Rohstoffpreise am Höhepunkt?


Anhaltend hohe Nachfrage
Zur Begründung der eher pessimistischen Einschätzung verweist die AIECE-Arbeitsgruppe unter anderem auf eine sich langsam aber sicher abkühlende Nachfrage. Allerdings relativiert die Vereinigung ihre eigenen Worte bereits im nächsten Satz dahingehend, dass der Bedarf und damit die Preise tendenziell hoch bleiben werden, auch wenn die Preisrückgänge in einzelnen Fällen durchaus erheblich sein können. Schaut man sich die gegenwärtig überaus robuste Weltkonjunktur an, haben wir doch erhebliche Zweifel an nennenswerten Nachfragerückgängen bei Rohstoffen: Im Durchschnitt der Jahre 2004 bis 2006 hat sich die jährliche Wachstumsrate auf fünf Prozent belaufen. Dies bedeutete die stärkste Zunahme seit Beginn der 1970er Jahre. In den kommenden zwei Jahren wird die Wachstumsrate selbst nach Einschätzung der AIECE nur wenig sinken. Dieser Zuwachs wäre erheblich stärker als das Wachstum von etwas weniger als vier Prozent, das im langjährigen Durchschnitt erreicht wurde, und würde auch deutlich über der bereits sehr hohen Rate von 4,5 Prozent liegen, die während der Fünfjahresperiode von 2002 bis 2006 verzeichnet wurde.
Unserer Ansicht nach bestehen zudem gute Chancen darauf, dass diese Prognosen übertroffen werden. Bereits seit einigen Jahren reden unzählige Wirtschaftsweisen von einer konjunkturellen Überhitzung vor allem in China und einem daraus resultierenden kräftigen Wachstumseinbruch. Die Realität sah - wie wir wissen - anders aus: Das Reich der Mitte vermeldet mit schöner Regelmäßigkeit neue Rekorde beim Bruttoinlandsprodukt und dem Handelsbilanzüberschuss. Gleichzeitig steckt die Industrialisierung in Indien und einigen anderen asiatischen Emerging Markets vergleichsweise fast noch in den Kinderschuhen. Gerade in diesen Regionen dürfte der Boom genau genommen gerade erst begonnen haben. Unterm Strich kann damit festgehalten werden, dass der globale Rohstoffbedarf bis auf weiteres wohl eher weiter zunehmen als sichtbar abnehmen sollte. Daran dürften auch mögliche konjunkturelle Dellen in den etablierten Industrienationen kaum etwas ändern.
Angebotsausweitung denkbar
Etwas stichhaltiger erscheint uns das zweite Argument der AIECE-Vereinigung: Die hohen Weltmarktpreise in der jüngeren Vergangenheit könnten die Produzenten zu Kapazitätsausweitungen veranlassen, wodurch sich die Angebotssituation entspannt. Diese Sorge ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen. Im Gegensatz zu den AIECE-Experten sehen wir eine solche Gefahr aber vor allem im Bereich der Basismetalle. Die weltweiten Vorkommen an Kupfer, Zink oder Nickel sind insgesamt überaus üppig, so dass eine Steigerung der Fördermenge recht problemlos möglich ist. Bei den Edelmetallen und insbesondere beim Öl stellt sich die Lage jedoch gänzlich anderes dar: Zwar werden immer wieder einmal neue Vorkommen entdeckt. Nichtsdestotrotz sind die Ressourcen wesentlich rarer als bei den Industriemetallen. Bei Gold & Co können wir uns in absehbarer Zeit zugegebenermaßen einen Anstieg des Outputs vorstellen, jedoch wird ein solcher erst in einigen Jahren erfolgen und damit deutlich später als bei den Buntmetallen. Die Ölförderung läuft hingegen bereits heute annähernd auf Hochtouren. Eine signifikante und für das Preisniveau gefährliche Ausweitung sehen wir als bloßes Wunschdenken.
Alles in allem erwarten wir längerfristig eher im Bereich der Industriemetalle empfindliche Preisrückgänge, wohingegen wir bei den Edelmetallen und vor allem dem "schwarzen Gold" mit einer weiteren Verteuerung rechnen. Zu den Soft Commodities lässt sich unserer Ansicht nach keine allgemeine Aussage zur Preisentwicklung machen, da hier zu viele unterschiedliche Faktoren von Bedeutung sind.
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