Hinzu kommt, dass sich auch die Perspektiven für die US-Ölproduktion dank der höheren Preise verbessert haben. Denn auch der für die US-(Schiefer-)Ölproduzenten maßgebliche WTI-Ölpreis notiert inzwischen entlang der gesamten Terminkurve deutlich oberhalb von 50 USD je Barrel. Mit der üblichen Verzögerung von drei Monaten dürften die Bohraktivitäten, die in den Sommermonaten stagniert hatten und zuletzt sogar rückläufig waren, wieder zunehmen.
Auch die US-Energiebehörde EIA hatte in einer Analyse von 50 börsengehandelten Ölunternehmen weiterhin stark steigende Investitionsausgaben der Unternehmen festgestellt. Die US-Rohölproduktion ist im Sommer zwar weniger stark gestiegen als von der EIA zunächst erwartet. Dennoch geht die EIA weiterhin von einer steigenden Produktion aus. Ende September erreichte das Produktionsniveau fast wieder das 44-Jahreshoch vom Frühjahr 2015 (Grafik 12). Begünstigt durch die hohe Preisdifferenz zwischen Brent und WTI gelangt gleichzeitig erheblich mehr Rohöl aus den USA an den Weltmarkt (Grafik 4).
Die OPEC setzte die vereinbarten Produktionskürzungen auch im dritten Quartal größtenteils um, wobei die Disziplin stark von Land zu Land variierte (Tabelle 1). Russland hat die Produktion im August und September sogar stärker gekürzt als notwendig. Die OPEC dürfte allerdings ihr Ziel, die kommerziellen Ölvorräte in den OECD-Ländern wieder auf den Durchschnitt der letzten fünf Jahre zu drücken, bis Jahresende nicht erreichen. Daher ist eine erneute Verlängerung oder sogar Ausweitung der Produktionskürzungen im Gespräch. Darüber wollen die beteiligten Produzentenländer frühestens auf der OPEC-Sitzung Ende November oder erst im Januar entscheiden.
Ohne eine Verlängerung über das erste Quartal 2018 hinaus droht dem Ölmarkt im nächsten Jahr ein erneutes Überangebot. Denn Spielraum für eine Ausweitung der OPEC-Produktion vom gegenwärtigen Niveau besteht im nächsten Jahr nicht. Die IEA unterstellt nämlich einen Anstieg der globalen Ölnachfrage im nächsten Jahr von 1,4 Mio. Barrel pro Tag und ein Wachstum des Nicht-OPEC-Angebots von 1,5 Mio. Barrel pro Tag. Die Enttäuschung über den von nun an nur schleppenden Abbau des Überangebotes dürfte viele Finanzanleger zum Ausstieg aus ihren in den letzten Wochen aufgebauten Netto-Long-Positionen veranlassen.
Das Korrekturpotenzial ist dabei beträchtlich, da die spekulativen Netto-Long-Positionen bei Brent Ende September ein Rekordniveau von mehr als 520 Tsd. Kontrakten erreichten (Grafik 5). Wir denken, dass Brentöl zum Jahresende weniger als 50 USD je Barrel kosten wird. Der von uns erwartete graduelle Preisanstieg auf 55 USD je Barrel im nächsten Jahr unterstellt, dass es nicht zu einem erneuten Überangebot kommen wird.
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