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Ölprodukte: Benzin stark, Diesel wenig gefragt

19.10.2015 | 8:00 Uhr | Weinberg, Eugen, Commerzbank AG
Schwierige Zeiten stehen dem Dieselmarkt ganz unabhängig vom VW-Abgasskandal bevor. Denn das Angebot am Markt wächst schnell, während die Nachfrage schwächelt. Die Lager laufen immer voller.

Der Preisabstand zwischen Diesel und Rohöl ist angesichts der bevorstehenden Heizsaison niedrig und dürfte sich mittelfristig nur leicht erholen. Benzin dagegen ist stark gefragt: Vor allem am größten Absatzmarkt der Welt, den USA, ist die preissensitive Nachfrage im laufenden Jahr kräftig angesprungen. Für eine Fortsetzung dieses Trends sprechen die niedrigen Preise und die gute Einkommensentwicklung, was die Marge am Benzinmarkt unterstützt.

Saisonwechsel: Mit den kälteren Temperaturen nimmt die Fahrtätigkeit ab, und der Heizbedarf wächst. Üblicherweise spiegelt sich das in den relativen Preisen für Ölprodukte wieder: Diesel bzw. Heizöl verteuert sich im Herbst relativ zu Benzin. Dem üblichen Saisonmuster ist es unseres Erachtens zu verdanken, dass sich Diesel im Großhandel gegenüber Benzin wieder zuletzt deutlich verteuert hat (Grafik 1).

Die fundamentalen Daten würden dagegen etwas anderes nahelegen: Denn das Angebot am Dieselmarkt ist momentan eher reichlich. Das spiegelt sich in den Lagerbeständen wider. Auch wenn diese keineswegs so übervoll sind wie die Rohöllager, sind die Vorräte an Mitteldestillaten laut Internationaler Energieagentur IEA, welche die Lagerentwicklung in allen OECD-Ländern erfasst, seit dem Sommer vor allem in Europa erstmals seit Jahren wieder überdurchschnittlich stark gefüllt (Grafik 2).



Die Lagerdaten für die Region Amsterdam-Rotterdam-Antwerpen (ARA) deuten eine Fortsetzung des Trends bis Anfang Oktober hin. Aktuell sind die ARA-Gasölvorräte gut 30% höher als zum entsprechenden Zeitpunkt des Vorjahres und befinden sich damit fast auf Rekordniveau (Grafik 27).

In den USA sind die Vorräte zwar nicht ganz so hoch; doch auch hier sind die Lager überdurchschnittlich gut gefüllt: Die Vorräte an Mitteldestillaten sind fast 8% höher als zu Jahresbeginn und damit gut 7,5% höher als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre (Grafik 19).

Maßgeblich zu dieser Entwicklung beigetragen hat die deutlich gestiegene Rohölverarbeitung in allen wichtigen Regionen der Welt. Laut IEA wurden im dritten Quartal 2015 mit gut 80,5 Mio. Barrel pro Tag gut 2,5 Mio. Barrel Rohöl mehr verarbeitet als im Vorjahr. Mit Ausnahme der Region der ehemaligen Sowjetunion nahm die Produktion überall zu. In Europa ist Daten von Euroilstock zufolge die Rohölverarbeitung im September um 7,6% gegenüber dem Vorjahr auf 10,7 Mio. Barrel pro Tag gestiegen.

Dies ist vor allem der Ausweitung der Verarbeitungsmargen geschuldet, da die Rohölpreise stärker fielen als die Preise für Ölprodukte. Die Raffinerien in Europa haben daraufhin ihre zuvor aus wirtschaftlichen Gründen stillgelegten Verarbeitungskapazitäten reaktiviert.

Auch in den USA verarbeiteten die Raffinerien in diesem Sommer für mehrere Wochen ein Rekordniveau von mehr als 17 Mio. Barrel Rohöl pro Tag. Sie operierten dabei zwischenzeitlich nahe an der Kapazitätsgrenze, die laut US-Energiebehörde EIA per Anfang des Jahres auf 18 Mio. Barrel pro Tag gestiegen ist.

In Nord-Dakota wurde eine der wenigen in den letzten 30 Jahren neu gebauten Raffinerien fertiggestellt; hinzu kamen Kapazitätserweiterungen. Aber vor allem der höheren Auslastung der Kapazitäten war es zu verdanken, dass im laufenden Sommer rund 1,5 Mio. Barrel pro Tag mehr verarbeitet wurden als fünf Jahre zuvor. Auch in China erreichte die Rohölverarbeitung im Juni ein Rekordniveau von 10,6 Mio. Barrel pro Tag und lag zuletzt im August nur knapp darunter. Seit September 2014 werden in China jeden Monat mehr als 10 Mio. Barrel Rohöl pro Tag verarbeitet.

Der Anstieg der Rohölverarbeitung in China ist auf den Aufbau neuer Verarbeitungskapazitäten zurückzuführen. Nicht zuletzt wird mit Saudi-Arabien demnächst ein weiterer größerer Anbieter von Ölprodukten auf den Markt treten. Denn der weltgrößte Rohölexporteur hat kräftig in den Aufbau von Raffineriekapazitäten investiert, um künftig stärker an der Wertschöpfung von Rohöl zu partizipieren.

Saudi-Arabien dürfte insbesondere den asiatischen Markt mit Benzin und Diesel beliefern und damit China Konkurrenz machen.

Das hohe Angebot trifft - anders als am Benzinmarkt - auf eine enttäuschend schwache Dieselnachfrage. Diese war zwar jahrelang in den Schwellenländern stärker gewachsen als die Benzinnachfrage: Dank einer Zunahme der dortigen Nachfrage um gut 6 Mio. Barrel pro Tag seit dem Jahr 2000 wird heute deutlich mehr Diesel außerhalb der OECD-Länder verbraucht als innerhalb, während vor allem aufgrund des hohen Benzinverbrauchs in den USA die Benzinnachfrage in den Industrieländern noch immer fast 50% höher ist als die in der übrigen Welt (Grafik 3).

Doch zuletzt hat sich insbesondere in der Wachstumsregion China die Nachfrage nach Mitteldestillaten spürbar verlangsamt: Im laufenden Jahr wird die chinesische Dieselnachfrage laut IEA sogar schrumpfen und auch im kommenden Jahr wird nur ein mageres Plus von 0,3% erwartet. Auch in den Industrieländern hat sich zur Mitte des Jahres die Nachfrage nach Mitteldestillaten abgeschwächt, nachdem sie in den ersten Monaten des Jahres teils witterungsbedingt noch kräftiger ausgefallen war als in den Jahren zuvor.

Schatten auf die langfristige Dieselnachfrage wirft zudem der VW-Abgasskandal. Schließlich hat die Reputation von Dieselfahrzeugen als umweltfreundliche Alternative stark gelitten. Diesel-PKWs waren an vielen Absatzmärkten jedoch ohnehin kaum gefragt.

In den ursprünglich vom Skandal betroffenen USA fahren lediglich 3% der PKWs mit Diesel. Entsprechend steht einem Benzinverbrauch von rund 9 Mio. Barrel pro Tag lediglich ein Dieselbedarf "für die Straße" von knapp 2,5 Mio. Barrel pro Tag gegenüber. Davon dürfte allerdings ein Großteil auf Lastkraftwagen entfallen, die zu gut 90% dieselbetrieben sind.

Auch in China, dem mittlerweile mit über 100 Mio. Fahrzeugen zweitgrößten Markt der Welt, spielt der Dieselantrieb kaum eine Rolle. In Japan, das mit gut 60 Mio. PKWs den drittgrößten Fuhrpark der Welt aufweist, lag der Anteil der Dieselfahrzeuge Mitte der 90er Jahre mit gut 10% noch fast gleichauf mit dem in Europa. Heute ist auch dort der Anteil der Dieselfahrzeuge auf 1% geschrumpft.



Nur in Europa sind die Verhältnisse anders, denn dank einer geringen Besteuerung von Diesel haben sich in den letzten zwanzig Jahren die Kaufgewohnheiten verschoben. Anders als in den USA sind in fast allen europäischen Ländern die Verbrauchsteuern auf Diesel deutlich geringer als die auf Benzin, so dass an der Tankstelle Diesel trotz der höheren Kraftstoffeffizienz in der Regel weniger kostet als Benzin (Grafik 4), was den höheren Kaufpreis und die teilweise höheren KFZ-Steuern der Dieselfahrzeuge ausgleicht.

Für Vielfahrer lohnt sich die Anschaffung eines dieselbetriebenen PKWs. Nun sind mehr als die Hälfte aller Neuzulassungen Dieselfahrzeuge (Grafik 5) bzw. 41% des PKW-Bestands dieselbetrieben. Nimmt man den LKW-Markt hinzu, so wird in der EU mittlerweile 2,5mal so viel Diesel abgesetzt wie Benzin. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 lag der Bedarf an beiden Mineralölprodukten noch fast gleichauf.

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