Magerschwein vor neuer Rallye?


Hoffnungen auf Engpässe nicht bestätigt
Zu Jahresbeginn wurden die Kurse von der Erwartung nach oben getrieben, dass sich die Schweinefleisch-Produktion rückläufig entwickelt. Als Hauptgrund wurde die Situation bei Mais “ins Feld“ geführt. Einerseits war das Futtergetreide in den ersten Monaten 2007 derart teuer, dass viele Marktteilnehmer befürchteten, die Züchter würden ihre Tiere weniger lang in der Mast belassen. Dadurch hätten die Schweine natürlich auch ein geringeres Schlachtgewicht auf die Waage gebracht. Zudem mutmaßten einige Beobachter, dass es wegen der boomenden Ethanol-Industrie insgesamt zu wenig Mais als Futtermittel geben könnte. Beide Sorgen erfuhren jedoch keine Bestätigung: Mais war ausreichend vorhanden, weil die Ethanol-Erzeugung hinter den viel zu optimistischen Erwartungen zurückblieb und die Mais-Notierungen in der Folgezeit wieder auf ein gut vertretbares Niveau zurückkamen.
Deutlich gestiegener Output
Insofern überrascht es nicht, dass die amerikanischen Farmer ihren Output im laufenden Jahr deutlich steigerten. Bis dato nahm die Produktion von mageren Schweinefleisch gegenüber 2006 um 3,9 Prozent zu. Auch in den kommenden Monaten muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mit Versorgungsengpässen gerechnet werden. Zum ersten September befanden sich 64,65 Millionen Schweine in den US-Mastanlagen. Das sind 2,8 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Dessen ungeachtet beließ das US-Landwirtschaftsministerium in seiner am Dienstag dieser Woche veröffentlichten Prognose seine durchschnittliche Preisschätzung für 2008 bei 60,60 US-Cents pro Pound Magerschwein. Von dieser Warte aus betrachtet, sollten die Notierungen demnach nur begrenztes Aufwärtspotenzial haben.
US-Ausfuhren nicht zu stoppen
Impulse könnten die Kurse aber von der Nachfrageseite erhalten: Immerhin nahmen die amerikanischen Ausfuhren in den letzten Jahren permanent zu. So lag der US-Export im September 2007 gut zehn Prozent über dem Niveau des Vorjahres. Bedenkt man, dass die Preise zu diesem Zeitpunkt noch erheblich höher waren als derzeit, stehen die Chancen nicht schlecht, dass die Zahlen für Oktober und November die eine oder andere “bullische“ Überraschung bringen.
Chinesische Importe als “Kurs-Treiber“
Die diesbezüglichen Hoffnungen ruhen – wie könnte es auch anders sein – einmal mehr auf China. Im Herbst verkündete das “Reich der Mitte“ zwar, dass es neben den USA noch diverse andere Länder gebe, aus denen sich Schweinefleisch importieren lässt. Damit nahm Peking einen Großteil der “Fantasie“ aus dem Markt und leitete den jüngsten Preisverfall ein. Um den Worten Taten folgen zu lassen, entsandten die Chinesen kürzlich eine Delegation nach Brasilien, um die Zustände der dortigen Schlachthöfe zu inspizieren. Offenbar plant man den Import größerer Mengen. Letztlich dürfte es wohl nur eine Frage der Zeit sein, wann aus dem USA eine vergleichbare Nachricht kommt. Pekings erklärtes Ziel ist es, die Inflation im “Zaum“ zu halten. Deswegen möchte man so günstig wie nur irgend möglich an Rohstoffe gelangen. Angesichts der aktuellen Dollar-Schwäche und den im Vergleich zu Rindfleisch mittlerweile wieder relativ günstigen Magerschwein-Preisen wird China um Käufe in den USA mittelfristig nicht herum kommen.
Aufwärtspotenzial vorhanden
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die derzeitige fundamentale Situation nicht unbedingt für eine massive “Rallye“ bei Magerschwein spricht, weil einfach ein ausreichendes Angebot vorhanden ist. Auf der anderen Seite wird es dank des boomenden Exports sicherlich nicht zu einer “Magerschwein-Schwemme“ in den Vereinigten Staaten kommen, die erhebliche Preis-Rückgänge mit sich bringt. Nach unten scheinen die Notierungen somit recht gut abgesichert zu sein. Bestätigen sich die Hoffnungen auf nochmals erkennbar anziehende chinesische Importe, haben die Kurse sogar ein nicht zu unterschätzendes Aufwärtspotenzial. Aus fundamentaler Sicht ist das Eingehen von Long-Positionen in Magerschwein also in jedem Fall vertretbar, wenngleich die Gewinn-Erwartungen an einen solchen Trade – wenigstens momentan – noch nicht übermäßig hoch sein sollten. Für schnelle 15 bis 25 Prozent ist ein derartiges Engagement – je nach gewähltem Hebel – aber allemal gut.
Charttechnisch durchaus “bullisch“!
Ebenfalls recht viel versprechend für die “Bullen“ stellt sich die momentane technische Situation dar: Einziger “Wehrmutstropfen“ in dieser Hinsicht ist die Tatasche, dass der flache Abwärtstrend seit Anfang August nach wie vor intakt ist. Demgegenüber wurde jedoch der steile Abwärtstrend seit Mitte September wieder klar nach oben durchbrochen. Die Unterstützung bei etwa 60,25 US-Cents im Februar Future wurde mehrfach erfolgreich verteidigt. Bemerkenswert ist zudem, dass der ehemalige Widerstand bei knapp 63 US-Cents überwunden wurde und demzufolge jetzt als Support fungiert. Zwar kann der Ausbruch derzeit noch nicht als nachhaltig erachtet werden, aber ein positives Signal ist diese Stärke zweifellos. Gleichzeitig hat sich seit Anfang November ein neuer Aufwärtstrend gebildet und die Notierungen konnten über ihre 38-Tage-Linie “klettern“. Da zudem der MACD ein Kaufsignal generiert und auch der Williams im “bullischen“ Bereich (über - 50) liegt, kann aus technischer Sicht mit weiteren Kursanstiegen zunächst bis zum Widerstand bei 65 US-Cents gerechnet werden. Wird dieser “geknackt“, könnte es schnell bis 67 US-Cents aufwärts gehen.
© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader
Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de