Sojabohnen: Long-Einstieg nach Korrektur?


Kontinuierlich schwindende Lagerbestände
Zunächst bleibt festzuhalten, dass die Versorgungssituation aktuell ziemlich angespannt ist. In der Vorwoche reduzierte das US-Landwirtschaftsministerium erneut seine Schätzungen in Bezug auf die 2007/08er Endbestände. Mittlerweile rechnen die Behörden nur noch mit einer Übertragsrate von 140 Millionen Scheffeln, nachdem man bislang noch von 160 Millionen Scheffeln ausgegangen war. Zum Vergleich: In der Saison 2006/07 befanden sich 574 Millionen Scheffel in den amerikanischen Lagerhäusern.
Das Ending Stock to Use Ratio wird lediglich bei fünf Prozent gesehen. Dies ist der kleinste Wert in vier Jahren. Auch im zehnjährigen Vergleich ist das Verhältnis zwischen Vorräten und Verbrauch außergewöhnlich niedrig. Geringer war es zuletzt im Wirtschaftsjahr 2003/04 – aber auch nur um einen Prozentpunkt. Ähnlich sieht es auf globaler Ebene aus. Nicht zuletzt auf Grund der anhaltenden Trockenheit in Südafrika rechnen die Experten mit einem Rückgang der Endbestände von 63 auf 47 Millionen Tonnen, was einem Fünftel der jährlich benötigten Menge entspricht. Sie sehen also: Die "Rallye" bei den Sojabohnen ist keineswegs "auf Sand gebaut", sondern hat fundamentale Ursachen.
Moderat steigende US-Anbauflächen wahrscheinlich
Der deutliche Rückgang der amerikanischen Lagerbestände ist primär auf die signifikante Verringerung der Anbauflächen in der laufenden Saison zurückzuführen. Dadurch kam es zu dem beträchtlichen Angebotsdefizit, welches den Kursen Auftrieb verlieh. Von daher lautet die entscheidende Frage: Wie viel Sojabohnen werden im kommenden Wirtschaftsjahr angepflanzt? Die Antwort gibt es am 31. März. Dann kommuniziert das Landwirtschaftsministerium die angesprochenen Zahlen.
Wir rechnen gegenüber dem abgelaufenen Jahr in jedem Fall mit einer Erhöhung der Fläche. Das immer noch sehr hohe Preisniveau macht den Anbau von Sojabohnen für die Farmer außerordentlich lukrativ. Allerdings dürfte der Zuwachs unterm Strich eher moderat ausfallen, da das Anpflanzen von Weizen noch bessere Margen verspricht. Großer Beliebtheit wird sich aller Voraussicht auch wieder Mais erfreuen, weil die Böden in den großen Anbaugebieten für die Kultivierung des gelben Futter-Getreides zum Teil besser geeignet sind als für Sojabohnen.
Nur geringer Produktionszuwachs in Südamerika
Keine nennenswerte Gefahr für die Sojabohnen-Notierungen droht übrigens auch aus Südamerika. In der Vergangenheit steigerten insbesondere Brasilien und Argentinien ihren Output in einem sehr hohen Maß. Das ist aktuell nicht mehr der Fall. Für das laufende Jahr erwarten Marktbeobachter lediglich einen kleinen Zuwachs zwischen zwei und maximal vier Prozent. Mit einer globalen "Sojabohnen-Schwemme", wie wir sie vor allem in den Jahren 2006 und 2007 gesehen haben, ist damit bis auf weiteres nicht zu rechnen.
Chinesische Nachfrage nicht zu stoppen
Dagegen spricht schon allein die ständig steigende Nachfrage. Dreh- und Angelpunkt ist wieder einmal China: Derzeit kaufen die Chinesen in den USA und Brasilien, was zu bekommen ist. Bis 1994 war das "Reich der Mitte" Netto-Exporteur bei Sojabohnen. Seither steigen die Einfuhren Jahr für Jahr an. Im letzten Jahr lagen die Netto-Einfuhren bei unglaublichen 35 Millionen Tonnen. Zur Stunde können wir in dieser Hinsicht keine Trendwende erkennen. Damit dürfte selbst ein mäßiger Anstieg der weltweiten Sojabohnen-Produktion vom Markt "aufgesogen" werden und nicht zu einem nachhaltigen Anstieg der Vorräte führen.
Kein dauerhafter Preisverfall zu erwarten
Aus fundamentaler Sicht bleibt somit anzumerken, dass die Kurse zwar sehr weit gelaufen sind und die unlängst gesehene Korrektur daher eigentlich überfällig war. Dessen ungeachtet deutet momentan noch nichts auf eine dauerhafte deutliche Verbilligung der Bohnen hin. Lediglich für den Fall, dass die amerikanische Anbaufläche sehr viel stärker zunimmt als von Händlern erwartet, müsste mit weiteren Abgaben gerechnet werden. Wer bei Long-Engagements auf Nummer sicher gehen will, sollte daher zunächst den 31. März abwarten, um nicht auf dem sprichwörtlich "falschen Fuß" erwischt zu werden.
Charttechnisch noch zu früh für Long-Engagements
Charttechnisch muss natürlich eingestanden werden, dass der Markt aktuell recht schwach aussieht. Der Support im Bereich von 1.400 US-Cents im Mai-Future konnte nicht verteidigt werden und zur Stunde notieren Sojabohnen erkennbar unter ihrer 18-Tage-Linie. Zudem generieren sowohl der MACD als auch die Stochastik ein unübersehbares Verkaufssignal. Vor diesem Hintergrund sind weitere technisch motivierte Verkäufe nicht auszuschließen. Diese sollten aber spätestens im Bereich der Unterstützung bei 1.200 US-Cents ihr Ende finden.
Immerhin liegt dort der untere Bereich der sich aus den monatlichen Pivot-Punkten ergebenden Support-Zone. Angesichts der etwas prekären technischen Situation wäre es sicherlich verfrüht, jetzt sofort aggressiv Long-Positionen in Sojabohnen aufzubauen. Zunächst sollte eine Bodenbildung und ein Ende des kurzfristigen Abwärtstrends abgewartet werden. Sollte der Markt im bei 1.300 US-Cents wieder nach oben abdrehen, spricht nichts gegen ein spekulatives Long-Engagement.
Erfolgreiche Rohstoff-Trades wünscht
© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader
Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de