Orangensaft: Long-Einstieg nach Korrektur lohnenswert?


Rückläufige Ernte-Erträge in Florida
Unter fundamentalen Gesichtspunkten kommt den Ernte-Erträgen im US-Bundesstaat Florida entscheidende Bedeutung zu. Immerhin zeichnet der “Sunshine-State“ neben Brasilien für den überwiegenden Teil der zur Saft-Herstellung angebauten Orangen verantwortlich. Am 10. Juli gab das amerikanische Landwirtschaftsministerium bekannt, dass der Output in der Saison 2008/09 sich auf 160 Millionen Kisten belaufen soll. Zuvor ging man noch von 162 Millionen Boxen aus. Trotz dieser Reduzierung der Ernte-Erwartung kam es im Anschluss an die eingangs erwähnten Preis-Rücksetzer, nicht zuletzt, weil die Mehrheit der Analysten mit geringeren Erträgen gerechnet hatten.
Für das nächste Wirtschaftsjahr erwarten von Bloomberg befragte Experten mit einem abermaligen Rückgang auf 155 Millionen Boxen. Grund hierfür ist vor allem die deutlich gesunkene Anbaufläche, die sich gegenwärtig mit lediglich mit knapp 500.000 Morgen auf dem zweitniedrigsten Niveau seit 1966 befindet. Interessant ist darüber hinaus die unlängst getätigte Aussage des Florida Citrus Mutual, wonach die Ernte-Erträge wegen einer Baum-Krankheit in den kommenden drei Jahren auf 140 Millionen Kisten per anno sinken könnten. Trifft diese Prognose zu, hätten die Kurse unzweifelhaft ein nicht zu unterschätzendes längerfristiges Aufwärtspotenzial.
Derzeit noch recht üppige Lagerbestände
Zur Stunde jedoch ist das noch Zukunftsmusik. Schließlich sind die US-Kühlhäuser aktuell mit tief gefrorenem Orangensaft-Konzentrat gut gefüllt. Ende Juni befanden sich 1,49 Milliarden amerikanische Pfund des Rohstoffs in den amerikanischen Lagerhallen. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies zwar einen Rückgang um zwei Prozent. Unter Berücksichtigung des stagnierenden bzw. sogar leicht rückläufigen Verbrauchs sind Versorgungsengpässe gegenwärtig nicht zu befürchten.
Saisonalität spricht für die "lange Seite"
“Bullisch“ präsentiert sich demgegenüber die Saisonalität. Für gewöhnlich ziehen die Orangensaft-Notierungen zwischen Mitte Juni und Mitte November eines Jahres erkennbar an. Hintergrund für diese Umstand ist die Hurrikan-Saison. Schließlich ist Florida der Bundesstaat der USA, der mit Abstand am häufigsten von Tropenstürmen betroffen ist. Nicht selten werden daher im angesprochenen Zeitraum zahlreiche Orangenbäume beschädigt oder vollständig zerstört. Wenngleich die diesjährige Hurrikan-Saison bislang harmlos ausgefallen ist, sollte man diesen Faktor auf keinen Fall unterschätzen. Denn ihren Höhepunkt erreicht die Wirbelsturm-Phase erst im September bis Oktober. Unter saisonalen Aspekten könnte es damit durchaus lohnenswert sein, sich in den nächsten Wochen bei Orangensaft auf der „langen Seite“ zu positionieren.
“Bärische“ Charttechnik
Übermäßige Eile für das Eingehen von Long-Trades besteht momentan jedoch nicht. Der Aufwärtstrend seit Anfang Juli ist mittlerweile klar gebrochen und im Bereich von 100 US-Cents hat sich ein außerordentlich zäher Widerstand herausgebildet, an dem die Kurse bereits zweimal nach unten abgeprallt sind. Durch die jüngsten Rücksetzer wurde die wichtige 18-Tage-Linie unterschritten und sowohl der MACD als auch die Stochastik generieren unübersehbare Verkaufssignale.
Gleiches gilt für den sich im Fallen befindlichen RSI, der zudem recht deutlich unter 50 notiert und damit auf eine relative Schwäche hinweist. Auch wenn nicht auszuschließen ist, dass die Unterstützung bei knapp unter 90 US-Cents verteidigt werden kann, sollten potenzielle Investoren abwarten, ob es tatsächlich dazu kommt und sich eine Trendwende nach oben abzeichnet, bevor sie Long-Engagements eingehen. Derzeit kämen solche unter technischen Gesichtspunkten dem Griff in ein fallendes Messer gleich.
© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader
Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de