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Aluiminium - zu viel, zu teuer

28.07.2017  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Bereits Anfang März hatte die chinesische Regierung für die Heizsaison, die für gewöhnlich von November bis März läuft, eine Drosselung der Aluminiumproduktion angeordnet. Damit will sie der starken Luftverschmutzung in vielen Städten des Landes entgegenwirken. Denn während der Wintermonate wird übermäßig viel Kohle zur Wärmeerzeugung verwendet, was zur Luftverschmutzung beiträgt. Verschiedene Medien spekulierten damals auf Produktionskürzungen von über 30%. Mitte Juli schrieb ein chinesisches Internetportal, dass der größte Aluminiumproduzent des Landes, China Hongqiao Group Ltd., veraltete Produktionskapazitäten im Umfang von 600 Tsd. Tonnen p.a. schließen würde.

Das Unternehmen stellte aber klar, dass über die Höhe der Stilllegungen noch nicht entschieden sei und die Schließung veralteter Anlagen durch die Inbetriebnahme neuer Kapazitäten ausgeglichen werden soll. Es ist unseres Erachtens fraglich, ob dies alles unter dem Strich zu einer geringeren Aluminiumproduktion führen wird. Denn zeitgleich werden neue, kostengünstige Produktionskapazitäten aufgebaut (s.o.). Zum Vergleich: Obwohl laut Angaben der NDRC in China in der Stahlindustrie von Anfang 2016 bis Ende Mai 2017 Produktionskapazitäten von mehr als 100 Mio. Tonnen p.a. geschlossen wurden, war die Stahlproduktion im Juni auf ein Rekordhoch gestiegen.

Die globale Aluminiumnachfrage zeigt sich sehr solide und steht auf einer breiten Basis. Hauptabnehmer sind der Transportsektor, die Bauindustrie und die Verpackungsbranche. Daran dürfte sich auch mittelfristig nicht viel ändern. So erwartet UC Rusal, einer der weltweit größten Aluminiumproduzenten, auch in den nächsten Jahren einen starken Anstieg der globalen Aluminiumnachfrage. Diesen beziffert das Unternehmen bis zum Jahr 2021 auf 4-5% p.a. Damit weist Aluminium die höchsten Steigerungsraten bei der Nachfrage unter den Industriemetallen aus.

Und nicht nur Rusal, das aus unternehmerischen Überlegungen quasi diesen Optimismus verbreiten muss, sondern auch viele andere Marktbeobachter teilen zumindest auf kurzfristige Sicht diese Ansicht. Schon seit der Jahrtausendwende ist die globale Aluminiumnachfrage Daten des World Bureau of Metal Statistics zufolge jährlich im Durchschnitt um 5,5% gestiegen - mehr als die Nachfrage nach jedem anderen Industriemetall.

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Die seit nunmehr bald dreieinhalb Jahren fallenden LME-Aluminiumvorräte untermauern auf den ersten Blick die robuste Nachfrage. Allerdings führen wir den Lagerabbau nicht nur auf die reale Nachfrage zurück, sondern sehen dahinter auch Finanztransaktionen. Darüber hinaus gab es auch einfach nur Umschichtungen aus LME-Lagerhäusern in SHFE-Lagerhäuser. So sind wohl von den bislang in diesem Jahr rund 850 Tsd. Tonnen abgebauten LME-Beständen gut 350 Tsd. Tonnen in das Lagersystem der SHFE geflossen (Grafik 4).

Die börsenregistrierten Aluminiumvorräte zeigen außerdem kein umfassendes Bild. Denn nur ein kleiner Teil der gesamten Aluminiumbestände liegt in börsenregistrierten Lagerhäusern. Es wird geschätzt, dass sich global die oberirdischen Aluminiumvorräte auf etwa 14 Mio. Tonnen belaufen. Eine Knappheit deutet dies nicht an. Dass die gute Nachfrage derzeit nicht ausreicht, das überaus reichliche Angebot vollständig aufzunehmen, zeigen die physischen Prämien in den wichtigsten Verbraucherländern bzw. -regionen.

In Europa sind die Prämien zu Beginn des dritten Quartals Daten von Metal Bulletin zufolge auf 75 USD je Tonne gefallen. Dies ist die niedrigste Prämie seit dem Jahreswechsel. In den USA beträgt der Aufschlag auf den LME-Preis etwa 155 USD je Tonne, der niedrigste Wert seit November (Grafik 5). Und in Japan, dem größten asiatischen Importeur von Aluminium, haben sich Produzenten und Konsumenten vor einigen Wochen auf eine Prämie von 118 USD je Tonne für das dritte Quartal geeinigt.

Die spekulativen Finanzinvestoren an der LME haben sich mittlerweile bei Aluminium wieder etwas zurückgezogen, nachdem sie den Preis bis in den März hinein auf ein Mehrjahreshoch nach oben gezogen hatten. Dies erklärt auch, warum der Preis seitdem weitgehend seitwärts handelt. Die Netto-Long-Positionen in den beiden von uns beobachteten Kategorien (sog. Money Manager und Index Trader/Broker Dealer) liegen aktuell auf dem niedrigsten Wert seit Anfang des Jahres und entsprechen dem Durchschnitt seit Beginn der Datenreihe vor drei Jahren. Sollten sich die spekulativen Finanzinvestoren weiter zurückziehen, dürfte dies auf dem Aluminiumpreis lasten. Sollten sie dagegen wieder stärker auf steigende Preise wetten, würde dies wohl den Preis anschieben.

Da der globale Aluminiummarkt unseres Erachtens gut versorgt ist, halten wir eine Preiskorrektur für notwendig. Wir erwarten einen Preisrückgang unter 1.800 USD je Tonne. Höhere Preise sind aus unserer Sicht nur dann zu rechtfertigen, wenn in China die Produktion im großen Stil gedrosselt wird und im Zuge dessen auch die Exporte zurückgefahren werden.

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