Magerschwein: Wohin geht die Reise?


Üppige Bestände in den USA und Kanada
Die Bestände an lebenden Schweinen in den USA liegen aktuell bei über 62 Millionen Stück. Dies bedeutet einen Anstieg von zwei Prozent sowohl gegenüber dem Niveau des Vorjahres als auch im Vergleich zum Stand am 1. März 2007. In Kanada hingegen befinden sich mit 14,7 Millionen Tieren gut zwei Prozent weniger Schweine in den Mastbetrieben als im vergangenen Jahr. Da die absolute Zahl jedoch erheblich geringer ist als in den Vereinigten Staaten liegen die Schweine-Bestände in Nordamerika (USA und Kanada) unterm Strich ein gutes Prozent über dem 2006er-Wert.
Deutlicher Produktionsanstieg
Insofern verwundert es nicht, dass Experten für das laufende dritte Quartal einen Anstieg der Schweinefleisch-Produktion um 3,2 Prozent auf 5,3 Milliarden amerikanische Pfund erwarten. Im Gesamtjahr 2007 soll der Output 21,6 Milliarden Pounds betragen, was einem Plus von 2,8 Prozent entspricht.
Höhere Schlachtgewichte dank rückläufiger Maispreise
Ursache hierfür ist neben der größeren Anzahl von Schweinen auch ein höheres durchschnittliches Schlachtgewicht. Aktuell beträgt dieses 264 Pounds und liegt damit ein Pfund über dem Niveau des Vorjahres. In den ersten beiden Quartalen 2007 wogen die Tiere kurz vor ihrem Lebensende weniger als im Vergleichszeitraum 2006. Hintergrund ist die Preisentwicklung bei Futtergetreide – insbesondere bei Mais. In den ersten Monaten des laufenden Jahres explodierten die Mais-Notierungen förmlich und sorgten dadurch dafür, dass die Farmer ihre Schweine früher schlachteten, um sie nicht weiter mit dem teuren Mais füttern zu müssen. In den zurückliegenden Monaten jedoch kamen die Maispreise wieder auf ein erträgliches Niveau zurück und die Tiere bleiben damit länger in der Mast. Bis Jahresende dürften die Mais-Notierungen tendenziell weiter nachgeben, weil im Herbst die Ernte in den USA ansteht und die Kurse dann ihr typisches Erntetief ausbilden sollten. Von daher werden die Schlachtgewichte bei Schweinen sicherlich nicht großartig sinken. Insgesamt erscheint der Markt für Schweinefleisch damit von der Angebotsseite recht komfortabel ausgerüstet.
Keine Impulse von der Inlands-Nachfrage
Im Gegensatz dazu ging die US-Nachfrage im ersten Halbjahr 2007 um etwa vier Prozent zurück. Offenbar verging den Konsumenten angesichts des hohen Preisniveaus die Lust auf Schwein, zumal gleichzeitig die Rindfleisch-Notierungen nachgaben. Im direkten Vergleich war das höherwertige Rindfleisch relativ betrachtet deutlich günstiger als Schwein. Mittlerweile ist dem zwar nicht mehr so. Dennoch sollte man von der Inlandsnachfrage in den nächsten Monaten keine Wunderdinge erwarten. Traditionell verzehren die Amerikaner in den kälteren Monaten mehr Rind und Truthahn (Thanksgiving). Schwein hingegen ist ein typisches Sommerfleisch. Wir erwarten daher trotz der zuletzt gesunkenen Kurse bis Jahresende einen eher mäßigen Konsum.
China als einziger Hoffnungsschimmer für die "Bullen"
Bei so vielen "bärischen" Faktoten stellt sich die Frage: Wie konnten die Magerschwein-Kurse überhaupt so stark anziehen? Die Antwort liefert - wie bei Rohstoffen häufig – der Blick nach China: Mit steigendem Lebensstandard verzehren die dortigen Bürger immer mehr Fleisch und da viele Schweine im "Reich der Mitte" derzeit an einer mysteriösen Krankheit leiden, sind die Chinesen auf Importe angewiesen. Diese Fantasie war es, die den Kursen monatelang Auftrieb verlieh. Vor einigen Wochen jedoch war aus dem Riesenreich zu hören, dass es neben den USA auch andere Einfuhrmärkte gebe. Das ist unzweifelhaft richtig. Nichtsdestotrotz sehen wir die Äußerung vornehmlich als einen Versuch, die Notierungen unter Druck zu bringen, was ja auch perfekt gelang. China dürfte weiterhin amerikanisches Schweinefleisch kaufen und zumindest dafür sorgen, dass es nicht zu einem erdrückenden Überangebot kommt. Ob allein dieser Umstand allerdings einen dauerhaften Anstieg der Magerschwein-Notierungen bewirken kann, muss bezweifelt werden. Aus fundamentaler Sicht hat der Markt eher Abwärts- als Aufwärtspotenzial.
Technik deutet auf steigende Kurse hin
Charttechnisch deutet hingegen einiges auf steigende Notierungen hin. Der langfristige Aufwärtstrend ist unverändert intakt und der wichtige Support bei 61,30 US-Cents in der Dezember-Lieferung hat gehalten. Gleichzeitig generiert der MACD ein erkennbares Kaufsignal und auch der Williams bewegt sich mit -17 (über -20) im "bullischen" Bereich. Kurzfristig ist es wichtig, dass der Resist bei 69,80 US-Cents nach oben durchbrochen wird. Geschieht das, hätten wir ein prozyklisches Kaufsignal. Vornehmlich technisch orientierte Trader könnten dann einen Long-Einstieg versuchen. Wir jedoch erwarten eher einen Abprall an den genannten Widerstandsmarke, der den Markt dann zügig wieder in Richtung 61 US-Cents führen sollte. Da für dieses Szenario jedoch gegenwärtig noch keine Signale vorliegen, sollte man den Markt zunächst weiter beobachten und abwarten, was mit dem Widerstand bei knapp 70 US-Cents geschieht.
© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader
Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de