Emissionshandel vorerst ohne Auftrieb


Zwar wird wohl ein Einbruch wie im Jahr 2014 ausbleiben. Aber mehr als eine Stagnation des CO2-Ausstoßes bei den erfassten Anlagen ist nicht zu erwarten. Schließlich bremst der Vormarsch der erneuerbaren Energien, und das Konjunkturbild ist gemischt. Erst mittelfristig verspricht eine etwas kräftigere EU-Wirtschaft, gepaart mit mehr politischem Rückenwind, neuen Auftrieb im Emissionshandel.
Die Preise im EU-Emissionshandel haben sich nach dem Preissturz im Januar um 40% bzw. 3,5 EUR je Tonne gefangen (Grafik 1). Seit Mitte Februar pendelt der Preis für das Recht zur Emission einer Tonne CO2 bei knapp 5 EUR. Dabei dürfte es vorerst auch bleiben, denn weder von politischer Seite noch durch die Veröffentlichung der verifizierten Emissionen im Jahr 2015 dürften die Preise kurzfristig Rückenwind bekommen.
Zwar ist ein abermaliger Einbruch der Emissionen wie im Jahr 2014 nicht zu erwarten. Damals waren die Emissionen um knapp 5% gefallen, weil ein milder Winter und eine schwache Konjunktur gleichermaßen den Bedarf an Emissionsrechten gedämpft hatten. Ein kleines Minus ist unseres Erachtens aber auch für das letzte Jahr nicht auszuschließen.
Am 1. April wird die EU-Kommission die verifizierten Emissionen für die rund 11.000 erfassten Anlagen im EU ETS veröffentlichen. Ganz klar ist das Bild nicht: So ist die Produktion der Energieversorger um gut 2% gestiegen. Das ließe eigentlich auch einen höheren Emissionsausstoß der energieerzeugenden Anlagen erwarten, die rund zwei Drittel des erfassten Emissionsausstoßes insgesamt ausmachen.
Zusätzlich ist jedoch zu beachten, dass der Vormarsch der erneuerbaren Energien und die Modernisierung bzw. Effizienzsteigerungen von Verbrennungsanlagen den CO2-Ausstoß je erzeugter Energieeinheit bremsen.
Im Jahr 2014 beispielsweise fiel der Emissionsausstoß der erfassten Verbrennungsanlagen mit 7,3% deutlich stärker als die EU-weite Energieproduktion. Für Deutschland, auf das rund ein Viertel der Emissionen der im EU ETS erfassten Verbrennungsanlagen entfällt, hat die AG Energiebilanzen bereits erste Schätzungen für 2015 vorgelegt.
So ist die Stromerzeugung im letzten Jahr um 4% gestiegen. Doch während die erneuerbaren Energien fast 28 Mrd. kWh mehr erzeugt haben, sank die der emissionsbehafteten Brennstoffe um 4 Mrd. kWh. Insgesamt wird deshalb ein leichter Rückgang der CO2-Emisssionen im Strombereich vermutet.

Das Bild der erfassten Industriesektoren war dagegen 2015 gemischt: Die Verarbeitung der Raffinerien ist dank der attraktiven Margen deutlich gestiegen. Dagegen war die Aluminiumproduktion leicht, die Stahlerzeugung spürbar und die Produktion in der Zementindustrie deutlich rückläufig (Grafik 2). Folglich dürften die CO2-Emissionen der erfassten Industriezweige ebenfalls rückläufig gewesen sein, nachdem sie 2014 auch dank der höheren Produktion und der entsprechend höheren Emissionen in der Zementindustrie noch leicht gestiegen waren.
Alles in allem rechnen wir mit einem leichten Rückgang der verifizierten Emissionen im Jahr 2015 um 0,5% gegenüber Vorjahr. Das Angebot an Zertifikaten dagegen dürfte gestiegen sein. Zwar sinkt in der dritten Handelsperiode die Obergrenze jährlich um 1,74%, also mehr als die Nachfrage geschrumpft sein dürfte.
Allerdings wurden weniger Zertifikate zurückgehalten als im Vorjahr ("Backloading"): Waren 2014 noch 400 Mio. Zertifikate weniger versteigert worden als ursprünglich geplant, wurden 2015 nur noch 300 Mio. Zertifikate zurückgehalten. Letztlich wird das Angebot im letzten Jahr also größer ausgefallen sein als 2014. Damit dürfte der Nachfrageüberhang im letzten Jahr geschrumpft sein (Grafik 3).
Alles in allem werden die Zahlen das Problem eines zu reichlich versorgten Marktes wieder in den Blickpunkt rücken. Schließlich existiert noch aus den Vorjahren ein kumulierter Angebotsüberschuss von rund 2 Mrd. Zertifikaten. Wir gehen davon aus, dass sich die Preise erst mittelfristig wieder deutlich erholen werden. Politische Impulse im Rahmen des Reformprozesses für die vierte Handelsperiode und eine Kräftigung der EU-Konjunktur, die eine höhere Nachfrage nach Emissionsrechten mit sich bringen dürfte, sollten die Erholung anschieben.

Auf einen Blick



