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Rohstoffe kompakt Energie: Unterschätzte Kohle

31.05.2012  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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In Europa, das für rund ein Fünftel des globalen Kohleverbrauchs steht, ist die Nachfrage eher schwach. Ausschlaggebend ist die Konjunkturverlangsamung. An preislicher Wettbewerbs-fähigkeit hat Kohle dagegen diesseits des Atlantiks nicht eingebüßt. Im Gegenteil: Nicht nur dass Gas in Europa teilweise bedingt durch die Ölpreisbindung deutlich teurer ist als in den USA. Hinzu kommt, dass Kohle durch den Preiseinbruch im CO2-Markt zusätzlich begünstigt ist. Der sogenannte "Clean Dark Spread", der die Preisspanne zwischen Strom und den um den CO2-Preis bereinigten Kohlepreis zeigt, ist deutlich weniger geschrumpft als der "Clean Spark Spread" am Gasmarkt (Grafik 4, S. 3). Dieser Effekt dürfte die Kohlenachfrage eher stützen.

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Auch Japan als ehemals größter, nun nach China zweitgrößter Kohleimporteur der Welt zeigt eine mäßig expandierende Nachfrage. Hier waren die Importe im Nachgang zu der Tsunami-Katastrophe im letzten Jahr eingebrochen und hatten sich wegen der zögerlichen Inbetriebnahme der Kohlekraftwerke nur allmählich erholt. Die Tendenz ist zwar aufwärtsgerichtet, aber angesichts der noch immer schwächelnden Konjunktur dürfte der Importbedarf nur geringfügig zunehmen.

Und wie sehen die Tendenzen in den Schwellenländern Asiens aus? China ist der mit Abstand größte Kohlemarkt. Leichte Verschiebungen zwischen Angebot und Nachfrage haben einen immensen Einfluss auf den Importbedarf des Landes. Erst im Jahr 2009 wurde das Land zum Nettoimporteur und dürfte bereits im vergangenen Jahr die größte Importnation der Welt gewesen sein. Dabei ist der Importsog nicht nur das Resultat aus Angebots- und Nachfrageverschiebung, sondern auch die Konsequenz aus den internationalen Preisentwicklungen. Ein großer Teil von Chinas Kohlekraftwerken ist in Küstennähe angesiedelt, die Arbitragevorteile schnell ausnutzen können. Denn die heimisch geförderte Kohle ist teuer, minderer Qualität und es bestehen erhebliche Infrastrukturprobleme.

China steht nun für gut 16% des globalen Kohlehandels. Vor diesem Hintergrund bleiben die dortigen Importtendenzen von großer Bedeutung: derzeit stagnieren Chinas Importe auf hohem Niveau. Die Vorzeichen für die weiteren Tendenzen sind gemischt: zwar hat die chinesische Wirtschaft an Fahrt verloren. Und zudem sind die Kohlevorräte in den Häfen und bei den Kohlekraftwerken auf hohem Niveau. Was aber für eine steigende Importtätigkeit spricht, ist der enorme Preisvorteil, der sich im Zuge des Preisrückgangs an den internationalen Märkten aufgebaut hat (Grafik 5). In der Regel nutzt China solche Preisvorteile zum Aufbau von Vorräten.

Neben Chinas Kohlenachfrage ist Indiens Kohlebedarf die zweite maßgebliche Einflussgröße für den asiatischen Verbrauch. Das staatlich kont rollierte Unternehmen, Coal India, das mit rund 430 Mio. Tonnen jährlich gut 80% der indisch en Kohleproduktion stellt und damit der mit Abstand größte Kohleproduzent der Welt ist, könnte zusätzlich auf Importe zurückgreifen müssen, um seine Lieferverpflichtungen zu erfüllen. Indiens Importe, die im letzten Jahr um 30% auf knapp 80 Mio. Tonnen gestiegen sind, könnten also weiter zulegen.

Alles in allem dürfte damit eine allmählich erneut an Fahrt gewinnende Nachfrage auf ein mäßig wachsendes Angebot treffen. Kurzfristig dürfte zwar die Nachfrageschwäche in den Industrieländern und die drohende Abschwächung in China ein Belastungsfaktor bleiben. Aber der Importanreiz, der sich mit dem Preisverfall an den internationalen Märkten aufgebaut hat, dürfte China in der zweiten Jahreshälfte wieder verstärkt im Ausland kaufen lassen. Aber auch Indiens zunehmender Importbedarf dürfte die Märkte unterstützen. Wir sehen deshalb den Kohlepreis zum Jahresende zurück auf 100 USD je Tonne klettern.

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Langfristige Perspektiven: Schwellenländer gewinnen weiter an Dominanz

Die langfristigen Perspektiven hängen maßgeblich von den politischen Weichenstellungen ab. Die IEA unterscheidet deshalb in ihrem World Energy Outlook drei Szenarien:

• 1) die Beibehaltung der gegenwärtigen Politik.

• 2) Implementierung der politischen Leitlinien: Ziele zur Energieeffizienz, zum Ausbau erneuerbarer Energie sowie zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen werden erreicht.

• 3) Das 450-Szenario, das eine Begrenzung der Treibhausgasemission in der Atmosphäre auf 450 Partikel pro Mio. CO2-Äquivalente vorsieht bzw. die Begrenzung der Erderwärmung gegenüber vorindustriellem Niveau auf 2˚ Celsius.




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