Baumwolle: Kommt jetzt die nächste Abwärtsbewegung?


Weltweit üppige Bestände
Zwar prognostizierte das US-Landwirtschaftsministerium in seinem jüngsten "Wool & Cotton Outlook" für die Saison 2007/08 auf globaler Ebene einen signifikanten Nachfrageüberhang. Beim Verbrauch rechnen die Behörden mit einem Anstieg um 6,5 auf fast 125 Millionen Ballen. Die Produktion sieht man dagegen lediglich bei 102 Millionen Ballen (plus 1,6 Millionen Ballen). Dies dürfte dazu führen, dass die weltweiten Endbestände von 60 auf maximal 55 Millionen Ballen zurückgehen. Auch wenn diese Nachricht auf den ersten Blick außerordentlich “bullisch“ klingt, darf man nicht übersehen, dass das Ending Stock to Use Ratio immer noch bei sehr komfortablen 42 Prozent liegt. Von echten Versorgungsengpässen bei Baumwolle kann damit trotz des Produktionsdefizits nicht die Rede sein.
Höhere US-Ernteerträge angekündigt
Für Anleger ist darüber hinaus die Lage in den Vereinigten Staaten eher maßgeblich, weil sich die handelbaren Zertifikate auf US-Baumwolle beziehen. Hier hob das Ministerium seine Ertragsschätzung um 340.000 Ballen (zwei Prozent) auf jetzt 18,25 Millionen Ballen an. Auf Grund der geringeren Anbaufläche liegt der Output damit aber immer noch 16 Prozent unter dem des vergangenen Jahres. Allerdings dürfte das “letzte Wort“ hier noch nicht gesprochen sein. In den zurückliegenden 20 Jahren fiel die endgültige Ernte 15 Mal besser aus als im Oktober vorhergesagt. Insofern könnte die tatsächliche Erntemenge leicht in einem Bereich um oder über 19 Millionen Ballen liegen.
Export-Schätzung möglicherweise zu ambitioniert
Den inländischen Bedarf beziffern die Experten weiterhin auf 21,3 Millionen Ballen, wovon 16,7 Millionen Ballen dem Export dienen. Trotz des dynamisch wachsenden Verbrauchs in China erscheint diese Prognose recht ambitioniert. In diesem Jahr haben wir gesehen, dass das “Reich der Mitte“ lieber Baumwolle aus den Nachbar-Staaten Indien und Pakistan importiert und hierfür sogar höhere Preise zu zahlen bereit ist. Zur Stunde können wir keinen Grund erkennen, warum sich dieses Verhalten in der laufenden Saison ändern sollte, zumal die Ernten in den beiden genannten Ländern üppig ausfallen dürften. Insofern ist nicht auszuschließen, dass sich die Verbrauchsschätzungen des US-Landwirtschaftsministeriums als zu hoch entpuppt.
Ending Stock to Use Ratio unverändert hoch
Die höhere amerikanische Produktion bei gleich bleibender Nachfrage führte zu einer Erhöhung der Endbestände von 6,2 auf 6,4 Millionen Ballen. Damit beträgt das Verhältnis zwischen Vorräte und Verbrauch nunmehr 30 Prozent. Im Vergleich zu den über 50 Prozent des Vorjahres ist dies unzweifelhaft ein signifikanter Rückgang. Nichtsdestotrotz liegt das Ending Stock to Use Ratio damit immer noch am oberen Ende der Spanne der letzten sechs Jahre.
Fundamental deutliches Abwärts-Potenzial
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich die fundamentale Situation gegenüber dem Vorjahr “bullischer“ präsentiert. Dieser Umstand ist in den derzeitigen Kursen jedoch bereits ausreichend eingepreist. Demgegenüber bestehen nicht zu unterschätzende Risikofaktoren für höhere amerikanische Ernteerträge und eine Verfehlung der Export-Prognose. Hierdurch könnten die Endbestände schlussendlich deutlich über der jetzt veröffentlichten Schätzung liegen. Konkretisiert sich diese Gefahr, haben die Notierungen ein beträchtliches Abwärtspotenzial. Vom Chance/Risiko-Verhältnis her sind derzeit somit lediglich Short-Engagements vertretbar.
Charttechnik hat Short-Signal generiert
Charttechnisch stellt sich die Lage etwas diffiziler dar: Der Aufwärtstrend seit Mitte Mai ist nach wie vor intakt. Auf der anderen Seite bewegt sich der Dezember-Future seit Mitte Juli in einer primären Abwärtsbewegung. Derzeit steht Baumwolle technisch vor einer Richtungsentscheidung: Die zentrale Unterstützung bei 65 US-Cents ist gegenwärtig in ernster Gefahr, aber noch nicht endgültig verloren. Sollte diese Marke demnächst nachhaltig unterschritten werden, dürfte es schnell bis auf 63,50 oder sogar 60,10 US-Cents abwärts gehen, zumal sowohl der MACD als auch der Williams dann ein unübersehbares Verkaufssignal generieren. In diesem Fall muss mit einem erneuten Test des Supports bei 56,80 US-Cents gerechnet werden. Anleger, die mit einem Short-Engagement liebäugeln, sollten jedoch vor dem Einstieg auf jeden Fall den Bruch der 65 US-Cents abwarten.
© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader
Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de