Rohstoffe Kompakt Agrar: Zurück auf dem Boden (der Tatsachen)

Neben der geringeren Nachfrage aus China dürfte sich der Fokus auch auf das steigende Angebot richten. In den USA, dem größten Produzenten und Exporteur von Sojabohnen weltweit, wird in diesem Jahr laut USDA-Schätzung mit einer Rekordernte von 89 Mio. Tonnen gerechnet. Damit würde die Vorjahresernte um 10% übertroffen. Grund hierfür sind die Ausweitung der Anbauflächen auf einen Rekordwert von 77,5 Mio. Morgen und höhere durchschnittliche Erträge. Doch nicht nur in den USA dürfte die Sojabohnenproduktion deutlich steigen. Das USDA rechnet zudem mit einer Rekordernte in Argentinien in Höhe von 51 Mio. Tonnen, was einem Anstieg um 60% gegenüber der witterungsbedingten Missernte im Vorjahr entspricht. Die Ernte in Brasilien dürfte ebenfalls um 5% auf 60 Mio. Tonnen steigen.
Die Ausweitung des Angebots in den drei wichtigsten Produzentenländern und geringere Importe nach China sprechen für niedrigere Sojabohnenpreise. Die Terminkurve impliziert sogar Preise von 9 USD je Scheffel in den kommenden Monaten. Ganz so pessimistisch für die Preisentwicklung sind wir allerdings nicht. Denn es gibt auch Faktoren, die gegen dauerhaft niedrige Sojabohnenpreise sprechen. So dürfte die Nachfrage aus China trotz allem robust bleiben. Dies erklärt sich mit dem anhaltend hohen Bedarf an Futtermitteln und Abwärtsrisiken für die chinesische Sojabohnenproduktion. Zudem befinden sich die US-Lagerbestände zu diesem Zeitpunkt des Jahres auf dem niedrigsten Niveau seit mehr als 30 Jahren (siehe Grafik 4). Wir prognostizieren daher einen Sojabohnenpreis von 10 USD je Scheffel zum Jahresende und einen moderaten Preisanstieg im kommenden Jahr.

Baumwolle an der NYB/ICE ist zuletzt zwar um 10% gefallen, notiert mit knapp 60 US-Cents je Pfund aber rund 20% höher als zu Jahresbeginn. Um die Preise zu stabilisieren und den heimischen Produzenten in der Krise zu helfen, hatte die Nationale Baumwollereserve-Gesellschaft Chinas (CNCRC) von August 2008 bis April 2009 insgesamt 2,72 Mio. Tonnen Baumwolle gekauft. Seit Mai versucht die CNCRC, auch den Textilherstellern zu helfen, in dem man diese strategischen Reserven um insgesamt 1,52 Mio. Tonnen abbaut. Da die Preise für diese Verkäufe unter den gegenwärtigen Marktpreisen liegen, bremst dies den Preisanstieg und macht außerdem eine Ausweitung der chinesischen Importquoten von derzeit lediglich 894 Tsd. Tonnen unwahrscheinlich. Noch im Vorjahr betrugen die Importquoten 3 Mio. Tonnen.
Dies dürfte das Aufwärtspotenzial bei den Baumwollpreisen kurzfristig begrenzen, denn China ist der mit Abstand wichtigste Baumwollimporteur weltweit. Daher rechnen wir vorerst mit einem Seitwärtsverlauf bei den Baumwollpreisen zwischen 50 und 60 US-Cents pro Pfund. Im kommenden Jahr gehen wir von steigenden Baumwollpreisen aus. So sollte sich die Nachfrage nach dem nahezu 10%-igen Rückgang im Vorjahr wieder erholen. Dagegen wird das Angebot weiter sinken. Die Anbaufläche in den USA, dem größten Exporteur weltweit, sollte in diesem Jahr erneut um 4% auf nur noch 9 Mio. Morgen bzw. den niedrigsten Stand seit 1983 sinken (siehe Grafik 5). Die USDA-Schätzung scheint zudem nicht ausreichend die gegenwärtige Trockenheit in Indien zu berücksichtigen, dem zweitgrößten Produzenten und Exporteur von Baumwolle weltweit.
Das El Nino Phänomen, das meist mit einer Dürreperiode in Indien einhergeht, könnte die indische Produktion negativ beeinflussen, weil Baumwolle viel Wasser benötigt und 65% der indischen Baumwollproduktion hauptsächlich vom Regen gespeist wird. Zuletzt hat auch Tansania, der drittwichtigste Produzent Afrikas, seine Ernteschätzung von zuvor 400 Tsd. Tonnen auf nunmehr 250 Tsd. Tonnen reduziert. Die höhere Nachfrage seitens der Türkei, die aufgrund besserer Profitabilität von Weizen und Mais zum weltweit zweitgrößten Baumwollimporteur wurde, sollte ebenfalls zur Einengung des Marktes beitragen. Die hohen weltweiten Baumwolllagerbestände von knapp 62 Mio. Ballen bzw. 7,9 Mio. Tonnen sollten in diesem Produktionsjahr daher fallen. Dabei dürfte der Rückgang sogar stärker als 7% ausfallen, wie es das USDA erwartet.
