Oil Markets Weekly

Die Rallye der Ölpreise hat auch in der vergangenen Woche kein Ende genommen. Trotz des unerwartet deutlichen Lagerbestandsaufbaus in den USA und sinkender Nachfrageprognosen durch die IEA kletterten die Notierungen weiter. Die Märkte werden derzeit offensichtlich nur noch durch den Blick auf den US-Dollar getrieben, der zuletzt zum Euro ein Tief von über 1,57 USD und zum Yen von 97 JPY erreichte.
Wir sind nach wie vor der Überzeugung, dass die Ölnotierungen auf dem aktuellen Niveau fundamental kaum zu rechtfertigen sind. Die OPEC hat den Output in den letzten Monaten deutlich erhöht und in den Nicht-OPEC-Staaten haben mehrere neue Projekte ihren Betrieb aufgenommen bzw. werden dies in den kommenden Monaten tun. Darüber hinaus sprechen die bestehenden Unsicherheiten bezüglich der US-Konjunktur, die saisontypische Schwächephase der globalen Ölnachfrage im zweiten Quartal und die komfortablen Lagerbestände für eine Entspannung der fundamentalen Situation. Der US-Dollar sollte sich nach Meinung der Volkswirte der HSH Nordbank zur Jahresmitte stabilisieren und im zweiten Halbjahr sogar leicht zur Stärke neigen. Kurzfristig mögen neue Rekordtiefs des Dollar die Ölpreise weiter unterstützen, früher oder später sollten sich die Notierungen jedoch wieder an den fundamentalen Gegebenheiten orientieren und deutlich nach unten korrigieren.
US-Lagerbestände
Waren in der vergangenen Woche sinkende Importe und höhere Raffinerieaktivitäten noch Schuld an dem überraschenden Rückgang der US-Rohölvorräte, sorgten beide Faktoren zuletzt für einen unerwartet deutlichen Bestandsaufbau. Die Importe kletterten um 1,1 Mio. auf 10,6 Mio. bpd und die Raffinerieauslastung sank um 0,9 Prozentpunkte auf 85,0%. Entsprechend erhöhten sich die Vorräte um 6,2 Mio. boe und liegen, verglichen mit dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre, mit knapp 312 Mio. boe auf "Normal"-Niveau. Obwohl die wöchentliche Entwicklung der Einfuhren derzeit witterungsbedingt hochvolatil ist, sollte die Produktion der OPEC und der meisten anderen Lieferantenstaaten für ein weitgehend stabiles Angebot sorgen. Gleichzeitig belasten die schwachen Raffineriemargen und die laufende Instandhaltungssaison weiterhin die Nachfrage. Entsprechend rechnen wir für die kommenden Wochen mit einer Fortsetzung des saisontypischen Aufwärtstrends bei den Lagerbeständen.
Infolge unverändert niedriger Temperaturen in einigen Teilen Nordamerikas und der Produktknappheit in Europa schrumpften die Destillate-Vorräte in der vergangenen Woche zwar um 1,2 Mio. boe; dies ist jedoch weniger als der Marktkonsens erwartet hatte (e: -1,7 Mio. boe). Insgesamt liegen die Bestände dieser Produktkategorie trotz der schwachen Situation bei Heizölen in der oberen Hälfte der historischen Range. Die niedrige Produktion der Raffinerien und die letzten Wintertage der Saison dürften die Bestände zunächst saisontypisch weiter belasten, der konjunkturelle Abschwung sollte sich jedoch auf der anderen Seite in einer Abschwächung der Diesel-Nachfrage niederschlagen und somit zu einer weiterhin recht komfortablen Vorratssituation führen.
Die US-Benzin-Vorräte sind zuletzt erneut angestiegen. Nach einem Plus von 1,7 Mio. boe liegen sie 15% bzw. 29,4 Mio. boe oberhalb des 5-Jahres-Durchschnitts für März und auf dem höchsten Stand seit März 1993. Die schwache konjunkturelle Situation der USA und die hohen Tankstellenpreise sprechen u.E. dafür, dass sich die Vorräte auch in den nächsten Monaten am oberen Ende ihrer historischen Range bewegen sollten. Wir sehen dies als einen wesentlichen Punkt in unserer Argumentation für niedrigere Ölpreise, da mit soliden Vorratsbeständen der Druck auf die Raffinerien, besonders hochwertige leichte Rohöle (wie WTI, Brent) zu kaufen, geringer ist als in den vergangenen beiden Jahren.
Weitere Informationen
Die IEA hat ihre Nachfrageprognosen für 2007 und für 2008 leicht nach unten korrigiert. Für das abgelaufene Jahr rechnet die Agentur jetzt mit einem Bedarf von 85,82 Mio. bpd (-0,13 Mio. bpd ggü. Februar 2008), für 2008 mit 87,54 Mio. bpd (-0,08 Mio. bpd). Dabei wurden deutlich niedrigere Erwartungen für die OECD-Staaten von höheren Prognosen für die Länder der ehemaligen Sowjetunion nahezu kompensiert. Angebotsseitig kletterte die globale Ölproduktion im Februar um 0,2 Mio. auf 87,5 Mio. bpd. Der Rückgang der OPEC-Förderung um 0,12 Mio. auf 32,1 Mio. bpd - infolge der Produktionsausfälle in Nigeria und Modernisierungsarbeiten in den Golf-Staaten - wurde durch einen deutlichen Zuwachs in den Nicht-OPEC-Ländern wettgemacht. Dennoch senkte die IEA ihre Prognose für den Nicht-OPEC-Ausstoß 2008 von 50,64 auf 50,59 Mio. bpd. Der durchschnittliche Bedarf an OPEC-Öl, um die globale Nachfrage zu befriedigen, liegt nach dieser Berechnung unverändert bei 31,8 Mio. bpd. Die Lagerbestände in den OECD-Staaten sind nach IEA-Angaben im Januar um 32,6 Mio. auf 2.617 Mio. boe gestiegen, was einer leicht überdurchschnittlichen Vorratsreichweite von 52,9 Tagen entspricht.
Die IEA ist weiterhin optimistischer für das Nachfragewachstum in 2008 als die meisten Marktteilnehmer, inklusive der HSH Nordbank (e: +1,7% vs. IEA +2,0%). Die Agentur ist allerdings auch optimistischer, was das Angebot der Nicht-OPEC-Staaten betrifft (+0,7 Mio. bpd vs. +0,9 Mio. bpd). Unter dem Strich liegt der prognostizierte "Call on OPEC" sowohl bei der IEA als auch bei uns bei durchschnittlich 31,8 Mio. bpd. Da dies ca. 0,2 Mio. bpd weniger sind als das Kartell derzeit produziert, rechnet die IEA für das laufende Quartal mit einem unterdurchschnittlichen Rückgang der Lagerbestände in der OECD und für das zweite Quartal mit einem überdurchschnittlichen Anstieg. In diesem fundamentalen Umfeld halten wir die jüngsten Preissteigerungen an den Ölmärkten für schwer zu rechtfertigen.
Nachrichten, die die Ölnotierungen unterstützen könnten, kamen dagegen aus Nigeria und Tschad. In Nigeria haben sich einige führende Aufständische über die mangelnden Fortschritte in den Friedensgesprächen mit der Regierung beschwert und ihren Rückzug aus den Verhandlungen angedroht. Gleichzeitig kündigten Gewerkschaftsvertreter einem unbefristeten Streik an, sollte Mobil Nigeria, eine Tochtergesellschaft von ExxonMobil, wie geplant Stellenkürzungen vornehmen. Nigeria fördert derzeit rund 2,0 Mio. bpd zumeist qualitativ hochwertiges Öl, wobei Anschläge und Sabotagen in den vergangenen zwei Jahren vermehrt zu Produktionsausfällen geführt haben.
Im mittelafrikanischen und von Bürgerkriegen destabilisierten Tschad haben Aufstandsführer mit der Blockade der Ölförderung des Landes gedroht, sollten Frankreich und die USA nicht in den Konflikt eingreifen und die Regierung des Landes zu Gesprächen mit den Aufständischen zwingen. Der Tschad fördert aktuell knapp 160 Tsd. bpd.
© Andy Sommer
Economics & Research
Quelle: HSH Nordbank AG
Die in dieser Analyse veröffentlichten Aussagen und Angaben basieren auf Informationen, die die HSH Nordbank AG aus allgemein zugänglichen, von uns nicht überprüfbaren Quellen, die wir für verlässlich erachten, bezogen hat. Die einzelnen Informationen aus diesen Quellen konnten nur auf Plausibilität überprüft werden, eine Kontrolle der sachlichen Richtigkeit fand nicht statt. Trotz sorgfältiger Bearbeitung übernehmen wir keine Gewähr für Vollständigkeit, Aktualität und Richtigkeit der bereitgestellten Informationen. Die Aussagen enthalten nicht alle für wirtschaftlich bedeutende Entscheidungen wesentlichen Angaben, sondern lediglich unverbindliche Auffassungen über Märkte und Produkte zum Zeitpunkt der Herausgabe. Sie stellen insbesondere kein Angebot zum Kauf oder Verkauf im rechtlichen Sinn dar. Ihre Lektüre kann daher eine individuelle Beratung nicht ersetzen. Dafür stehen Ihnen unsere Mitarbeiter gerne zur Verfügung. Die HSH Nordbank AG kann nicht für Verluste haftbar gemacht werden, die durch die Nutzung dieser Veröffentlichung oder deren Inhalte entstanden sind oder die in einer anderen Weise im Zusammenhang mit diesen Dokumenten stehen.
Die HSH Nordbank AG unterliegt der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, BaFin, Lurgiallee 12, 60349 Frankfurt am Main.