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Rohstoffe kompakt Energie: Betrachtung der Nachfrageseite - Trendwende am Ölmarkt eingeleitet

24.07.2008  |  Eugen Weinberg
Letzte Woche gab der Ölpreis binnen dreier Tage 11% nach. Das war der größte prozentuale 3-Tagesrückgang seit Dezember 2004. In dieser Woche setzt sich der Preisverfall fort, so dass der Ölpreis bereits 15% unter dem vor knapp zwei Wochen markierten Allzeithoch notiert. Ist damit das Ende der seit fast zehn Jahren laufenden Rallye am Rohölmarkt eingeläutet? Aus unserer Sicht wird die Nachfrageentwicklung letztlich darüber entscheiden. Während der Bedarf in den Industrieländern schon seit einigen Monaten schwächelt, ist der Ölverbrauch in den Entwicklungsländern und hier insbesondere in China bis zuletzt robust geblieben. Sobald sich auch dort das Nachfragewachstum abzuschwächen beginnt, sollte die Trendwende vollzogen sein und der Ölpreis nachhaltig unter Druck geraten. Damit rechnen wir in den kommenden Wochen und Monaten.


Nachfrageentwicklung deutet auf bevorstehende Trendwende hin

Sowohl die IEA als auch die OPEC erwarten, dass die Nachfrage-Steigerung in den nächsten beiden Jahren weitaus schwächer als in der Vergangenheit ausfallen wird. So geht die IEA in ihrem Juli-Bericht advon aus, dass die weltweite Ölnachfrage in diesem Jahr um weniger als 1 Mio. Barrel auf 86,85 Mio. Barrel pro Tag steigen wird. Anfang des Jahres erwartete die IEA noch einen mehr als doppelt so starken Anstieg. Grund hierfür ist in erster Linie eine deutliche Abwärtsrevision der Nachfrage in den OECD-Ländern um insgesamt eine Mio. Barrel. Wie Grafik 1 zeigt, mache diese immerhin knapp 60% der weltweiten Ölnachfrage aus. Erstmals liegen auch Schätzungrn für das Jahr 2009 vor. Hier erwartet die IEA eine Zunahme der weltweiten Ölnachfrage um nur noch 860 Tsd. Barrel pro Tag und einen Rückgang in den OECD-Ländernum knapp 600 Tsd. Barrel.

Die Zahlen der OPEC zeichnen ein ähnliches Bild. Die negative Einschätzung zur Nachfrageentwicklung in den OECD-Ländern deckt sich mit den jüngsten Datenveröffentlichungen. Besorgniserregend sind hier insbesondere die aktuellen Zahlen aus den USA, welche wiederum knapp die Hälfte der Nachfrage aus den OECD-Ländern ausmachen. Dort ist schon seit einigen Monaten eine deutliche Abschwächung der Ölnachfrage zu konstatieren. Dies lässt sich insbesondere in einem schwächelnden Kraftstoffverbrauch erkennen, welcher den rekordhohen Benzinpreisen von mehr als 4 USD ja Gallone und der wirtschaftlichen Abschwächung Tribut zollen muss.

Wie das American Petroleum Institute berichtet, sank die US-Nachfrage nach Ölprodukten im ersten Halbjahr um 3% gegenüber dem Vorjahr. Insbesondere die Benzinnachfrage bleibt seit Wochen hinter dem für die Jahreszeit üblichen Niveau zurück. Nach Angaben des US-Energieministeriums lag die Benzinnachfrage in den vergangenen vier Wochen im Durchschnitt 2,9% unter dem Niveau des Vorjahres. Laut Mastercard Advisors war der Benzinverbrauch in der Woche zum 11. Juli sogarum 5,2% niedriger alsin der entsprechenden Woche des Vorjahres. Entsprechend sind die Benzinlagerbestände Anfang Juli auf ein Niveau gestiegen, welches zu dieser Jahreszeit in den vergangenen fünf Jahren nicht mehr erreicht wurde. Abgerundet wird dieses Bild durch die mit dem Auto zurückgelegten Meilen, welche in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres laut US-Bundesautobahnbehörde um 2,1% niedriger lagen als im Vorjahr (siehe Grafik 2).

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Auch die Nachfrage nach Automobilen ist in den USA rückläufig. Die Anzahl von verkauften Autos ist im Juni um 18,5% im Vergleich zum Vorjahr gefallen. Im ersten Halbjahr verzeichneten die Autoverkäufe damit einen Rückgang von 10,3%. Insbesondere die Fahrzeuge mit einem hohem Kraftstoffverbrauch (Pickups, SUVs, Mimivans) haben darunter zu leiden. Der Trend hin zu PKW's mit einem niedrigeren Verbrauch dürfte dazu beitragen, dass die Benzinnachfrage in den USA weiter zurückgeht. Doch nicht nur in den USA verdichten sich die Anzeichen, dass die steigenden Benzinpreise einen dämpfenden Effekt auf die Automobilnachfrage haben. Die PKW-Neuzulassungen in der Eurozone lagen im Juni um 8,3% unter dem Vorjahresniveau. Dabei gibt es auch in Europa den Trend zu energieeffitienten Autos, der durch die politischen Bestrebungen, die Nachfrage auf schadstoffarme Fahrzeuge zu lenken, unterstützt wird. Auch hier dürfte deshalb die Benzinnachfrage tendenziell rückläufig sein.

Dass die schon seit Monaten schwächelnde Nachfrage aus den USA bis vor kurzem keine nennenswerte Auswirkung auf den Ölpreis hatte, dürfte vorallem an der anhaltend robusten Nachfrage aus den Schwellenländern und hier insbesondere aus Chinagelegen haben (siehe Grafik 3). Im ersten Halbjahr stiegen die Rohölimporte nach China um 11% gegenüber dem Vorjahr, die Importevon Ölproduktensogar um 16,4%. Neben dem noch immer robusten BIP-Wachstum, die chinesische Wirtschaft expandierte im ersten Halbjahr erneut zweistellig, dürfte die Nachfrage aus dem Reich der Mitte auch durch einige Sonderfaktoren begünstigt worden sein. So hat China im Vorfeld der in gut zwei Wochen beginnenden Olympischen Spiele seine Kraftstoffvorräte aufgestockt. In der Folge wurde China im Mai und Juni erstmals zum Netto-Importeur von Benzin.

Wir rechnen allerdings mit einer deutlichen Abflachung des chinesischen Nachfragewachstums für Rohöl und Ölproduktenim zweiten Halbjahr. So hat China Ende Juni die Richtwerte für die Einzelhandelspreise von Ölprodukten deutlich angehoben. Bei Benzin und Diesel zwischen 15% und 17%, bei Flugbenzin sogar um 25%. Zwar könnte die Rohölnachfrage der chinesischen Raffinerien steigen, weil mit höheren Absatzpreisen der Anreiz zur Herstellung von Benzin und Diesel zunimmt. Der bremsende Effekt der deutlich höheren Preise auf die Kraftstoffnachfrage dürfte unter dem Strich jedoch schwerer wiegen.

Auch die jüngst beschlossenen Produktionskürzungen in der chinesischen Metallindustrie dürften den Energiebedarf und damit auch die Nachfrage nach Rohöl und Ölprodukten verringern. Diese Maßnahmen machen deutlich, dass gerade die energieintensiven Branchen in China an der Kapazitätsgrenze operieren. Von daher können weitere Produktionskürzungen in den kommenden Monaten nicht ausgeschlossen werden. In Kürze werden auch die Olympischen Spiele als immer wieder genannter Motor der chinesischen Energienachfrage entfallen.


Fazit:

Die Ölnachfrage in den OECD-Ländern und hier insbesonderein den USA neigt schon seit einigen Monaten zur Schwäche. Wie der jüngste Ölpreisrückgang um mehr als zehn Dollar innerhalb weniger Tage zeigt, scheint dies vom Markt nicht länger ignoriert zu werden. Fels in der Brandung war bislang die robuste Nachfrage aus den Schwellenländern und hier insbesondere aus China. Die Ende Juni bekanntgegebenen markanten Preiserhöhungen bei Benzin und Diesel und die Anfang des Monats beschlossenen Produktionseinschränkungen in energieintensiven Industrien könnten schon im Juli der chinesischen Nachfrage nach Rohöl und Ölprodukten einen spürbaren Dämpfer versetzen. Bestätigung hierfür könnten die Zahlen im August liefern.

Ein Großteil des von der IEA und der OPEC erwarteten Nachfrageanstiegs bei Rohöl ist zudem auf Länder zurückzuführen, welche den heimischen Ölverbrauch durch Preise deutlich unterhalb des Marktniveaus subventionieren. Die fortgesetzte Rückführung dieser Subventionen dürfte daher zu weiteren Abwärtsrevisionen der globalen Ölnachfrage führen. Wir rechnen mit einem Ölpreisrückgang auf 110 USD je Barrel bis Ende 2008 und auf unter 100 USD je Barrel Mitte kommmenden Jahres.

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