton (11,9%): das britisch-australische Unternehmen hat zwar eine Reduzierung der Investitionsbudgets in Aussicht gestellt, nicht aber eine Kürzung der Produktion: im Gegenteil soeben wurde die Förderung in der Kalgoorie Mine, Australien, die wegen des oben erwähnten Unfalls für vier Monate geschlossen war, wieder aufgenommen.





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