Orangensaft: Wann endet der Preisverfall?


Rückläufige Florida-Ernte
Durchaus “bullische“ News gab es kürzlich von Seiten des US-Landwirtschaftsministeriums: Für die laufende Saison erwarten die Behörden einen Rückgang der Florida-Ernte von 170 Millionen Kisten 2008 auf 158 Millionen Kisten im laufenden Jahr. Damit bewegt sich die neuste Schätzung leicht unter den vorherigen Prognosen von 162 Millionen Boxen. Ebenfalls zurückgenommen wurden die Vorhersagen für die Saft-Erzeugung. Im letzten Jahr wurde der Rekordwert von 1,67 Gallonen pro Box produziert. 2009 sollen es lediglich 1,61 Gallonen werden.
Versorgungsengpässe dennoch nicht zu befürchten
Wenngleich die Nachrichten grundsätzlich die Vermutung steigender Notierungen nähren könnten, sollten Anleger nicht vergessen, dass Versorgungsengpässe bei Orangensaft bis auf weiteres ganz bestimmt nicht drohen. Immerhin befinden sich ausweislich des jüngsten Cold Storage Reports 1,19 Milliarden amerikanische Pfund Orangensaft-Konzentrat in den US-Kühlhäusern. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies einen Anstieg um 42 Prozent.
Abgesehen davon dürfte auch in Brasilien - dem weltweit größten Produzenten von Orangensaft - eine üppige Ernte heranwachsen, nachdem eine Krankheit zwar zwei Millionen Orangenbäume gekostet hat, mittlerweile aber im Griff zu sein scheint. Auf Grund der vergleichsweise niedrigen Weltmarktpreise werden einige Farmer sicherlich andere Feldfrüchte kultivieren und wir gehen davon aus, dass der Orangen-Output ähnlich wie 2008 um etwa acht Prozent fallen dürfte. Nichtsdestotrotz ist der Markt damit immer noch mehr als ausreichend versorgt.
Massive Nachfrage-Schwäche
Das vor allem vor dem Hintergrund der massiven Nachfrage-Schwäche in den traditionellen Konsumentenstaaten, insbesondere den USA. Orangensaft erfreut sich dort bereits seit längerem einer sinkenden Popularität und wird immer öfter durch andere Säfte oder Mischgetränke ersetzt. Negative Auswirkungen auf die Nachfrage dürfte zudem die momentane wirtschaftliche Schwächephase haben, weil Orangensaft im Vergleich zu anderen Durstlöschern relativ teuer ist. In einigen Schwellenländern steigt der Konsum zwar kontinuierlich an, aber auch in diesen Staaten wird die Wirtschaftsflaute nicht spurlos an der Nachfrage vorübergehen. Abgesehen davon sind die dortigen Zuwächse nicht hoch genug, um das Minus in den etablierten Industrienationen zu kompensieren. Ungeachtet der aller Voraussicht nach sinkenden Ernteerträge in Florida stellt sich die fundamentale Situation damit nicht wirklich “bullisch“ dar, so dass wir zur Stunde eher von weiter rückläufigen als steigenden Kursen ausgehen.
Hurrikan-Saison noch in weiter Ferne
Einen Long-Einstieg sollten Anleger frühestens mit Beginn der Hurrikan-Saison ab Sommer in Betracht ziehen, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Wirbelstürme in punkto Häufigkeit und Heftigkeit erst Mitte September bis Mitte Oktober ihren Höhepunkt erreichen. Bis dahin ist noch reichlich Zeit und speziell in den kommenden Wochen und Monaten spricht die Saisonalität sowie das generelle Marktumfeld für einen weiteren Preisverfall.
Technisch unverändert schwach
Auch unter technischen Gesichtspunkten drängen sich Long-Engagements zur Stunde nicht wirklich auf. Sämtliche Abwärtstrends sind unverändert intakt. Im Bereich von 65 US-Cents hat sich zwar eine Unterstützung herausgebildet, aber wenn man sich den Kursverlauf der letzten Monate anschaut, gab es derer viele, bevor es dann wieder eine Etage tiefer ging. Auf Grund des zuletzt gesehenen Anstiegs generieren der MACD und die Stochastik zwar ein Kaufsignal und auch der RSI befindet sich auf dem Weg in den “bullischen“ Bereich. Trotzdem werten wir die technische Lage lediglich als Konsolidierung in dem starken Abwärtssog und sehen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass es im Bereich des Widerstandes bei 70 bis 72 US-Cents wieder südwärts geht. Kurz- bis mittelfristig erwarten wir einen Test der langfristigen Unterstützung bei 60 US-Cents. In diesem Bereich könnte Orangensaft dann vielleicht wieder für die “Bullen“ interessant werden. Derzeit ist das aber eher nicht der Fall.
© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader
Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de