Die Sojaverschwörung?

Bei den Sojabohnen wurden die Übertragsbestände für die alte Ernte im Jahr 2007/2008 von 160 auf anschließend 145 Millionen Scheffel gesenkt. Ausschlaggebend für die Reduktion war eine Erhöhung der Exporte um 15.000.000 Scheffel. Dadurch wurden die Endlagerbestände verringert und das Ending Stocks to Use Ratio fiel auf 4,8 Prozent zurück.
Für die neue Ernte im Jahr 2008/2009 wurden Übertragsraten in Höhe von 186 Millionen Scheffel prognostiziert, die deutlich unter den Schätzungen der Analysten im Bereich der 285 Millionen Scheffel gelegen hatten. Obwohl sich die Anbaufläche deutlich von 63,6 auf 74,8 Millionen Acres ausweitet hat und die Produktion dadurch von 2,585 Milliarden auf dann 3,105 Milliarden Scheffel ansteigen wird, ist der Verbrauch derart groß, dass das meiste des Anstiegs kompensiert werden kann. Allerdings gibt es in dieser Rechnung einen entscheidenden Unsicherheitsfaktor.
Unter dem Punkt „Residual“ der die Sojabohnen aufführt, für die das US Landwirtschaftsministerium keine Verwendung kennt, stehen für die kommenden Saison 82 Millionen Scheffel während es in 2007/2008 nur zwei Millionen Scheffel waren und in 2006/2007 70 Millionen Scheffel. Mir persönlich kommt diese extreme Verringerung in der aktuell laufenden Saison sehr merkwürdig vor. Entweder hat das amerikanische Landwirtschaftsministerium über Nacht herausgefunden wo all die Sojabohnen verblieben sind (in der letzten und der kommenden Saison weiß es das USDA offenbar wieder nicht) oder es handelt sich hier um eine Beschönigung der Daten, damit die Politik der billigen Nahrungsmittel für die Bevölkerung weiterhin durchgesetzt werden kann(das USDA steht in einem Interessenskonflikt, da auf der einen die Existenz der Farmer gesichert werden muss, auf der anderen Seite jedoch genügend Nahrungsmittel zu fairen Preisen für die Konsumenten bereit gestellt werden müssen).
Somit finde ich die drastische Verringerung des "Residual" von 70 auf 2 und dann wieder 82 Millionen Scheffel verdächtig. Hätte des USDA die Komponenten „Residual“ mit den üblichen 60 bis 80 Millionen Scheffel der Vorjahre angesetzt, würden die Überträge bei nur noch 80 bis 100 Millionen Scheffel liegen und die Sojapreise wären wahrscheinlich explodiert. Also hat man sich vermutlich einem kleinen Trick bedient um die Sojabestände etwas höher ausweisen zu können. Gehen wir nun davon aus, dass das "Residual" wirklich in 2007/2008 bei 62 Millionen Scheffel (das untere Ende der Werte für diese Komponenten der letzten Jahre) dann fehlen am Ende weitere 60 Millionen Scheffel. Diese müssen auch in der kommenden Saison abgezogen werden, weswegen sich für 2007/2008 ein Endlagerbestand in Höhe von 85 Millionen Scheffel und für 2007/2008 etwa 126 Millionen Scheffel ergeben. Die Versorgungslage am Sojamarkt scheint also weitaus angespannter zu sein als es der Markt momentan erwartet.

Global gesehen hat sich bei den Endlagerbeständen für 2007/2008 nur eine leichte Verringerung von 49,31 Millionen auf dann 49.04 Millionen Tonnen ergeben. Für die kommenden Saison wurden bisher keine Prognosen abgegeben.

Zusammenfassend lässt sich der USDA Bericht wenn man ihn so nimmt wie er da steht als bullisch für die Sojabohnen auffassen. Bereinigt man ihn zudem um die meiner Meinung nach falsch ausgewiesene Komponente des "Residual" wird der Bericht sogar noch positiver. Momentan kämpft der Markt jedoch nach wie vor mit der Marke von 14 US Dollar pro Scheffel im Juli Future und scheint hier vorerst seinen Meister gefunden zu haben. Der USDA Report scheint bereits in den Kursen einpreist zu sein, weswegen sich die Händler momentan auf den Strike in Argentinien konzentrieren, der inzwischen seit mehreren Wochen im Gange ist.
Laut früheren Berichten hätte der Strike am Freitag beendet worden sein, wurde jedoch bis auf den Mittwoch dieser Woche verlängert. Die Regierung nimmt laut Angaben lokaler Beobachter die streikenden Exporteure nicht richtig ernst und sieht keinen Grund darin die Exportsteuer auf Sojabohnen wieder abzusenken. Obwohl viele Händler momentan in den Sojamarkt einsteigen um hier Geld aufgrund der Aussichten einer sich wandelnden Exportnachfrage des Auslands weg von Argentinien und hin zu den U.S.A. verdienen wollen, sehe ich die Situation nicht so positiv. Es ist natürlich Fakt, dass eine noch höhere Auslandsnachfrage die amerikanischen Sojabestände auf ein nie gekanntes Tief drücken werden, jedoch stellt sich hier die Frage wie lange einerseits die argentinischen Exporteure noch durchhalten können und ob andererseits die Amerikaner nicht einen Exportstopp ausrufen werden.
Über die argentinischen Exporteure kann man sagen, dass hier die Zeit nicht gerade für die Streikenden arbeitet. Seit mehreren Wochen zieht sich nun die Arbeitsniederlegung hin, was enorme Kosten für die Firmen bedeutet. Ich glaube nicht, dass die Exporteure noch genügend Geld in der Tasche haben um alle Fixkosten weiterhin aus der eigenen Tasche finanzieren zu können, da seitens des Exportgeschäfts keine Einnahmen zu verzeichnen sind solange der Streik läuft. Des weiteren müssen die ganzen Sojabohnen, welche für den Export geliefert werden auch gelagert werden und laut Aussagen eines amerikanischen Analysten, sollen die Lager bereits mehr als voll sein und weitere Kapazitäten sind schwer auffindbar.
Des weiteren ist in punkto U.S.A. zu sagen, dass ich bezweifle, dass dieses Land seine Sojabestände auf Null fallen lassen wird. Die Bestände sind momentan ohnehin schon knapp und eine erhöhte Nachfrage aus dem Ausland könnte die Bestände schnell in Richtung der Marke von Null verringern. Ob die amerikanischen Politiker dies zulassen werden und riskieren, dass die U.S.A. dann selbst irgendwann Sojabohnen importieren müssen, kann ich mir nicht vorstellen. Deswegen wäre es auch denkbar, dass es in den U.S.A. zu einem Exportstopp kommen könnte. Dies würde die Preise für Sojabohnen in Südamerika und anderen Ländern sicherlich anziehen lassen, jedoch dem isolierten US Markt sehr Schaden.
Ich sehe für die Sojabohnen die Gefahr, dass es schnell einige zehn Cents nach unten gehen wird sobald sich die Streiks aufgelöst haben. Derartige Rallyes sind in der Regel sehr schnell jedoch auch kurzlebig.
Aufgrund der positiven Aussichten für die Versorgungslage in den U.S.A. bin ich jedoch mittlerweile wieder bullisch für die Sojabohnen gerade der neuen Ernte eingestellt und kann mir durchaus Preise von jetzt noch utopischen 20 US Dollar pro Scheffel vorstellen, falls es zu Wetterproblemen im Sommer und gerade hier während der kritischen Phase im August kommt.
© Sebastian Hell
Quelle: www.cornandoil.com