Oil Markets Weekly

Der Produktionsausfall in Aserbaidschan, rückläufige US-Lagerbestände und die Bildung des nächsten Tropensturms in der Karibik, “Fay“, haben den Preisverfall an den Ölmärkten in der letzten Woche etwas gebremst. Zwischenzeitlich testete Brent jedoch infolge schwacher Konjunkturdaten aus der Eurozone und des nochmals stärkeren US-Dollars die 110 USD-Marke.

Wir gehen weiterhin davon aus, dass das Abwärtspotenzial für die Ölpreise nach dem starken Preisrückgang seit Mitte Juli begrenzt ist. Wir sehen mehrere Faktoren, die preisstützend wirken sollten. So beeinträchtigen neben dem Produktionsausfall in Aserbaidschan die Unruhen in Nigeria das Ölangebot. Zudem hat der Atomkonflikt mit dem Iran das Potenzial, die Ölpreise nach oben zu treiben. Als weiterer Risikofaktor ist die Hurrikan-Saison im Golf von Mexiko zu nennen. Auch dadurch sind Preisspitzen möglich, so dass bis in den Oktober hinein nicht mit weiter rückläufigen Preisen zu rechnen ist. Erst zum Jahresende dürfte eine neue Welle der Entspannung einkehren und die Preise wieder in Richtung 110 USD drücken.

US-Lagerbestände
Die US-Rohölvorräte sind in der vergangenen Woche gefallen. Wie von uns prognostiziert sorgten dabei die sturmbedingten Einschränkungen bei der Abfertigung an der Küste des Golfs von Mexiko für einen kräftigen Rückgang der Importe. Diese sanken um 0,54 Mio. auf 9,66 Mio. bpd, sodass sich die Vorräte trotz der nochmals niedrigeren Raffinerienachfrage (Auslastung -1,1 Prozentpunkte auf 85,9%) um 0,3 Mio. auf 296,5 Mio. boe reduzierten. Das Defizit zum 5-Jahres-Mittel des Monats August liegt damit bei 13,7 Mio. boe (4,4%). Wir sehen dies zwar nach wie vor aufgrund der reduzierten Nachfrage nicht als kritisch an, dennoch dürfte das Defizit während der aktuellen Sturmsaison mit der ständigen Gefahr von Angebotsausfällen unterstützend für die Ölpreise wirken.
Der margenbedingte Rückgang der Raffinerieauslastung verbunden mit niedrigeren Importen sorgte auch bei den Produktbeständen für Vorratsabbauten. Die Benzinbestände fielen um 6,4 Mio. auf 202,8 Mio. boe, die Destillatevorräte sanken um 1,7 Mio. auf 131,6 Mio. boe. Dennoch liegen die Bestände weiterhin auf im historischen Vergleich “normalem“ Niveau, teilweise sogar am oberen Ende der Bandbreite.

Die amerikanische Ölnachfrage ist nach neuesten Zahlen des Energieministeriums im ersten Halbjahr 2008 um durchschnittlich 800 Tsd. bpd (4%) gefallen. Einer der Gründe hierfür ist die allmähliche Umstellung der Fahrgewohnheiten der US-Verbraucher. Statistiken des Verkehrministeriums zufolge sank die Fahrleistung allein im Juni 2008 um 12,2 Mrd. Meilen gegenüber 2007. Zudem zeigen die Zahlen, dass die Amerikaner verstärkt sparsamere Autos kaufen. Diese Verhaltensänderung dürfte sich auch in den kommenden Jahren in einer rückläufigen Ölnachfrage auswirken. Ein unverändert unterdurchschnittliches Konjunkturwachstum und der zunehmende Anteil von Biokraftstoffen unterstützen diese Entwicklung zusätzlich.

Weitere Informationen
Die IEA hat in ihrem jüngsten Monatsbericht nur marginale Änderungen bei ihren Prognosen zur fundamentalen Entwicklung des Ölmarktes vorgenommen. So blieb die Vorhersage für die globale Ölnachfrage des laufenden Jahres mit 86,9 Mio. bpd (+0,9%) nahezu unverändert. Für 2009 hat die Agentur die Prognose um 70 Tsd. auf 87,9 Mio. bpd (+1,1%) angehoben und begründet dies mit geringfügigen Revisionen bei verschiedenen BIP-Annahmen und der Erwartung einer erhöhten deutschen Heizölnachfrage, nachdem die Lagerbestände hier in den letzten Jahren auf historisch niedrige Niveaus gefallen sind.
Angebotsseitig hat die IEA die Prognose für die 2008er Produktion der Nicht-OPEC-Staaten trotz der Ausfälle in Aserbaidschan um 90 Tsd. auf 50,1 Mio. bpd (+0,45 Mio. bpd gegenüber 2007) und für 2009 um 110 Tsd. auf 50,8 Mio. bpd erhöht. Dies wird mit einem etwas verbesserten Ausblick für amerikanische und europäische Projekte begründet. Den Bedarf an OPEC-Öl sieht die Agentur in diesem Jahr bei durchschnittlich 31,8 Mio. bpd, im kommenden Jahr nur noch bei 31,1 Mio. bpd. Im Juli förderte das Kartell 32,8 Mio. bpd (+145 Tsd. bpd gegenüber Juni), während die nicht zur OPEC gehörenden Länder 49,9 Mio. bpd (+520 Tsd. bpd) produzierten.
Trotz des Angebotsüberhanges von rund 700 Tsd. bpd im Durchschnitt des zweiten Quartals sind die Lagerbestände der OECD-Länder in diesem Zeitraum nahezu unverändert geblieben. Die Vorratsreichweite liegt mit 53,4 Tagen dennoch auf einem überdurchschnittlichen Niveau. Die Differenz zum “normalen“ Bestandsaufbau von 0,9 Mio. bpd kann entweder durch einen massiven Vorratszuwachs in den - nicht berichtenden - Staaten außerhalb der OECD oder auch durch einen Revisionsbedarf bei den Schätzungen der Angebots-/Nachfrage-Bilanz begründet werden. Zumindest für Juli weisen vorläufige Daten auf einen Bestandszuwachs um 30 Mio. boe hin.
Die beschädigte BTC-Pipeline in der Türkei befindet sich nach wie vor außer Betrieb. Während einige Quellen eine längere Reparaturzeit befürchten, hat ein Vertreter des türkischen Energieministeriums einen Neustart “in den nächsten Tagen“ angekündigt. Da BP infolge der militärischen Auseinandersetzungen zwischen Georgien und Russland auch die Pipeline zu den georgischen Häfen Supsa und Batumi, eine der Alternativstrecken zum Transport des hochwertigen Öls aus den Ölfeldern Azeri, Chirag und Guneshli in Aserbaidschan, schließen musste, dürfte der Produktionsausfall zwischen 600 und 800 Tsd. bpd liegen. Der Rückzug der russischen Armee und die mögliche schnelle Wiederinbetriebnahme der BTC-Pipeline sind daher gute Nachrichten für die Ölmärkte.

© Andy Sommer
Economics & Research
Quelle: HSH Nordbank AG
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