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Energie: Geopolitik derzeit dominanter Faktor

19.09.2013  |  Frank Klumpp (LBBW)
Rückblick Q3: Geopolitik rückt in den Vordergrund

Das dritte Quartal verlief an den Ölmärkten vergleichsweise turbulent, da geopolitische Themen wieder in den Mittelpunkt rückten, nachdem sie im ersten Halbjahr etwas aus dem Blickfeld gerieten. Vor allem die Sorge um ein militärisches Eingreifen der USA in Syrien ließ die Ölpreise - sowohl WTI als auch das europäische Pendant Brent - wieder in die Höhe schnellen.

Als sich immer mehr abzeichnete, dass eine diplomatische Lösung näher rücken sollte, reduzierte sich auch die politische Risikoprämie und damit der Ölpreis. Am Wochenende einigten sich schließlich US-Außenminister John Kerry und sein russischer Kollege Sergej Lawrow über das gemeinsame Vorgehen im Umgang mit Syriens Chemiewaffen. Das Damoklesschwert eines Militärschlags gegen das Assad-Regime ist damit wieder in den Hintergrund gerückt.

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Angebotsstörungen vor allem außerhalb Syriens

Die Angst vor einer weiteren Eskalation in Nahost fiel
im Hinblick auf die globale Ölversorgung in eine ohnehin angespannte physische Marktlage: Die Nachfrage belebte sich im dritten Quartal vor allem aus saisonalen Gründen, während sich die Angebotsausfälle ebenfalls auf Rekordniveau bewegten.

Nach Angaben der EIA wurden im August 2013 weltweit 2,7 Mio. Barrel nicht produziert bzw. konnten nicht ausgeliefert werden, so viel wie seit Januar 2009, dem Start der Aufzeichnungen der EIA. Besonders schwer wiegt derzeit der Ausfall von rund 1 Mio. Barrel pro Tag in Libyen. Nachdem das Land bis vor kurzem als Musterbeispiel für eine gelungene Militärintervention galt und nahezu wieder auf dem Stand von vor dem Sturz Gaddafis produzierte, versinkt das nordafrikanische Land derzeit im Chaos.

Zuletzt nahmen jedoch erste Ölfelder im Westen des Landes die Produktion wieder auf. Zudem sorgt das Ölembargo gegen den Iran für Ausfälle von 600 000 Barrel pro Tag, auch im Irak (300 000 bpd) in Nigeria (250 000 bpd) sowie außerhalb der OPEC (600 000 bpd) sind nennenswerte Ausfälle zu verzeichnen.


Non-OPEC Output: Erwartungen nach oben revidiert

Für positive Überraschungen auf der Angebotsseite sorgte jedoch immer wieder die USA: Neue Fördermethoden in den USA - "Fracking" wirdneben der Gasförderung auch in der Ölförderung eingesetzt - machen das Land immer weniger abhängig von Importen. Selbst die heimische Statistikbehörde EIA revidiert ihre Zahlen stetig nach oben.

Wurde anlässlich der Präsentation des "AEO Annual Energy Outlook" im März diesen Jahres noch von einer US-Rohölproduktion im kommenden Jahr von 7,9 Mio Barrel pro Tag ausgegangen, liegt die Erwartung gerade mal ein halbes Jahr später bei 8,4 Mio. Barrel pro Tag! Dies sollte die Sorgen um die globale Ölversorgung etwas dämpfen.

Auch der saudiarabische Ölminister Al-Naimi zerstreute Bedenken um eine drohende Angebotsknappheit: "Oil market fundamentals are good. The market is well balanced … Saudi Arabia is willing and capable of meeting any demand." Das globale Nachfrageplus im laufenden Jahr von etwa 850 000 bpd dürfte daher gedeckt werden können, so-fern weitere Eskalationsstufen in Nahost und Nordafrika ausbleiben.

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CFTC-Daten zeigen hohe Spekulationsneigung

Die Wetten auf steigende Preise für WTI- und Brentöl haben im Jahresverlauf kräftig zugelegt. Die Netto-Longpositionierung "Managed Money" laut CFTC bewegt sich unweit des Vierjahreshochs. Aus sentiment-technischer Perspektive mahnt dies zur Vorsicht. Sobald sich die Lage, vor allem in Libyen, weiter entspannen sollte, droht latenter Angebotsdruck dieser Investorengruppe.

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Weiterhin fallende Preise erwartet

Derzeit ist der Ölpreis vor allem von politischen Ereignissen dominiert, die geopolitische Risikoprämie dürfte trotz der vorläufigen Entspannung in Syrien weiterhin über 10 US-Dollar betragen. Richtet man den Blick jedoch auf die Fundamentals, sehen wir Potenzial für weitere Preiseinbußen. Da zuletzt die Konjunkturdaten im zweitgrößten Rohölimportland China über den Erwartungen ausgefallen waren und auch aus Europa Er-holungssignale gesendet werden, dürfte die Nachfrageseite zwar wenig negatives Überraschungspotenzial bieten.

Dennoch ist der Ölmarkt weiterhin gut versorgt, vor allem dank der Marktanteilsgewinne der Nicht-OPEC-Staaten. Auch die OPEC, allen voran der Swing-Producer Saudi-Arabien, dürfte den Ölhahn weiter geöffnet halten, obwohl die physische Nachfrage ihren saisonal bedingten Höhepunkt bereits überschritten hat. Zudem zog die Ölproduktion in Libyen in den letzten Tagen allmählich wieder an.

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© Frank Klumpp, CFA
Commodity Research

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart



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