Ausblick 2009 - Rohstoffpreise trotzen der Krise

Als Colonel Drake vor 150 Jahren am 27. August 1858 die erste erfolgreiche Ölbohrungdurchführte, konnte man noch nicht ahnen, dass Rohöl irgendwann zum wichtigstenWirtschaftsgut wird und man für ein Fass dieser flüssigen Substanz rund 150USD bezahlen wird. Das abgelaufene Jahr erwies sich insbesondere für Öl als ein Jahr der Kontraste und Gegensätze. Nach einem fulminanten Anstieg in der ersten Jahreshälfte hat sich der Ölpreis in wenigen Monaten mehr als gedrittelt.
Wir führen dies auf eine Verschlechterung der Nachfrageperspektiven in den Industrieländern und die gestiegene Rolle der Finanzinvestoren zurück, welche ihre zuvor aufgebauten Rohstoffengagements deutlich reduzierten. Wir glauben, dass der Preisverfall der letzten Monate übertrieben ist und der Ölpreis nicht mehr deutlich fallen wird. Wir erwarten dank der Produktionskürzungen durch die OPEC eine Stabilisierung im Frühjahr 2009, ehe zur Jahresmitte wieder ein langfristiger Aufwärtstrend aufgenommen wird. Zum Jahresende dürfte der Preis wieder bei 70 USD pro Barrel liegen.
War die Weltwirtschaft schon vor der Verschärfung der Finanzkrise im Abschwung, so befinden sich die größten Industrieländer mittlerweile in der Rezession. Diese dürfte bis Mitte 2009 andauern. Bedenkt man, dass die OECD-Länder nach wie vor ca. 60% der weltweiten Ölnachfrage stellen, wird dies mit einer deutlich schwächeren Nachfrage nach Rohöl einhergehen. Auch in den Schwellenländern wie China oder Indien, die für den Großteil des Nachfragewachstums in den letzten Jahren verantwortlich waren, gibt es mittlerweile deutliche Anzeichen einer Wachstumsverlangsamung.
So erwartet die Weltbank für China im Jahr 2009 nur noch ein Wirtschaftswachstum von 7,5%. Unsere Analysten gehen sogar von 6,5% aus. Aus diesem Grund rechnen wir derzeit damit, dass die Ölnachfrage in diesem Jahr zurückgeht. Bei der letzten schweren Rezession Anfang der 80er Jahre ging der weltweite Ölverbrauch um knapp 2 Mio. Barrel pro Tag zurück. Heute dürfte der Nachfragerückgang geringer ausfallen, weil damals die Schwellenländer, für die wir in diesem Jahr noch von einem Nachfrageanstieg ausgehen, eine weitaus geringere Rolle spielten. Dieser Anstieg sollte den Rückgang in den OECD-Ländern zumindest teilweise kompensieren.
OPEC-Produktionskürzungen lassen Markt ins Defizit rutschen
Auch wenn die Rohölnachfrage im laufenden Jahr zurückgeht, sollte die Reaktion seitens der Produzenten ausreichen, um den Ölmarkt wieder ins Gleichgewicht zu bringen und das Preisniveau zu stabilisieren. Aufgrund von Produktionskürzungen dürfte das OPEC-Angebot in den kommenden Monaten um bis zu 4,2 Mio. täglich im Vergleich zum letzten September, als die ersten Kürzungen beschlossen wurden, sinken. Diesmal zeigen sich die OPECLänder im Gegensatz zu den 80er und 90er Jahren fest entschlossen, die Kürzungen auch komplett umzusetzen. Denn sie sind mittlerweile auf einen deutlich höheren Ölpreis angewiesen als noch vor wenigen Jahren und haben daher ein starkes Interesse daran, dass der Ölpreis nicht weiter fällt. Da das Angebot stärker zurückgehen wird als die Nachfrage, dürfte der Ölmarkt im Jahr 2009 ein Defizit von bis zu 1 Mio. Barre pro Tag aufweisen.
Dabei könnte auch die Produktion in den wichtigsten Nicht-OPEC-Ländern wie Russland, Mexiko, Norwegen oder Aserbaidschan enttäuschen. So erwägen Russland und Aserbaidschan, die Produktion im Einklang mit der OPEC zu kürzen. Außerdem werden die russischen Exporte mit einem Zoll belegt, welcher den Produzenten bei niedrigen Preisen keine kostendeckenden Ausfuhren mehr erlaubt. In Mexiko und Norwegen kämpft man dagegen vergeblich gegen den Produktionsrückgang der älteren Ölfelder. Norwegen, verzeichnete im vergangenen Jahr einen Produktionsrückgang um 4,5% auf 2,1 Mio. Barrel pro Tag. Die Produktion auf einem der größten Ölfelder der Welt, Cantarell in Mexiko, sollte von 2,1 Mio. Barrel im Jahr 2003 auf 700 Tsd. Barrel in diesem Jahr fallen.

Zudem werden zahlreiche geplante Projekte, welche zur Amortisierung deutlich höhere Preise erfordern, zunächst auf Eis gelegt. Zu nennen sind hier insbesondere die Gewinnung von Rohöl aus Ölsanden in Kanada und Tiefseebohrungen vor der Küste Brasiliens. Die Internationale Energieagentur hat aus diesem Grund in ihrem aktuellen Langfristausblick vor einer drohenden langfristigen Energieverknappung gewarnt. Wie ein Blick auf die Terminkurve zeigt, geht der Markt langfristig wie auch schon vor einem Jahr von einem Ölpreisniveau von etwa 80 USD je Barrel aus (Grafik 6). Wir dürften uns daher bereits in einer spekulativen Übertreibung nach unten befinden, welche allein mit fundamentalen Faktoren nicht mehr zu erklären ist, sondern vielmehr auf den extremen Pessimismus der Finanzinvestoren zurückzuführen ist. Wir erwarten daher eine Stabilisierung der Ölpreis im Bereich von 40-50 USD je Barrel im Frühjahr 2009, bevor der Ölpreis zur Jahresmitte seinen langfristigen Aufwärtstrend wieder aufnimmt.