Oil Markets Weekly

Auch in der vergangenen Woche setzten die Ölnotierungen ihren Abwärtstrend fort. Belastend wirkten hierbei das Widererstarken des US-Dollars, die wohl etwas geringere Ölnachfrage Chinas nach dem Beginn der Olympischen Spiele, der abermalige Anstieg der Ölproduktion der OPEC, der stärker als prognostiziert ausgefallene Lagerbestandsaufbau in den USA und nicht zuletzt der relativ ruhige Verlauf des Tropensturms Edouard. Damit ignorieren die Märkte sogar den Konflikt zwischen Georgien und Russland sowie die Explosion der BTCPipeline im Osten der Türkei, was in den kommenden Wochen zu einem Ausfall der Lieferung hochqualitativen Rohöls aus Aserbaidschan führen wird.

Wir gehen davon aus, dass nach dem starken Preisrückgang seit Mitte Juli das weitere Abwärtspotenzial für die Ölpreise begrenzt ist. Wir sehen mehrere Faktoren, die preisstützend wirken sollten. Neben dem Produktionsausfall in Aserbaidschan beeinträchtigen die Unruhen in Nigeria das Ölangebot. Zudem hat der Atomkonflikt mit dem Iran das Potenzial, die Ölpreise nach oben zu treiben. Als weiterer Risikofaktor ist die Hurrikan-Saison im Golf von Mexiko zu nennen. Auch dadurch sind Preisspitzen möglich, so dass bis in den Oktober hinein nicht mit weiter rückläufigen Preisen zu rechnen ist. Erst zum Jahresende dürfte eine neue Welle der Entspannung einkehren und die Preise wieder in Richtung 110 USD drücken.

US-Lagerbestände
Die US-Rohölvorräte sind in der vergangenen Woche stärker gestiegen als erwartet. Die Kombination erneut leicht höherer Importe (+0,19 Mio. bpd) und sinkender Raffinerienachfrage (Kapazitätsauslastung -0,2 Prozentpunkte auf 87,0%) sorgte für einen Bestandszuwachs um 1,7 Mio. auf 296,9 Mio. boe. Das Defizit zum 5-Jahres-Mittel für August ist damit auf gut 13 Mio. boe geschrumpft. Als Folge der Stürme Dolly und Edouard rechnen wir in den nächsten Wochen jedoch wieder mit etwas schwächeren Import- und Produktionszahlen, was sich temporär belastend auf die Vorräte auswirken dürfte.
Die Benzinbestände gingen zuletzt recht kräftig um 4,4 Mio. auf 209,2 Mio. boe zurück. Die Nachfrage zog hier zwar in den letzten Wochen saisongemäß etwas an, befindet sich im Vergleich zum Vorjahr jedoch weiterhin mit fast 3% im negativen Bereich. Hintergrund der Vorratsreduzierung sind daher vielmehr gesunkene Importe, die fallende Raffinerieauslastung und der margenbedingt stärkere Fokus der Raffinerien auf den Mitteldestillate-Bereich. Dennoch liegen sowohl die absoluten Bestände als auch die Vorratsreichweite weiterhin deutlich am oberen Rand der historischen Bandbreite.
Eine sehr gute Vorratssituation zeigen auch die Mitteldestillate. Trotz der sinkenden Raffinerieauslastung profitiert diese Produktklasse nach wie vor vom margenbedingt steigenden Anteil am Ausstoß der Raffinerien. Gleichzeitig leidet die US-Nachfrage nach Diesel und Kerosin unter der Wirtschaftsflaute und der Bedarf an Heizöl ist saisontypisch sehr gering. Entsprechend erhöhten sich die Lagerbestände in der vergangenen Woche um 2,8 Mio. auf 133,3 Mio. boe.

Weitere Informationen
Tropensturm Edouard sorgte in der letzten Woche nur für geringfügige Beeinträchtigungen der Öl- und Gasindustrie. In der Spitze wurden zwar die Produktion von knapp 78 Tsd. bpd an Öl sowie die Aktivitäten einiger Raffinerien und mehrerer Entladehäfen an der US-Golfküste eingestellt; diese Behinderungen konnten jedoch innerhalb weniger Tage beigelegt werden.
Die Ölproduktion der OPEC ist im Juli nach Reuters-Berechnungen nochmals um 0,25 Mio. auf 32,58 Mio. bpd gestiegen. Insbesondere Saudi Arabien weitete wie angekündigt die Förderung aus. Das Kartell kompensiert damit die Produktionsrückgänge Nigerias, aber auch die Russlands und Mexikos. Angesichts des starken Preisrutsches der letzten Wochen hat das als “Preisfalke“ bekannte Venezuela eine Förderkürzung für die kommende OPEC-Sitzung zur Diskussion gestellt. Andere Mitglieder, unter anderem der algerische Präsident des Kartells, lehnen einen derartigen Schritt mit Hinweis auf das “nach wie vor fundamental nicht berechtigte Preisniveau“ jedoch bislang ab. Erst ab 80 USD für das Barrel OPEC-Öl (derzeit 113 USD) würde man darüber nachdenken.
Im Osten der Türkei ist am vergangenen Donnerstag ein Teil der Baku-Tbilisi-Ceyhan-Ölpipeline (durch die kurdische PKK?) in Brand geraten. Die Pipeline transportiert Rohöl und Kondensate von den Öl- und Gasfeldern ACG und Shah Deniz in Aserbaidschan zum türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan und hat eine Auslastung von etwa 800 Tsd. bpd. BP, der mit 30% größte Anteilseigner der Pipeline, rechnet für die Reparatur mit einer Zeitdauer von mindestens zwei Wochen.
Da die als Alternativen zur Verfügung stehenden Routen (z.B. über die Häfen Noworossisk in Russland oder Supsa in Georgien, beide am Schwarzen Meer) jedoch zu klein sind, Öl schlechterer Qualität transportieren oder aufgrund des militärischen Konflikts zwischen Russland und Georgien sehr unsicher sind, muss das ACG-Konsortium einen großen Teil der Förderung und Exporte in der Zwischenzeit einstellen. BP gibt dies mit mindestens 400 Tsd. bpd an, andere Quellen sprechen sogar von 640 Tsd. bpd. Angesichts des derzeitigen Angebotsüberschusses am Weltmarkt dürfte dieser Produktionsausfall zunächst kompensiert werden können.
Sollte sich die Wiederinbetriebnahme der Pipeline - z.B. infolge des Konflikts zwischen Russland und Georgien - jedoch verzögern, würde dies nicht nur infolge der zum Herbst saisonal ansteigenden weltweiten Nachfrage, sondern auch wegen des besonders hohen Anteils mittelschwerer Moleküle (zur Produktion von Heizöl, Diesel etc.) im ACGÖl zu Preissteigerungsdruck führen.

© Andy Sommer
Economics & Research
Quelle: HSH Nordbank AG
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