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Energie: Ein Blick fünf Jahre weiter

16.07.2009  |  Eugen Weinberg
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• Ölnachfrage: Mittlerweile wird davon ausgegangen, dass die Nachfrage 2009 etwa 3,0 Mio. Barrel pro Tag geringer sein wird als noch vor einem Jahr angenommen. Darin spiegelt sich der spürbare Konsumrückgang infolge steigender Preise und schwacher Konjunktur wider. Für die Ölnachfrage wird in jedem Jahr zwischen 2009 und 2013 ein Anstieg von durchschnittlich 0,9 Mio. Barrel pro Tag bzw. etwa 1,1% jährlich prognostiziert. Diese Wachstumsrate liegt geringfügig unter dem vor einem Jahr prognostizierten Wert von 1,4%. Die verschiedenen Auswirkungen haben zusammen dazu geführt, dass die Ölnachfrage 2013 nun etwa 6,2 Mio. Barrel pro Tag niedriger angesetzt wird als noch im Bericht vom letzten Jahr prognostiziert. Diese Korrekturen sind größtenteils auf die deutlich schlechteren Wachstumsaussichten in den OECD-Ländern und China zurückzuführen.

• Nicht-OPEC-Angebot: Indonesien wird in der jüngsten Projektion zum ersten Mal als Nicht-OPEC-Land aufgeführt, was den Vergleich des Nicht-OPEC-Angebots zwischen den beiden Berichten erschwert. Da sich das erwartete Produktionsniveau im Falle Indonesiens aber nicht wesentlich verändert haben dürfte, lassen sich dennoch einige wichtige Schlüsse ziehen. Die Prognosen sehen für die Zunahme des Rohölangebots aus Nordamerika eine Halbierung vor, da die Produktion der älteren Felder in Mexiko stärker als erwartet zurückgegangen ist.

Die Ölproduktion in den Ländern der früheren Sowjetunion wird für 2009 etwa 0,6 Mio. Barrel pro Tag niedriger angesetzt als in der vorherigen Prognose. Darüber hinaus wird nun erwartet, dass die Produktion aus dieser Region bis 2013 stagniert, sodass das Angebot in jenem Jahr 1,3 Mio. Barrel pro Tag geringer ausfallen dürfte als vorher prognostiziert. Die Korrekturen nach unten spiegeln Abwärtskorrekturen beim Angebot aus Russland wider, die das anhaltende Wachstum in den zentralasiatischen Staaten mehr als kompensieren. In gewisser Weise unterliegen die Ölexporte aus Russland auch dem Einfluss der Ölpreisentwicklung am internationalen Markt. Dennoch lässt die Agentur ihre Besorgnis über die hohen Investitionen in russische Förderprojekte erkennen.

• Bedarf an OPEC Rohöl und Lagerveränderung: Hierbei handelt es sich um einen Ausgleichsposten bei der Aufrechnung von Nicht-OPEC-Angebot und Ölnachfrage. Der Begriff spiegelt den “Raum“ für das Angebot an OPEC-Rohöl und Lagerbestandsveränderungen wider, der zur Herstellung des Gleichgewichts am lmarkt erforderlich ist. Aufgrund des Einbruchs der Ölnachfrage 2009 wird nun prognostiziert, dass dieser Posten etwa 3,6 Mio. Barrel pro Tag unter dem vor einem Jahr erwarteten Niveau liegt.

Dieser Umstand hat zu einer Produktionsdrosselung auf Seiten der OPEC geführt. Es liegt auf der Hand, dass der Ausgleichsposten in den nächsten Jahren wird steigen müssen, allerdings in deutlich kleineren Schritten als bislang prognostiziert (0,55 Mio. Barrel pro Tag und Jahr ggü. 0,92 Mio. Barrel pro Tag und Jahr). Entsprechend liegt der Ausgleichsposten 2013 etwa 5,4 Mio. Barrel pro Tag unter dem vor einem Jahr prognostizierten Niveau. Auch wenn die Welt zunehmend von OPEC-Rohöl abhängig sein wird, dürfte diese Abhängigkeit doch weniger hoch sein als bislang prognostiziert. Das dürfte wiederum preisbelastend wirken.

• Ölförderkapazität der OPEC: Die IEA hat das OPEC-Investitionsprogramm in die Förderung und die entsprechenden Auswirkungen auf die Produktionskapazität untersucht. Nach der Anpassung um Indonesien ist der entscheidende Punkt der jüngsten Prognose darin zu sehen, dass die Kapazitätswachstumsrate der OPEC nun nur noch halb so hoch angesetzt wird wie noch vor einem Jahr (0,15 Mio. Barrel pro Tag und Jahr ggü. 0,29 Mio. Barrel pro Tag und Jahr). Dieses Signal mag zwar sehr positiv für die Preisentwicklung erscheinen, jedoch gilt es auch zu berücksichtigen, was dieses geringere Kapazitätswachstum für die tatsächlichen freien Kapazität bedeutet.

• Freie Kapazität bei der Ölförderung: Die weltweit freien Kapazitäten in der Ölförderung befinden sich in den OPEC Ländern, da in den Nicht-OPEC-Ländern fast immer an der Kapazitätsgrenze gefördert wird. Produktionssenkungen im Jahr 2009 auf Seiten der OPEC haben in diesem Jahr eine spürbare Zunahme der freien Kapazität bewirkt, die sich nahe 6,0 Mio. Barrel pro Tag bewegt, wohingegen im Jahr zuvor noch 4,2 Mio. Barrel pro Tag prognostiziert wurden. Auch wenn aktuell erwartet wird, dass sich dieser Kapazitätsüberhang mit der Zeit reduziert, liegen die für 2013 prognostizierten freien Kapazitäten mit 3,4 Mio. Barrel pro Tag doch deutlich über den 1,9 Mio. Barrel pro Tag, die im letztjährigen Bericht für dieses Jahr angesetzt wurden. Dieses Signal ist besonders preisbelastend.

• Auswirkungen für den Ölmarkt: Die jüngsten mittelfristigen Ölmarktprojektionen zeichnen ein Bild schwächerer Ölnachfrage in diesem Jahr und schwächeren Wachstums bis zum Jahr 2013. Obwohl ein recht blutleeres Angebotswachstum aus den Nicht-OPEC-Staaten prognostiziert wird, dürfte die erwartete zunehmende Abhängigkeit der Welt von der OPEC nicht so schnell steigen wie bislang angenommen. Hinzu kommt, dass das erwartete Wachstum der OPEC-Kapazität einen deutlichen Anstieg der freien Kapazitäten nach sich ziehen dürfte.

Die jüngste Projektion der IEA ergibt somit ein mittelfristig deutlich weniger positives Preisklima. Auch wenn häufig von Sorgen zu hören ist, dass mangelnde Investitionen in die Förderung zu einer Angebotskrise beim Öl führen könnten, lässt der jüngste Bericht der IEA ein zumindest auf Sicht der nächsten fünf Jahre deutlich schwächeres Preisumfeld erwarten. Während wir an unserer Ölpreisprognose von 70 USD je Barrel für das Jahresende festhalten und in der Zwischenzeit stärkere Preisrückgänge nicht ausschließen, sind wir bezüglich der vielzitierten Einschätzung skeptisch, dass die Preise vom aktuellen Niveau aus ins Unermessliche steigen werden. Ein beständig schwaches Wachstum der Ölnachfrage sowie ein anhaltender Überhang bei den freien OPEC-Förderkapazitäten werden das Preisumfeld u.E. auf Sicht der nächsten fünf Jahre beeeinflussen.


Auf einen Blick

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: “Rohstoffe kompakt“, Commerzbank AG





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