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Kupfer: Nachfragesorgen versus Angebotsrisiken

17.06.2008  |  Sven Streitmayer
Markt: Kupferpreis fällt auf 10-Wochentief

Der seit Ende vergangenen Jahres währende steile Aufwärtstrend des Kupferpreises gipfelte Mitte April in einem neuen historischen Höchststand bei rund 8.900 USD je Tonne. Im Anschluss setzte eine Korrekturbewegung ein, welche das rote Metall bis Anfang Juni erstmals seit 10 Wochen wieder unter die psychologisch relevante 8.000er-Marke führte. Initiiert wurde die Trendwende am Kupfermarkt von der Erholung des USDollars, der in den letzten Monaten regelmäßig die kurzfristige Richtung an den Metallmärkten diktierte. Aber auch die im Vergleich zum Vorjahr rückläufigen Kupferimporte Chinas (Jan-April), die Beilegung der größten Tarifkonflikte in den Minen Lateinamerikas sowie die konjunkturelle Abkühlung in den USA und Europa sorgen derzeit für Preisdruck nach unten.

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Lagerbestände signalisieren kaum Entspannung

Die weltweiten Kupferlagerbestände der drei großen Metallbörsen LME, Comex und Shanghai Futures Exchange belaufen sich derzeit auf rund 172.000 t. Gemessen am Weltverbrauch entspricht dies einer Reichweite von etwa 3½ Tagen. Die zurzeit wieder vermehrt diskutierte These einer signifikanten Nachfrageabschwächung lässt sich anhand der Lagerbestandsentwicklung demnach nicht bestätigen. Im Gegenteil: der Kupfermarkt ist weiterhin von Knappheit geprägt. Seit Jahresbeginn sind die Lagerbestände um rund 14% gefallen. Am Terminmarkt schlägt sich dies in der hohen Verfügbarkeitsprämie für physisches Material nieder. So wird der Dreimonatskontrakt an der LME aktuell mit einem Abschlag von rund 140 USD gegenüber dem Spotpreis gehandelt (Backwardation).


Rückzug der Spekulanten und Investoren belastet

Der Stimmungsumschwung am Kupfermarkt lässt sich gut anhand der Aktivität der Kupferinvestoren und -Spekulanten illustrieren. Noch vor sechs Wochen hatten diese mit einem Netto-Investitionsvolumen von rund 880 Mio. USD (ca. 100.000 t) auf steigende Kupfernotierungen gewettet. Diese hohe Netto-Long-Position wurde nun vollständig aufgelöst, was weiteren Verkaufsdruck brachte.

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Chinesische Nachfragedynamik lässt nach

Für kontroversen Gesprächsstoff sorgen derzeit die rückläufigen Kupferimporte Chinas (Jan-Apr: -22% YoY), welche zuvor als der primäre Treiber der Kupferpreishausse galten. Die Maidaten für die Importe von raffiniertem Kupfer stehen noch aus. Doch die bereits veröffentlichten Importzahlen für Rohkupfer und Kupferprodukte zeigen einen erneuten Rückgang um rund 19% ggü. dem entsprechenden Aprilwert.

Nimmt man zu den Netto-Importen noch die heimische Produktion hinzu und bereinigt den Wert um Lagerveränderungen, so erhält man die sichtbare Kupfernachfrage Chinas (ohne strategische Reserve). Wie nebenstehende Abbildung zeigt, lässt sich durchaus eine Verlangsamung des Nachfragewachstums im Reich der Mitte konstatieren. Wir halten diese Entwicklung jedoch aus mehreren Gründen nicht für dramatisch. Erstens überzeichnet der Vorjahresvergleich die tatsächliche Situation, da im Zeitraum Jan-Apr 2007 weit überdurchschnittliche Mengen an Kupfer importiert wurden (Aufbau strategischer Reserven). Darüber hinaus führte das (für chinesische Käufer) ungünstige Preisgefälle zwischen LME-Preisen und heimischen Preisen, wie auch das insgesamt hohe Preisniveau zu einer temporären Kaufzurückhaltung,
die u.E. nicht nachhaltig sein dürfte.


Angebotsseitige Engpässe sorgen für Marktdefizit

Angebotsseitig sind die Risiken für ein erneutes Marktdefizit im laufenden Jahr zuletzt deutlich gestiegen. Neben den notorischen streikbedingten Produktionsausfällen, sorgen derzeit v.a. die sinkende Qualität der Kupfererze, Energieknappheit (z.B. Chile, Südafrika) und Verzögerungen bei neuen Kupferprojekten für eine verminderte Minenproduktion. So musste Chile, als weltweit wichtigster Minenproduzent (>1/3 der Weltproduktion) bereits das zweite Quartal in Folge eine rückläufige Kupferproduktion melden. Vor diesem Hintergrund halten wir ein erneutes Defizit am globalen Kupfermarkt im laufenden Jahr für sehr wahrscheinlich.

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Fazit

Angesichts des aktuell negativen Sentiments und der anhaltenden Diskussionen über eine (vermeintliche) Nachfrageabschwächung in China dürfte der Kupferpreis vorerst weiter unter Druck bleiben. Mittel- bis langfristig lassen die akuten Angebotsengpässe und das niedrige Lagerniveau indes wenig Spielraum für nachhaltig sinkende Kupferpreise.


© Sven Streitmayer
Commodity Analyst

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart





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