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Lebendrind: Short-Spekulation lohnenswert?

06.06.2008  |  Marc Nitzsche
Selbst für vergleichsweise versierte Rohstoff-Anleger sind die Fleischmärkte häufig immer noch ein “Buch mit sieben Siegeln“. Eigentlich schade, denn das Segment ist relativ einfach zu handeln und zeichnet sich darüber hinaus durch eine bei Tradern sehr beliebte Volatilität aus. Nehmen wir nur einmal Lebendrind: Im März brachen die Notierungen innerhalb kurzer Zeit um rund zehn Prozent ein, nur um sich dann beinahe ebenso schnell wieder zu erholen. Zuletzt jedoch kam es zu neuerlichen Rücksetzern. Lesen Sie, ob es sich dabei lediglich um eine kleinere Korrektur handelt oder ob die Schlachtrind-Preise demnächst in einen abermaligen Abwärtssog geraten.


Langsameres Wachstum des US-Outputs erwartet

Seinen dynamischen Kursanstieg in den Monaten April und Mai verdankte der Markt vor allem einigen “bullischen“ Nachrichten seitens des US-Landwirtschaftsministeriums. So sank der Gesamtbestand an Tieren gegenüber dem Vorjahr um drei Prozent auf nur noch 96,7 Millionen Stück. Zum ersten Mai befanden sich 11,135 Millionen Rinder in der Mast - 1,4 Prozent weniger als im gleichen Monat 2007. Die April-Placements gingen um zwei Prozent zurück. Gleichzeitig stiegen die Marketings um satte elf Prozent. Angesichts dieser Zahlen ist es kein Wunder, dass die Behörden für das Gesamtjahr 2008 nur noch mit einem Produktions-Plus in Höhe von 1,1 Prozent auf 26,7 Milliarden Pounds rechnen. Bislang beträgt der Zuwachs 2,7 Prozent. Wenngleich diese Zahlen im Wesentlichen so erwartet worden waren, gab es offenbar einige Marktteilnehmer, die mit einem höheren Output gerechnet hatten und demzufolge auf dem falschen Fuß erwischt worden waren.


Rindfleisch beiliebe keine Mangelware

Nichtsdestotrotz wird den Amerikanern das Rindfleisch so schnell sicherlich nicht ausgehen. Die Produktion ist in den vergangenen zehn Jahren jedes Jahr signifikant angewachsen und befindet sich demzufolge auf einem historisch hohen Level. Bereits in der Vergangenheit hat sich mehr als einmal gezeigt, dass der Markt bestens versorgt ist. Genau genommen erzeugen die Vereinigten Staaten so viel Rindfleisch, dass die dortigen Bürger dieses selbst schon lange nicht mehr vollständig verzehren können, insbesondere seit dem ersten BSE-Fall in den USA aus dem Jahr 2003. Rein auf nationaler Ebene betrachtet weist der Markt also einen massiven Angebotsüberschuss auf.


Anhaltend starker Export

Dass die Kurse dennoch so hoch notieren, liegt in erster Linie an dem “brummenden“ Export. Gerade in den boomenden Schwellenländern Asiens kommt der sukzessive zunehmende Wohlstand durch veränderte Ernährungsgewohnheiten zum Ausdruck. Fleisch gilt als Zeichen von Wohlstand und wird demzufolge von den dortigen Menschen vermehrt verzehrt. Auf Grund der hohen Bevölkerungsdichte sind die meisten asiatischen Staaten zudem nicht in der Lage, ihren steigenden Bedarf eigenständig zu decken. Sie müssen also große Mengen Rindfleisch einfuhren und neben Südamerika sind die USA die bedeutendste Export-Nation.


Südkorea wieder vollständig geöffnet

Wegen des erwähnten BSE-Falls stoppten jedoch Länder wie Japan und Südkorea einige Jahre die Einfuhren aus den Staaten. Dieses Kapital scheint nun abgeschlossen zu sein. Japan importiert bereits seit längerem wieder uneingeschränkt amerikanisches Rindfleisch und auch Südkorea gab kürzlich bekannt, dass man ab diesem Monat die Einfuhren in vollem Umfang aufgenommen werden. Erste Lockerungen des Importverbotes gab es bereits 2006. Südkorea ist ein extrem wichtiger Absatzmarkt für US-Rindfleisch. Insofern verwundert es nicht, dass die Nachricht zu deutlich steigenden Kursen geführt hatte. Längerfristig sind für die die Rindfleischpreise daher zumindest moderat “buhlisch“ gestimmt.


Nachfrage-Rückgang während des Sommers

Kurz- bis mittelfristig sieht es hingegen etwas anderes aus: So schön die Aufhebung des südkoreanischen Importverbots für die amerikanischen Produzenten auch sein mag, man sollte nicht vergessen, dass ein Großteil des erzeugten Rindfleisch nach wie vor im Land selbst konsumiert wird. Und erfahrungsgemäß bevorzugen die US-Bürger in den warmen Sommermonaten Geflügel und Schwein. Deshalb ist nicht auszuschließen, dass es in den kommenden Monaten zu einer Abschwächung der Inlandsnachfrage kommt. Ob der Export diese vollständig kompensieren kann, muss zumindest bezweifelt werden. Letztlich wird man den Absatz nur durch niedrigere Preise ankurbeln können. Von daher gehen wir davon aus, dass die Lebendrind-Notierungen in nächster Zeit weiter korrigieren werden, wobei sich das Abwärtspotenzial in Anbetracht des geringeren Produktionswachstums und des starken Exports vor allem in asiatische Länder in einem vergleichsweise überschaubaren Rahmen bewegen sollte.


Technik klar “bärisch“

Auch charttechnisch deutet gegenwärtig alles darauf hin, dass wir in den nächsten Tagen und Wochen noch einmal tiefere Kurse sehen werden. Im Bereich des Widerstandes bei 98 US-Cents ist der Markt kraftvoll nach unten abgeprallt. Mittlerweile wurde der 18tägige gleitende Durchschnitt erkennbar unterschritten, was wenig Gutes für die “Bullen“ verheißt. Die Stochastik generiert bereits seit längerem ein Verkaufssignal und der MACD steht unmittelbar davor, dies ebenfalls zu machen. Auch der RSI befindet sich im “Sinkflug“ und ist nicht mehr weit davon entfernt, in den “bärischen“ Bereich (unter 50) vorzudringen. Sollte die Widerstandszone zwischen 91 und 94 US-Cents durchbrochen werden, halten wir es für vorstellbar, dass die März-Tiefs noch einmal getestet werden, bevor es wieder aufwärts geht. Im günstigsten Fall sehen wir daher auf der “Down-Seite“ ein Potenzial von rund acht Prozent.


© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader







Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de
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