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Einsatzbereite Rohstoffe

30.04.2007  |  Redaktion
Vor einem Jahr brachte ein Ochse von durchschnittlicher Qualität ungefähr 85,50 Dollar pro ´´cwt´´ beim Schlachter. (Die Abkürzung ´´cwt´´ steht für ´´hundredweight´´. Hundredweight bedeutet einfach, ´´pro hundert amerikanische Pfund´´ spezifisches Gewicht, d.h. 45,4 kg. Es wurde zu dem Gewichtsmaß, welches für Rinder immer angewandt wird.)

Vor zwei Wochen lag der Durchschnitt bei 94,44 Dollar pro cwt, ein Anstieg von 3,32 Dollar im Vergleich zur Vorwoche. Übersetzung: Die Preise für Rinder am Geldmarkt steigen rapide und sie werden vermutlich auch weiterhin steigen. Die Nachfrage ist der Motor. Nachdem wieder mehr Länder ihren Markt für amerikanisches Rind geöffnet haben, wird die Nachfrage steigen. Die Gewinnspannen der Schlachter liegen in der Nähe eines kostendeckenden Niveaus. Im Moment werden knappe Rinderbestände und Massen kostengünstigen Futters vermutlich zu einer Verfestigung der Rinderpreise führen. Das gilt insbesondere für die Rindfleischhersteller und die Weidenbesitzer.

Und dann gibt es auch noch die Vogelgrippe. Wenn ein Fall von Vogelgrippe in die USA übergreift und einen Menschen infiziert, dann werden die Menschen dem Geflügel den Rücken kehren und auf direktem Wege auf die Fleischregale im Supermarkt zusteuern. In Wahrheit wird die Vogelgrippe nicht wirklich über den Verzehr von Geflügel verbreitet, doch aus Sicht des Tradings ist das dennoch oft die Wahrheit und allein die Bedrohung durch Vogelgrippe reicht aus, die allgemeine Öffentlichkeit dazu zu bringen, Geflügel zu meiden. Auch wenn der Verzehr nicht der Grund für die Erkrankung ist, wird die breite Öffentlichkeit keinen Unterschied machen. Und wer will schon in ein Hähnchen des Todes beißen, wenn man sich auch für ein schönes, saftiges Steak entscheiden könnte?

Rinderwahnsinn? Normalerweise haben die Marktteilnehmer eine kurze Erinnerungsspanne, also ist es wichtig die Angst auszunutzen, solange sie noch voll greift. Der Rinder- und der Fleischmarkt sind das Herzstück vieler Witze in der Investmentwelt – es kommt einem Hillary Clintons berühmter Rinder-Trade in den Sinn, so wie die bereits erwähnte Frage zu den Schweinebäuchen. Um die Wahrheit zu sagen sind die Fleischsorten ein guter landwirtschaftlicher Markt mit soliden Grundlagen und sie können ein großartiger Übungsmarkt für Anfänger unter den Tradern sein – gehen Sie nur sicher, dass niemand erfährt, dass sie ein Novize sind.

Im Oktober 2006 nahm ich Lebendrindpositionen auf und machte einige sehr gute Gewinne mit der 86 Call-Option und später mit der 88 Call-Option. Der Rindermarkt ist sehr flüchtig und relative illiquide, es kann also ein schwieriger Markt sein, wenn man gerade erst anfängt. Vielleicht wollen sie ihn meiden, bis sie etwas mehr Erfahrung gesammelt haben.

Die Märkte für Kaffee, Zucker und Kakao liegen mir sehr nah am Herzen. Diese drei Rohstoffe sind auch als die ´´Tropicals´´ bekannt, weil die meisten in den Tropen wachsen, oder als ´´Softs´´, ich vermute, weil sie alle einen weiche Konsistenz haben. Doch ganz egal wie Sie sie nennen möchten, sie zählen zu den Märkten mit den besten Leistungen, zu denen, die am wenigsten verstanden sind und über die man am wenigsten an dem Märkten spricht. Ich habe einen großen Teil meiner frühen Karriere in den Gräben der Kaffee-, Kakao-, Orangensaft- und Zuckermärkte zugebracht und ich kann Ihnen sagen, diese Märkte traden sich wie keine anderen. Gold und Öl mag der Löwenanteil unter allen Beiträgen und Schlagzeilen zukommen, aber wenn Sie nach Aufregung suchen: Diese Märkte haben sie zu bieten.

Zucker ist beispielsweise einer meiner Lieblingsmärkte. Zucker steigt aufgrund der Ethanolproduktion exponentiell in der Nachfrage und ist in Lebensmitteln weit verbreitet. Gleichzeitig schrumpft das Angebot aufgrund von Faktoren wie der Kürzung von Subventionen in Europa. Zucker wird sich meiner Meinung nach im Laufe der nächsten Jahre vermutlich verdoppeln und die Zeichen dafür sind schon ablesbar. Ungefähr das gleiche gilt für Märkte wie Kakao und Kaffee.

Die weltweite Nachfrage saugt die Vorräte schneller auf, als diese Rohstoffe geerntet werden können. Ich kenne den Kaffeemarkt gut – um genau zu sein, sehr gut. Es ist einer der ersten Märkte, in denen ich getradet haben, als ich vor achtzehn Jahren bei Rohstoffen eingestiegen bin. Es ist auch einer der Märkte, die sich am schnellsten bewegen und einer der volatilsten Märkte, was bedeutet, dass es dort massenweise Möglichkeiten für Sie gibt, eine ganze Menge Geld zu verdienen. Das ist ein gutes Beispiel, wenn man davon spricht, was die besten Eigenschaften sind, wenn man Rohstoffe tradet: die Möglichkeit einen Markt genauso leicht zu ´´shorten“ wie ´´long´´ gehen zu können. Das ist richtig– denn anders als bei Wertpapieren, kann man bei Rohstoff-Futures genauso leicht ´´short´´ gehen wie ´´long´´.

Ein Markt wie der Kaffeemarkt ist ganz besonders wichtig wegen seiner Volatilität, aber auch, weil von Maine bis China an jeder Straßenecke ein neuer Starbucks aus dem Boden schießt und weil jeder Bauer, der nur die geringste Möglichkeit hat, Kaffee anzubauen, das auch tut, was zu einer Schwemme von Bohnen auf den Markt führt. Selbst Juan Valdez, aus der amerikanischen Fernsehwerbung hat seinen Sombrero 2006 an den Nagel gehängt. Kaffee ist somit einer der Märkte, den man aus beiden Richtungen spielen kann, um maximale Gewinne zu erzielen – dazu geben einem Futures die Gelegenheit, mit atemberaubenden Ergebnissen.

Baumwolle hat bei dem anwesenden irren Trader den Startpunkt markiert. Mein erster voller Platz war an der New Yorker Baumwollbörse (heute das New York Board of Trade). Meine Plakette lautete 8015 QUEST, wie bei Jonny Quest. (Ich war jung, hatte blonde Haare und einen Hund namens Bandit. Als die Jungs auf dem Parkett erfuhren, dass ich als Kind eine Cartoonstimme gewesen bin, ist der Name einfach hängen geblieben. Jeder bekommt dort unten einen Spitznamen, und normalerweise ist es kein Name, den man sich selbst ausgesucht hätte.)

Auf jeden Fall ist der Baumwollmarkt ein Markt der ´´alten Jungs´´, genauso wie Rind und Getreide – nicht ´´alt´´ wie in ´´abgestanden´´, sondern ´´alt´´ im Sinne von ´´schon sehr lange mit von der Partie´´ und in dem Sinne, dass die Leute, die dabei sind, es schon seit einer sehr, sehr langen Zeit sind. Baumwolle ist ein großartiger Markt fürs Traden, aber man muss verstehen, wie die Grundlagen funktionieren und die Unterschieden zwischen alter Ernte und neuer Ernte kennen. Das bedeutet ganz einfach, dass in jedem Jahr zwei Sorten von Baumwollernte anstehen, und sie müssen sicher stellen, dass Sie wissen, mit welcher Ernte Sie es zu tun haben und dann auf der Basis dessen eine Entscheidung treffen. Baumwolle ist ein Markt, bei dem es entscheidend ist, dass man ihn nicht unterschätzt und dem man, ähnlich wie einem Ozean, nie den Rücken zuwenden sollte. Vertrauen Sie mir, ich habe für einige Jahre dort gearbeitet.

Und gleich nebenan gibt es einen anderen sehr attraktiven Markt, ganz besonders im Winter und während der Hurrikansaison: Orangensaft. Orangensaft ist ein perfekter Markt, um die Grundlagen auf die harte Tour zu lernen. Viele von Ihnen haben sicher den Film ´´Die Glücksritter´´ mit Eddie Murphy und Dan Aykroyd gesehen. Wenn sie ihn noch nicht gesehen haben, dann sollten Sie das nachholen – Sie werden viel zu lachen haben. Der Film wurde auf dem Parkett des World Trade Centers gedreht und er handelt von Orangensafttrades, aber an diesem Punkt endet die Realität (tut sie das wirklich?). Um ehrlich zu sein, kann ich Ihnen, nicht ohne einen ironischen Unterton, sagen, dass es vielleicht eine ziemlich passende Darstellung des alten Tradingparketts ist.

Heute ist der Markt für Orangensaft jedoch stark von Angebot und Nachfrage bestimmt und er ist sicherlich auch von Wetterbedingungen bestimmt – und das meint nicht nur den harten Winterfrost. Es mag Sie überraschen zu erfahren, dass die Hurrikans in Florida der größte Faktor sind, der Einfluss auf diesen Markt hat, nicht nur ehe der Hurrikan zuschlägt, sondern auch danach. Die Hauptsorge gilt einem Citrusgeschwür. Nachdem Winde und Regen nachlassen, kann sich dieser Pilz auf der Ernte entwickeln. Es ist wichtig, grundlegende Informationen wie diese zu kennen und zu berücksichtigen, wenn man in eine Position einsteigt.

Jeder Markt ist anders, also muss man die Grundlagen eines jeden Marktes studieren. Sie müssen z.B. verstehen, wofür Sojamehl im Vergleich zu Sojaöl verwendet wird. Sojabohnen werden unter anderem für Biobrennstoff verwendet, so dass heute die Preise für Sojabohnen mehr mit den Kosten von Rohöl und Heizöl zu tun haben, als mit den herkömmlichen Ernteberichten.

Behalten Sie immer im Kopf, dass diese Märkte sich auf der Basis von Angebot und Nachfrage bewegen. Gerade im Moment legt die Nachfrage für Sojabohnen aufgrund des Verbrauchs von Biodiesel zu, was wiederum in Bezug zur Höhe der Heizkosten steht. Es ist nicht schwer, die Punkte zu verbinden, um festzustellen, was einen bestimmten Rohstoff beeinflusst, aber manchmal muss man zuerst ein bisschen Forschung betreiben. Biobrennstoff wird hauptsächlich zum Heizen von Wohnhäusern verwendet und so wie Ethanol aus Mais hergestellt wird, wird Biobrennstoff aus Soja hergestellt. Letzten Endes muss man ganz genau wissen, was die Grundlagen für den Rohstoff sind, den man zu traden beabsichtigt, ganz egal ob es Wildreis ist oder Erdgas.

Und was noch wichtiger ist, Sie müssen die neuen Faktoren kennen, die einen bestimmten Markt betreffen könnten – und die können sich ändern.


© Kevin Kerr
Quelle: Auszug aus dem kostenlosen Newsletters ´´Trader´s Daily´´
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