Weizen: Finale Phase der “Rallye“?


Geringere Winterweizen-Ernte in den USA
Der zweite Teil der “Weizen-Rallye“ startete, nachdem das US-Landwirtschaftsministerium am 25. November bekannt gab, dass nur 44 Prozent des derzeit heranwachsenden Winter-Weizens mit “good to excellent“ bewertet werden. Im Vorjahr waren es zum diesem Zeitpunkt 53 Prozent. Offenbar haben die ungünstigen Witterungsverhältnisse in den Hauptanbaugebieten doch erheblich größeren Schaden an den Pflanzen angerichtet als zunächst vermutet. Zwar besteht aktuell noch eine gewisse Rest-Wahrscheinlichkeit, dass sich die Pflanzen wieder erholen. Allerdings muss diese bei objektiver Betrachtung als ziemlich gering gewertet werden. Somit muss mit erkennbar geringeren Erträgen als im Vorjahr gerechnet werden.
Endbestände auf historischem Tief
Diesem Umstand trug die Behörde in der Vorwoche Rechnung, indem man die Schätzungen für die 2007/08er Endbestände nochmals von vormals 312 auf jetzt 280 Millionen Scheffel reduzierte. Das sind die geringsten Übertrags-Vorräte in den vergangenen 60 Jahren. Das Ending Stock to Use Ratio wird für die Vereinigten Staaten bei lediglich zwölf Prozent gesehen, was ebenfalls einem Rekordtief entspricht. Selbst in der vergangenen Saison lag dieser Wert noch bei 22 Prozent. Nicht viel anders sieht es auf globaler Ebene aus: Hier rechnen die Experten mit einem Rückgang der Endbestände von 124 auf 110 Millionen Tonnen. Das Ending Stock to Use Ratio wird auf “magere“ 18 Prozent beziffert. Verantwortlich hierfür ist vor allem die momentane Dürre-Periode in Australien. Zur Stunde deutet alles darauf hin, dass es in “Down Under“ zu einer regelrechten Missernte kommt. Aber auch in anderen bedeutenden Anbau-Gebieten erwartet das US-Landwirtschaftsministerium Ertragsrückgänge.
Export-Schätzungen wohl zu optimistisch
Entsprechend optimistisch zeigt man sich hinsichtlich der Entwicklung des US-Weizen-Exports. Für das gesamte Wirtschaftsjahr 2007/08 prognostiziert man einen Anstieg der Ausfuhren um sage und schreibe 279 Prozent gegenüber der vergangenen Saison. Bis dato beträgt das Plus jedoch erst 72 Prozent. Wenngleich die Nachfrage aus anderen Staaten angesichts der niedrigeren Erntemengen überdurchschnittlich hoch sein dürfte, halten wir den prophezeiten Anstieg der amerikanischen Exporte für zu ambitioniert. Auf dem aktuellen Preis-Niveau sollte einigen Abnehmern die Lust auf das beliebte Getreide vergehen. Insofern wollen wir nicht ausschließen, dass es in den kommenden Monaten zu einer leichten Entspannung der derzeit zugegebenermaßen prekären Versorgungslage kommt.
Weizen als Gewinner im “Kampf uns Ackerland“
Unsere diesbezügliche Erwartung gründet sich insbesondere auf eine massive Ausweitung der Anbaufläche für Frühlingsweizen auf der Nordhalbkugel. Bei den gegenwärtigen Notierungen ist das Anpflanzen von Weizen für die Farmer ein hoch rentables Geschäft. Sie werden daher mit Sicherheit erheblich mehr Weizen kultivieren als im Vorjahr. Wir sehen Weizen als einen der ganz großen Gewinner in dem demnächst anstehenden Kampf ums Ackerland. Ein bisschen erinnert die momentane Situation an die bei Mais im letzten Jahr: Zu Jahresbeginn waren die Kurse derart hoch, dass die Anbaufläche um über 20 Prozent ausgeweitet wurde. Entsprechend hoch fielen die Erträge aus und in der Folgezeit kam es zu extreme Kurs-Rücksetzern. Die Chancen, dass es bei Weizen im kommenden Jahr ähnlich läuft, erachten wir als ziemlich gut. Aus fundamentaler Sicht kann man mittlerweile ernsthaft über den Aufbau von Short-Positionen nachdenken. Denn das aktuelle Kurs-Niveau wird der oft auch als “einjähriger Rohstoffe“ bezeichnete Weizen aller Voraussicht nach nicht mehr allzu lange verteidigen können. Spätestens wenn im Februar die ersten Schätzungen in Bezug auf die kommenden Anbauflächen kommuniziert werden, dürften die Notierungen unter verstärkten Abgabedruck geraten. Auf Zwölf-Monats-Sicht können wir uns problemlos Kurse unter 700 US-Cents, bei guten Wetterverhältnissen sogar unter 600 US-Cents vorstellen.
Technisch noch zu “bullisch“
Charttechnisch stellt sich die Situation recht zwiespältig dar: Der Aufwärtstrend seit Sommer ist intakt und auch der MACD generiert nach wie vor ein Kaufsignal. Auf der anderen Seite sind die Notierungen mittlerweile in den Bereich des oberen Bollinger Bandes herangelaufen, woran sich eine fast schon lehrbuchmäßig Korrektur anschloss. Gegenwärtig notiert März-Weizen im Bereich seines September-Hochs bei gut 952 US-Cents, welches als Unterstützung fungiert. Sollte dieser Support nachhaltig unterschritten werden, dürften Anschlussverkäufe die Kurse schnell unter 900 US-Cents drücken. Gegenwärtig ist es für Short-Engagements wohl noch etwas zu früh. Sobald es diesbezüglich aber klare Signale gibt, ist die "kurze Seite" auf jeden Fall einen Versuch wert. Wir rechnen in Kürze mit einem entsprechenden Szenario.
© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader
Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de