Edelmetalle Aktuell

Immerhin gibt es für Panikkäufe “um jeden Preis“ ja seit Beginn der Dekade ein (abschreck-endes) Beispiel. Damals hatte ein amerikanischer Autohersteller einen Milliardenbetrag abschreiben müssen, nachdem er die Palladiumnotierung aus Angst vor einem längeren russischen Lieferstopp mit seinen Käufen auf weit über 1.000 $ je Unze getrieben hatte. Danach, im Jahr 2001 fiel die Notierung dann innerhalb von nur wenigen Monaten wieder auf einen Bruchteil des Höchstkurses zurück. Das Palladium erholte sich - zumindest was den Einsatz in der Elektronikindustrie angeht, der damals förmlich kollabierte - bis heute nicht von dem Rückschlag, zu dem die Preiseskapaden damals führten.
Es ist nicht ganz auszuschließen, dass sich auf längere Sicht ein ähnliches Bild beim Platin bietet, nur dass es diesmal nicht die Elektronik-, sondern die Auto– und die Schmuckindustrie sind, die dem Metall eines Tages die kalte Schulter zeigen könnten.
Außer “Panik“-Käufen durch einen industriellen Verbraucher gibt es aber auch noch eine zweite mögliche Ursache für die jüngsten Käufe. Die hohen Preise führen nämlich dazu, dass sich Edelmetallleihen (durch den höheren Basispreis) derzeit stark verteuern. Möglicherweise hat eine Adresse, die in der Vergangenheit größere Bestände geliehen hatte, nun die Reißleine gezogen und das Metall gekauft, statt es weiter zu leihen. Bei beiden möglichen Ursachen für die Käufe würde es sich aber um Einmalgeschäfte handeln, die zwar den Preis (wie erlebt) kurzfristig getrieben hätten, die aber langfristig keine nachhaltigen Auswirkungen auf die Preisentwicklung haben dürften. Im Gegenteil: industrielle Terminkäufe würden eine Vorwegnahme zukünftiger Nachfrage bedeuten, die dann für einen Ausgleich von Angebot und Nachfrage in Zukunft fehlen würde.
Zusammen mit der derzeit einbrechenden Schmucknachfrage in China, mit einem stark steigenden Aufkommen an Altmetall nicht nur beim Gold, sondern auch beim Platin und der Tatsache, dass es bei den ETF-Käufen durchaus Anzeichen für eine typische Dienstmädchen-(bzw. norwegische Pensionsfonds-)hausse gibt, deuten (fast) alle Anzeichen unserer Ansicht nach zumindest mittelfristig wieder auf deutlich niedrigere Kurse hin.
Ob der Markt vor einem längst überfälligen Einbruch aber nicht doch noch die Marke von 2.200 $ erreicht, oder vielleicht sogar übersteigt, lässt sich in der momentanen, von großer Unsicherheit und hoher Volatilität geprägten Situation schlicht nicht vorhersagen.
Industriellen Marktteilnehmern raten wir, den Sturm auch weiterhin auszusitzen und mit strategischen Käufen auf die große Trendwende zu warten. Das schließt aber nicht aus, dass kurzfristige, kleinere Korrekturen nicht doch für solche Käufe genutzt werden, die in den nächsten Wochen ohnehin fällig würden. Hierzu bietet sich z.B. auch ein Hinterlassen von Kauforders an, immerhin gibt es im Moment fast jeden Tag eine Handelsspanne von 50 Dollars.
Palladium
Vom Aschenputtel zur Prinzessin: Der Palladiumpreis hat in den letzten Tagen “endlich“ den Anschluss an die allgemeine Preisentwicklung bei den Edelmetallen geschafft. Was industrielle Verbraucher wenig positiv gestimmt haben dürfte, hat die Investoren sicher gefreut. Sie waren es auch, die den Preis für das weiße Metall in den letzten Tagen durch ihre massiven Käufe so deutlich nach oben getrieben haben. Von 420 $ am 8. Februar stieg die Notierung innerhalb von nur 12 Tagen um 20 Prozent auf 525 $ je Unze an. Damit hat sich das Metall in diesem Zeitraum von allen Edelmetallen mit Abstand am besten entwickelt. Verantwortlich für die Käufe waren vor allem Anleger, welche in die diversen am Markt erhältlichen ETFs investierten. Getrieben waren die Investitionen sicher vor allem vom vermeintlichen Nachholbedarf gegenüber dem Platin, weniger von fundamentalen Motiven. Die Bestände der ETFs nahmen innerhalb von nur vier Wochen um 40 Prozent auf jetzt 15 Tonnen zu. Die Industrie hielt sich in jüngster Zeit dagegen weitgehend zurück und kaufte erneut nur das Nötigste. Wie schon beim Platin scheinen die Endverbraucher angesichts der drohenden Rezession in den USA an einen nachhaltigen Anstieg des Palladiumpreises nicht zu glauben. Auch wenn wir in den letzten Monaten immer wieder auf einen möglichen Ausbruch der Notierung verwiesen haben, halten wir die jüngste Entwicklung für übertrieben und erwarten früher oder später eine Gegenreaktion.
In der letzten Woche erschienene Meldungen, nach denen Norilsk Nickel in diesem Jahr eine Ausweitung der Produktion auf fast 3,1 Mio. Unzen plant, bestätigen die Skepsis gegenüber möglichen weiteren Kursgewinnen nur.
Rhodium, Ruthenium, Iridium
Zusammen mit den Schwestermetallen zog auch der Rhodiumpreis in den letzten Tagen noch einmal deutlich an. Fast 1.000 $ legte das mit weitem Abstand teuerste Edelmetall in dieser Zeit zu, es liegt jetzt bei fast 9.100 $ je Unze. Bei diesem Metall gab es außerdem auch, anders als bei Platin und Palladium, vor allem aus Asien verstärkt industrielle Nachfrage. Gerüchte am Markt besagten, dass außerdem von mindestens einer Adresse auch bisher geliehenes Metall zurückgekauft wurde. Bei einer jährlichen Zinsbelastung von fast 2.000 $ je Unze (bei einem Zinssatz von annähernd 20% und einem Basispreis von über 9.000 $) wäre dies ein, je nach Ausgangslage unter Umständen auch nachvollziehbarer Schritt, allerdings um einen im wahrsten Sinne des Wortes außerordentlich hohen Preis.
Was die nächsten Preisbewegungen angeht, dürfte sich das Metall auch in Zukunft an die Entwicklung beim Platin anlehnen. Durch die insgesamt knapperen Metallvorräte würde ein eventueller Preisrückgang dort beim Rhodium aber wohl erst mit Verzögerung auf ein Echo stoßen. Auf lange Sicht erwarten wir dann aber wieder deutlich niedrigere Notierungen.
Iridium und Ruthenium haben auf die ganze Aufregung mit der Gelassenheit von Außenseitern reagiert, sie liegen kaum verändert bei 450 $, bzw. 460 $ je Unze auf der Briefseite.
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
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