Edelmetalle Aktuell


Der Goldpreis orientierte sich in dieser Woche erwartungsgemäß erneut am Dollar und am Ölpreis und konnte deshalb zeitweise deutlich zulegen. Neben diesen beiden Faktoren dürfte aber auch wieder eine Rolle gespielt haben, dass Gold derzeit, unabhängig von diesen konkreten äußeren Einflüssen, von längerfristig orientierten Investoren eindeutig als möglicher sicherer Hafen für einen Teil ihres Vermögens angesehen wird. Am Ende legte die Notierung deshalb von 770 $ am vergangenen Freitag auf in der Spitze 834 $ zu. Geholfen haben dürfte dabei zusätzlich auch die Charttechnik, denn das gelbe Metall durchbrach bei 775 $ und dann bei 795 $ gleich zwei Widerstandspunkte.
Allerdings konnte das Metall am Ende nicht auf dem hohen Niveau bleiben, bis heute Nachmittag fiel es wieder auf ein Niveau knapp über der 800er-Marke zurück. Der Rückfall des US-Dollars von seinem Acht-Wochenhoch bei etwas über 1,34 und der Rückgang des Ölpreises, der kurzzeitig auf über 49 $ geklettert war, haben dabei ihren Einfluss geltend macht.
Für relativ großen Wirbel sorgten in Deutschland in dieser Woche Presseberichte, nach denen Gold angeblich zum ersten Mal in eine “Backwardation“ gerutscht sei, d.h. dass die Terminpreise tiefer liegen als die Kassapreise. Daraus wurde von Kommentatoren geschlossen, dass bei einem Andauern der Situation dies ein Beleg für eine starke physische Knappheit des Goldes sein könnte. Wir halten diese Diskussion zumindest im Moment für einen Sturm im Wasserglas: Terminkurse für Gold sind ausschließlich eine Folge des Zinsunterschieds zwischen den Goldzinsen (die in jüngster Zeit angestiegen sind, weil Zentralbanken und Investoren insgesamt weniger bzw. nur mit höheren Kreditmargen verleihen) und den Dollarzinsen (die vergleichsweise niedrig sind, nachdem die US-Notenbank mehrfach die Leitzinsen gesenkt hat).
Die gestiegenen Kreditmargen sind dabei keinesfalls eine spezielle Erscheinung nur auf dem Goldmarkt, sondern eine natürliche Folge einer entsprechenden Entwicklung auf den (Geld-)Kreditmärkten. Deshalb sind wir auch nicht der Meinung, dass sich aus den gestiegenen Zinsen ein irgendwie speziell bei Goldleihen erhöhtes Ausfallrisiko ablesen ließe. Goldleihen dienen, wenn überhaupt, heute nur zum kleinsten Teil zur Finanzierung spekulativer Minuspositionen. Der allergrößte Teil der Goldleihen von Zentralbanken an Banken wird indirekt verwendet zur Finanzierung von Beständen bei Weiterverarbeitern, bei industriellen Endkunden und in der Schmuckindustrie. Auch für die Finanzierung der verbliebenen Termingeschäfte von Minen, die in den letzten Jahren allerdings massiv verringert wurden, wurde und wird noch Leihegold eingesetzt. In beiden Anwendungsbereichen dienen Goldleihen zu dem Zweck, Preisrisiken zu vermeiden und erhöhen sie nicht. Das Gold ist auch in beiden Fällen nicht verschwunden, sondern immer noch vorhanden, in erstere m im Produktionsprozess der Unternehmen, die Leihenehmer sind, im zweiten bei den Minen in der Erde in Form noch nicht abgebauten Erzreserven.
Übrigens gab es die aktuelle Konstellation beim Gold bisher zwar sehr selten, aber sie kam, insbesondere, was kurzfristige Laufzeiten von Termingeschäften angeht, in den letzten Tagen keineswegs zum ersten Mal vor. Darüber hinaus ist eine Backwardation bei den 10 bzw. 100mal selteneren Metallen Platin und Rhodium lange Zeit gang und gäbe gewesen und auch beim Silber kam eine solche Marktsituation des Öfteren und auch für längere Zeiträume vor, ohne dass man heute bei einem dieser Metallen von einer nachhaltigen physischen Knappheit reden kann.
Allerdings - und das soll nicht verschwiegen werden - sind theoretisch(!?) durchaus Szenarien denkbar, in den Gold auch wirklich einmal knapp werden könnte. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn sich weltweit oder auch nur in Deutschland tatsächlich eine Mehrheit der Anleger entscheiden würde, ohne Rücksicht auf den Preis Gold als Beimischung ins Depot zu nehmen. Bei einem Geldvermögen alleine in Deutschland von rund drei Billionen Euro (ohne Anlagen in Versicherungen) würden die oft genannten 5% Anlagesumme in Gold rund 7.500 Tonnen des gelben Metalls ausmachen.
Einer etwas älteren Studie zufolge haben die Deutschen in ihren Tresoren bereits rund 3.000 Tonnen, aber die “fehlende“ Menge würde noch immer fast zwei Weltjahresproduktionen ausmachen. Bei einem solchen Ansturm auf das Gold würden die normalen Korrekturmuster des Goldmarktes, z. B. nach dem Motto “Hohe Preise -> Weniger Schmuckabsatz, höhere Produktion, mehr Recyclingaufkommen -> Niedrigere Preise“ sicher nicht mehr funktionieren.
Aber noch ist es nicht soweit und die realen Nachrichten dieser Woche vom Goldmarkt sprechen denn auch eine andere, weniger euphorische Sprache: Die türkischen Goldimporte sind im November auf 15 Kilo(!) “zusammengebrochen“, den niedrigsten jemals an der Goldbörse in Istanbul verzeichneten Wert. Dieses ist im Vergleich zum Vorjahr ein 99,9%iges Minus. Auch im Oktober hatte das mit der Finanz- und Wirtschaftskrise auf den Exportmärkten begründete Minus schon 98,5% betragen. Einer der wichtigen Märkte für Goldschmuck, Abu Dhabi, berichtete denn in dieser Woche auch über einen 20%igen Rückgang des Absatzes für November. Einen gewissen Ausgleich zu dem sinkenden Absatz schafft die gleichzeitig fallende Neuproduktion in etlichen Ländern, allen voran in Südafrika, wo im Oktober ein erneuter Rückgang der Ausbringung um 14,4% im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet wurde. Weiter nordwestlich, in Ghana gab es dagegen ein leichtes Plus: Für die ersten neun Monate wurde eine Steigerung in Höhe von 2% auf 1,9 Millionen Unzen berichtet. Damit steht Ghana allerdings weiter nicht einmal unter den 10 größten Goldförderern auf der Welt, auf die Gesamtbilanz des Goldmarktes (und damit den Preis) sollte der minimale Zuwachs deshalb keinen Einfluss haben.
Bei den Investmentbarren gab es in der letzten Woche keine größeren Veränderungen, die Nachfrage dauerte auf etwas niedrigerem Niveau weiter an, angesichts der mit Hochtouren laufenden Produktion konnten die Wartezeiten zumindest bei den größeren, gegossenen Barren aber weiter im Zaum gehalten werden. Allerdings kommt bei den Barrenproduzenten nun erst einmal die verdiente Weihnachtspause, so dass sich im Januar je nach Nachfrageentwicklung der Rückstau erst noch einmal wieder vergrößern dürfte.
Relativ ruhig war es bei den Zentralbanken. Die EZB berichtete für die letzte Woche von Goldverkäufen in Höhe von etwas über zwei Tonnen durch zwei ihrer Mitgliedszentralbanken