WTI-Brent Preisdifferenz schlägt Kapriolen - Ist das bereits das Ende des Spreads?


Erstmals seit Ende 2010, als sich die beiden Benchmarks Dated Brent (Nordseeöl) und WTI (US-Leichtöl) in größerem Ausmaß entkoppelten, erreichten beide Spotpreise vorige Woche wieder Parität, nachdem Brent zwischenzeitlich nahezu 30 US-Dollar über dem WTISpotpreis notierte.
Die Gründe für die Preisdifferenz lagen vor allem auf der WTI-Seite: Die US-Produktion dank neuer Fördertechnologien, vor allem in North Dakota und Texas, legte kräftig zu. Die (günstigen) Pipeline-Transportkapazitäten wurden jedoch nicht im selben Tempo ausgebaut, so dass auf kostspielige Transporte via Bahn und Straße ausgewichen werden musste, um der Ölschwemme Herr zu werden.

Was hat sich geändert?
So weit, so bekannt. Allerdings war auch der (geplante und bereits erfolgte) Ausbau der Pipelinekapazitäten in Richtung Cushing und um Cushing herum - die Umkehr der Flussrichtung von Seaway & Longhorn, Erweiterung Keystone etc. - ebenfalls hinlänglich ausgeleuchtet, so dass dies als Grund für den heftigen Kursanstieg in Richtung Brent-Level wohl kaum taugt.
Für zusätzliche Nachfrage seitens der Raffinerien sorgte die neue BPAnlage in Whiting mit einem täglichen Durchsatz von 260.000 bpd, die ihren Teil zum größten landesweiten Lagerabbau innerhalb von vier Wochen seit 1982 beitrug. Mit 44 Mio. Barrel befinden sich die Lagerbestände in Cushing, dem Lieferort für WTI, jedoch weiterhin auf hohem Niveau.

Hohe Longpositionierung auf WTI-Futures
Ein gutes Stück des Preisanstieges ist sicherlich auf die erhöhte Raffinerietätigkeit zurückzuführen, die Mitte Juli mit landesweit 16,2 Mio. bpd knapp 2 Mio. bpd über dem Zwischentief von Anfang März diesen Jahres lag. Einen großen Anteil an dem schnellen Zusammenlaufen des Brent-WTI-Spreads hatte sicherlich auch spekulativen Charakter - einige Marktteilnehmer an den Futuresmärkten wurden offenbar auf dem falschen Fuß erwischt und mussten ihre Positionen eindecken.
Die aktuelle Bewegung lief daher möglicherweise etwas über das Ziel hinaus, schließlich hat sich an den strukturellen Fundamentals bisher nur wenig geändert. Außerdem stieg die Spekulationsneigung (Long-Only) den jüngsten CFTC-Daten zufolge in den letzten vier Wochen auf über 300.000 Kontrakte an. Die WTI-Brent- Parität dürfte daher zunächst ein kurzes Intermezzo gewesen sein.

© Frank Klumpp, CFA
Commodity Research
Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
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