Oil Markets Weekly


Die Rallye der Ölnotierungen setzte sich in der vergangenen Woche fort; in der Spitze erreichte der WTI-Spotpreis ein Niveau von über 106,50 USD. Noch stärker legten die Produktpreise zu. Die WTI-Futures zur Lieferung in 2016 überschritten erstmals die 100 USD-Marke. Die Einflussfaktoren waren dabei Altbekannte: Die anhaltende Schwäche des Dollars (inzwischen bei 1,54 USD zum EUR), die Angst vor Inflation in den USA, geopolitische Hotspots und nicht zuletzt das Überwinden der aus charttechnischer Sicht "magischen" 100 USDMarke locken Cashflows von Finanzinvestoren und Gelder von auf Absicherung gegen weiter steigende Rohstoffkosten bedachten Unternehmen an.
Wir sind nach wie vor der Überzeugung, dass die Ölnotierungen auf dem aktuellen Niveau fundamental kaum zu rechtfertigen sind. Die OPEC hat den Output in den letzten Monaten deutlich erhöht und in den Nicht-OPEC-Staaten haben mehrere neue Projekte ihren Betrieb aufgenommen bzw. werden dies in den kommenden Monaten tun. Darüber hinaus sprechen die bestehenden Unsicherheiten bezüglich der US-Konjunktur, die saisontypische Schwächephase der globalen Ölnachfrage im zweiten Quartal und die komfortablen Lagerbestände für eine Entspannung der fundamentalen Situation. Der US-Dollar sollte sich nach Meinung der Volkswirte der HSH Nordbank zur Jahresmitte stabilisieren und im zweiten Halbjahr sogar leicht zur Stärke neigen. Wir rechnen vor diesem Hintergrund für die kommenden Wochen und Monaten mit einer deutlichen Korrektur der Ölnotierungen.

US-Lagerbestände
Die Kombination aus kräftigem Rückgang der Importe und starkem Anstieg der Raffinerieauslastung hat in der vergangenen Woche zu einem unerwarteten Abbau der US-Rohöl-Lagerbestände geführt. Die Vorräte sanken um 3,1 Mio. boe, nachdem die Importe um 521 Tsd. bpd auf 9,44 Mio. bpd gefallen sind und die Raffinerieauslastung um 1,2 Prozentpunkte auf 85,9% anzog. Ein Grund für den Rückgang der Importe ist sicherlich das schlechte Wetter in Teilen des Golfs von Mexiko, der in den letzten Wochen mehrfach zu Schließung wichtiger Exporthäfen Mexikos geführt hat. Die Bestände liegen im 5-Jahres-Vergleich dennoch weiterhin auf einem recht komfortablen Niveau; sowohl auf absoluter Basis als auch bei der Vorratsreichweite.
Infolge unverändert niedriger Temperaturen in einigen Teilen Nordamerikas schrumpften die Destillate-Vorräte in der vergangenen Woche zwar um 2,4 Mio. boe; der Rückblick auf die letzten fünf Jahre zeigt dies jedoch als "normal" an. Insgesamt liegen die Bestände dieser Produktkategorie trotz der schwachen Situation bei Heizölen auf einem Level mit dem historischen Durchschnitt.
Die US-Benzin-Vorräte sind zuletzt nochmals angestiegen. Nach einem Wochen-Plus von 1,7 Mio. boe liegen sie 8,6% bzw. 18,6 Mio. boe oberhalb des 5-Jahres-Durchschnitts und auf dem höchsten Stand der vergangenen 14 Jahre. Mit dem Ende der Winter-Saison dürfte die Nachfrage in den kommenden Wochen zwar wieder anziehen; die wirtschaftliche Situation der USA und die hohen Tankstellenpreise sprechen jedoch weiterhin gegen ein Wachstum im US-Benzinbedarf 2008. Entsprechend sollten sich die Vorräte auch in den nächsten Monaten am oberen Ende ihrer historischen Range bewegen. Wir sehen dies als einen wesentlichen Punkt in unserer Argumentation für niedrigere Ölpreise, da mit soliden Vorratsbeständen der Druck auf die Raffinerien, besonders hochwertige leichte Rohöle (wie WTI, Brent) zu kaufen, geringer ist als in den vergangenen beiden Jahren.
Weitere Informationen
Die OPEC hat wie von uns erwartet in der vergangenen Woche keine Änderung an ihren Produktionsquoten vorgenommen. Dabei hatten einerseits die USA und die IEA das Kartell angesichts des aktuellen Preisumfelds zu einer Förderausweitung aufgefordert, andererseits plädierten einige OPEC-Mitglieder, wie Iran und Venezuela, aufgrund der absehbaren Schwäche der Angebots-/ Nachfrage-Bilanz sogar für eine Produktionsreduzierung. Nach wie vor lautet die offizielle Stellungnahme der OPEC zur Situation an den Ölmärkten: "Das Angebot ist ausreichend und die jüngsten Preisanstiege sind auf geopolitische Themen, Spekulationen und Engpässe im Raffineriesektor zurückzuführen." Konkreter machte es der Vertreter Nigerias, der Preise über 100 USD als "unkomfortabel" und über 80 USD als "an der oberen Grenze" bezeichnete. Das nächste offizielle Treffen der OPEC-Minister wurde für den 9. September festgelegt, allerdings machte OPEC-Präsident Khelil klar, dass ein Treffen im Bedarfsfall auch kurzfristig anberaumt werden könne. Die nächste öffentliche Möglichkeit für eine Besprechung haben die Mitglieder vom 20. bis 22. April in Rom, wenn sich das Produzentenkartell mit den großen Konsumentenstaaten trifft.

Einige entspannende Meldungen gab es zuletzt von den geopolitischen Hotspots. In Lateinamerika beendeten Venezuela, Ecuador und Bolivien ihre Streitigkeiten, in Ecuador konnte eine in der letzten Woche durch einen Erdrutsch verschüttete Ölpipeline den Betrieb wieder aufnehmen und in Nigeria verkündete Royal Dutch Shell die Reparatur einer 130 Tsd. bpd-Pipeline zum Bonny Light-Export-Terminal. Auch diese Nachrichten sollten geeignet sein, um den Aufwärtsdruck auf die Ölpreise zu verringern.
© Andy Sommer
Economics & Research
Quelle: HSH Nordbank AG
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