Dicke Luft


Seit dem Jahr 2011 ist eine gewisse Stagnation erkennbar. Der Wert des Jahres 2015 zeigt ein Minuswachstum gegenüber dem Vorjahr. Ähnlich wie die Smog-Alarme im Deutschland der 1970er und 1980er Jahre dürften sich die häufigen „Dreckschwaden“ in Chinas Großstädten während der Heizperiode positiv auf die Ernsthaftigkeit der Umweltaktivitäten der chinesischen Regierung ausgewirkt haben. Niemand möchte eine solche Situation regelmäßig durchmachen müssen, erst recht nicht eine Situation des Perma-Smogs.
Laut einer Studie der internationalen Energieagentur ist der Energiesektor zu 78 Prozent für die Entstehung von Gasen wie CO2, Methan und Stickoxiden verantwortlich. Der Rest verteilt sich auf die Landwirtschaft (11%), industrielle Prozesse (7%) und andere (14%) wie das großflächige Verbrennen von Biomasse.
Aus Sicht des Energiesektors ist die Verbrennung von Kohle für knapp die Hälfte der CO2-Emissionen verantwortlich (46%). Es folgen Erdöl (33%) und Erdgas (20%). In den 1970er Jahren lag Erdöl mit einem Anteil von 50 Prozent vorn.
Es sollte deshalb keine große Überraschung darstellen, dass der Transportsektor mit einem vergleichsweise geringen Anteil von 23 Prozent zum CO2-Ausstoß beiträgt. Die Generierung von Elektrizität und Heizenergie hat mit 42 Prozent den größten Anteil. Länder wie Australien, China, Indien, Polen und Südafrika produzieren über zwei Drittel ihrer Elektrizität und Heizenergie mit Hilfe von Kohle. In Deutschland liegt der Anteil oberhalb von 40 Prozent.
Seit dem Jahr 2011 stagniert der Kohleverbrauch. Im Jahr 2015 war er sogar rückläufig.

Die Hälfte der weltweiten Kohleverbrennung geht auf das Konto Chinas.
Die Auto-Industrie plant eine Reihe stark verbesserter E-Modelle. Der Einfluss der Elektro-Mobilität dürfte ab 2019/20 größer werden. Dies sollte dafür sorgen, dass der Transportsektor seinen CO2-Ausstoß reduziert. Absolute Priorität sollte jedoch die Reduzierung von Emissionen aus der Kohle-Verbrennung genießen. Denn dort sitzt der Hauptverursacher der negativen Veränderung der Luftqualität.
CO2-Einträge lassen sich nicht einfach aus der Atmosphäre eliminieren. Abbauprozesse dauern Jahrtausende. Umso wichtiger erscheint es, dass damit begonnen wird, den jährlichen weltweiten CO2-Ausstoß zu reduzieren. Europa und auch die USA tragen ihren Teil dazu bei. China scheint die Zeichen der Zeit – nicht zuletzt aufgrund der eigenen Smog-Erfahrungen - jüngst erkannt zu haben.
Der Zuwachs der CO2-Wachstumsrate ist nicht immer gleich. Insbesondere fallen drei Spitzen mit CO2-Wachstumsraten nahe 1,0 Prozent auf. Legt man den El Nino/La Nina-Zyklus über die CO2-Wachstumsrate, stellt man fest, dass die El Nino-Spitzen den CO2-Spitzen um einige Monate vorauslaufen (folgender Chart).

In der Konsequenz sollte jetzt eine Periode mit einer geringeren CO2-Wachstumsrate anstehen, so wie dies auch nach 1998 und 1973 der Fall war.
Der Großteil des CO2-Ausstoßes wurde seit Beginn der industriellen Revolution in den Weltmeeren gespeichert. Die Aufnahmefähigkeit der Ozeane nimmt mit steigenden Wassertemperaturen ab. Dies könnte zur Folge haben, dass eine möglicherweise jetzt beginnende Verringerung des jährlichen CO2-Ausstoßes sich erst mit deutlicher Verzögerung positiv auf die Atmosphäre auswirkt.
In Finanzkreisen ist stets von der Schuldenlast die Rede, die wir unseren Enkeln und Urenkeln aufbürden. Schulden sind durch die Zentralbanken vergleichsweise leicht zu tilgen. Ein CO2-Eintrag in der Atmosphäre nicht, ein solcher stellt die größere Hypothek dar. Wir könnten riesige Plastikkuppeln über unsere Städte bauen, die reine Luft vorhalten. Terraforming der Erde? Diese Science Fiction hat hoffentlich keine Zukunft.
Gute Gründe sprechen dafür, dass die Periode von 2011 bis 2014 den Höhepunkt der von der industriellen Revolution ausgelösten CO2-Emissonsphase darstellt. Es erscheint wahrscheinlich, dass ein säkularer, von der Konjunktur weitgehend unabhängiger Trendwechsel eingesetzt hat. Dieser sollte die Nachfrage nach Kohle und Erdöl für die vorhersehbare Zukunft belasten. Sollte sich der Ölpreis noch einmal aufbäumen, so würde dies die Wettbewerbsfähigkeit alternativer Energieformen fördern.
Der CO2-Gehalt der Atemluft nimmt dadurch nicht automatisch ab. Die Ozeane stehen als CO2-Speicher dazwischen. Erst eine längere Periode geringerer CO2-Zuwächse - gemessen am Mouna Loa - würde ein erstes Aufatmen ermöglichen.
© Robert Rethfeld
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