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Naturkautschuk: Überraschend knappe Versorgungslage

02.03.2017  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
Der Preisanstieg bei Kautschuk in den letzten Monaten ist der Tatsache geschuldet, dass sich Angebot und Nachfrage gegenüber den Erwartungen von vor einem Jahr fast spiegelbildlich entwickelt haben. Eine erstaunlich dynamische Nachfrage traf auf ein schwaches Angebot. Auch für 2017 wird von vielen Beobachtern mit einem weiteren Defizit am Markt für Naturkautschuk gerechnet.

Anfang letzten Jahres deuteten die Prognosen auf eine weiterhin üppige Versorgung der Märkte mit Naturkautschuk hin. Das Analysehaus The Rubber Economist hatte damals für die Jahre 2016 und 2017 Überschüsse am Markt für Naturkautschuk von jeweils über 400 Tsd. Tonnen prognostiziert. Inzwischen hat es die Bilanz für 2016 in ein Defizit von 151 Tsd. Tonnen gedreht - was den Überschuss von 131 Tsd. Tonnen aus 2015 bereits wieder vollständig aufzehrt.

Angebotsseitig hat eine niedrigere Produktion als vorhergesagt die Bilanz belastet. Nach Angaben der Vereinigung der Naturkautschuk produzierenden Länder ANRPC haben ihre Mitglieder, die für nahezu die komplette Weltproduktion stehen, 2016 nur marginal mehr als 2015 produziert. Damals hatte das El-Niño-Phänomen in wichtigen Kautschukgebieten Asiens für zu trockene Witterung gesorgt, die mit Buschfeuern einhergegangen war und die Ernte erschwert hatte. Eigentlich war 2016 mit einem deutlichen Anstieg gerechnet worden, da viele Plantagen nach jahrelanger Entwicklung erntereif wurden.

Besonders beim größten Produzenten Thailand war es aber ab Herbst 2016 über längere Zeit regenbedingt zu Produktionsunterbrechungen gekommen. Zwar geben die Exporteure an, genug Ware auf Lager zu haben, um ihren Verpflichtungen auch 2017 nachkommen zu können. Zudem gab die Regierung Mitte Februar nochmals rund 100 Tsd. Tonnen Kautschuk aus staatlichen Lagerbeständen über Auktionen ab.

Nach Angaben der thailändischen Kautschukvereinigung dürfte aber 2016 die Produktion um 300 Tsd. Tonnen unter dem Rekord von rund 4,5 Mio. Tonnen aus 2015 geblieben sein. 2017 dürfte sie als Folge der Überflutungen nochmals etwa 10% rückläufig sein.

Nachfrageseitig hat die chinesische Autonachfrage, unterstützt durch eine Kürzung der Verkaufsteuer, positiv überrascht. Und die Autoproduktion in China übertraf im November 2016 zudem erstmals die Marke von 3 Mio. Fahrzeugen. Nach Angaben der ANRPC war die globale Nachfrage nach Naturkautschuk zwischen Januar und November 2016 4,3% höher als im Vorjahr. Die chinesische Vereinigung der Automobilproduzenten erwartet, dass auch 2017 die Autoverkäufe des Landes mit 5% kräftig weiter steigen - was auch positive Impulse für den Kautschukmarkt verheißt.

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The Rubber Economist erwartet nun auch für 2017 ein kleines und für 2018 sogar ein größeres Defizit. Für 2017 zeigte sich im Januar auch die ANRPC skeptisch: Sie erwartet im laufenden Jahr eine Fehlmenge von 350 Tsd. Tonnen.

Im Oktober 2016 hatte die ANRPC prognostiziert, dass ihre Mitgliedsländer im Jahr 2023 18% mehr Kautschuk produzieren werden als heute, darunter das größte Produzentenland Thailand 20% mehr. Die globale Produktion soll sogar um 27% zulegen, so dass der Anteil der ANRPCLänder an der Weltproduktion von aktuell 96% auf unter 90% sinkt. Dennoch droht laut ANRPC längerfristig eine knappere Marktversorgung. Die ANRPC erwartet für das Ende des Prognosehorizonts 2023 ein Defizit von 165 Tsd. Tonnen.

Auch wenn die International Rubber Study Group IRSG optimistischer ist - sie geht zwar für 2016 ebenfalls von einem Defizit aus, erwartet für die kommenden Jahre aber keine weiteren Defizite - hat die enger als erwartete Versorgungslage die Preise schon stark nach oben getrieben.

Vor gut einem Jahr notierte Naturkautschuk in Singapur nach jahrelangen Marktüberschüssen bei wenig über 100 US-Cents je Kilogramm auf dem niedrigsten Stand seit September 2003. Nach einem Anstieg um über 80% seit September 2016 kostete Kautschuk in Singapur Mitte Februar wieder über 230 US-Cents je Kilogramm und war damit so teuer wie zuletzt Ende 2013.

Zuletzt gaben die Notierungen aber wieder nach, nachdem das Ende der Überflutungen in Thailand ein Anziehen der Produktion wahrscheinlich macht. Auch bremsen die noch immer hohen Lagerbestände in China die Preisentwicklung. Behalten die Beobachter mit ihren Defizitschätzungen recht, dürfte sich der Preis aber auch längerfristig über 200 US-Cents je Kilogramm halten. Und wenn nun bald die produktionsarme Jahreszeit ("wintering") in wichtigen Produzentenländern beginnt, dürfte dies dem Preis zumindest vorübergehend zusätzlich Auftrieb geben.

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: 'Rohstoffe kompakt', Commerzbank AG



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