Seltene Erden - alle Augen auf China


Insofern ist es nicht verwunderlich, dass die Exportquoten Chinas kritisch beäugt werden. Nach mehrfachen Reduzierungen über die vergangenen Jahrehinweg betrug die Obergrenze für die Ausfuhr Seltener Erden im letzten Jahr 30.184 Tonnen. Dass China laut Angaben des Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie letztendlich nur rund 18.600 Tonnen und damit nur knapp 62% der ursprünglich geplanten Menge exportiert hat, hat die Diskussionen weiter angeheizt. Immerhin sollen die Exportquoten in diesem Jahr weitgehend unverändert auf dem Vorjahresniveau beibehalten werden. Allerdings wurde Industriekreisen zufolge in diesem Jahr bislang nur ein Viertel der Erstallokation der Exportquote ausgeschöpft (Grafik 3).
Bei den chinesischen Exporten handelt es sich überwiegend um sog. schwere Seltene Erden wie z.B. Dysprosium, Terbium, Yttrium. Diese sind imGegensatz zu den sog. leichten Seltenen Erden - hierzu gehören z.B. Lanthan, Cer, Neodym -, wo die Versorgungslage entspannter ist, seltener vorhanden und entsprechend teurer (Grafik 4).
Die chinesischen Exporteure haben daher bislang die Exportquoten zunächst mit den schweren Seltenen Erden gefüllt, um einen möglichst hohen Ertrag zu generieren. Erst danach wurden die Quoten mit den leichten Seltenen Erden aufgefüllt. So hat das System der Exportquoten in China bislang eine Überschwemmung des Marktes mit leichten Seltenen Erden verhindert, da zuerst die schweren Seltenen Erden abverkauft wurden.
Nun kommt aber verstärkt ein weiterer Aspekt ins Spiel, der im ersten Moment kaum zu glauben ist: China könnte zum Netto-Importeur von schweren Seltenen Erden werden. Denn in China wird derzeit mit Hochdruck an einem Aufbau der gesamten Wertschöpfungskette der Seltenen Erden-Industrie gearbeitet. So möchte das Land nicht mehr die Seltenen Erden-Erze exportieren, sondern die deutlich hochwertigeren Endprodukte wie z.B. Dauermagnete, Leuchtstoffe, Wasserstoff-Speicherzellen, die in derHightech-Industrie zur Anwendung kommen.
Der größte chinesische Produzent von SeltenenErden, Baotou Steel Rare-Earth Hi-Tech Co., erwartet daher, dass die inländische Nachfrage in den nächsten Jahren um mindestens 10% p.a. zunehmen wird. Der Vorstandsvorsitzende von Molycorp, der bislang größte Produzent außerhalb Chinas, schätzt, dass dasReich der Mitte 2014 oder 2015 zum Netto-Importeur von schweren Seltenen Erden wird. Denn das hohe Nachfragewachstum könne nur mit weiteren Reduzierungen der Exportquoten odermit Importen befriedigt werden. Damit würde China von der Anbieter- auf die Abnehmerseite wechseln, was nicht nur zu einer starken Verknappung dieser bestimmten Seltenen Erden führen würde, sondern auch zu massiven Preissteigerungen.
Der direkte und indirekte Einfluss Chinas auf die Preise würde also noch größer werden. Schon jetzt versucht das Land noch mehr Kontrolle über diePreisgestaltung zu bekommen. Denn chinesischen Zeitungsberichten zufolge soll noch imAugust unter der Führung von Baotou Steel Rare-Earth eine Handelsplattform für Seltene Erden in China aufgebaut werden. Die Plattform, auf der ausschließlich physisches Material gehandelt werden darf, soll zu mehr Transparenz bei der Preisfindung und der Regulierung des Marktes beitragen.

Nicht nur in China selbst werden mehr und mehr Seltene Erden nachgefragt. Die Autoren einer Gemeinschaftsstudie des Centre for Research in Energy and Minerals Economics der Curtin-Universität in Australien und der Industrial Minerals Company of Australia Pty Ltd. (IMCOA) kamen zu dem Ergebnis, dass außerhalb Chinas die Nachfrage nach Seltenen Erden von 35 Tsd. Tonnen in 2011 auf 55 Tsd. Tonnen in 2016 steigen wird. 2020 soll sie bei 70-90 Tsd. Tonnen liegen (Grafik 5). Auf globaler Ebene wird für das Jahr 2020 eine Nachfrage von 200-240 Tsd. Tonnen erwartet.
Es spricht also vieles dafür, dass trotz der Produktionsausweitungen außerhalb Chinas nicht nur der Einfluss des Reichs der Mitte selbst zunimmt, sondern auch die Preise langfristig betrachtet steigen werden. Die aktuelle Schwächephase dürfte daher nicht nachhaltig sein. Seltene Erden machen zwar nur einen Promilleanteil in der Herstellung vieler industrieller Produkte aus, sind aber essentiell und können bislang kaum ersetzt werden.
Auf einen Blick



