Wettereinflüsse sorgen für Turbulenzen an Agrarmärkten
27.02.2014 | Eugen Weinberg (Commerzbank)
Einige Agrarmärkte haben im Februar einen erheblichen Stimmungsumschwung mit entsprechenden Preisveränderungen erlebt. Besonders stark sind die Notierungen für Kaffee Arabica in die Höhe geschossen, aber auch die Preise für Weizen und Zucker konnten einen Richtungswechsel vollziehen und zuletzt wieder steigen. In einem Überblick erläutern wir, welche Faktoren zu den starken Preisbewegungen geführt haben und wie wir den weiteren Preisverlauf einschätzen. Auch für die Märkte, die sich in ruhigerem Fahrwasser bewegen oder deren Preisentwicklung uns zumindest weniger überrascht, aktualisieren wir unsere Einschätzung in kurzen Absätzen.
Weizen:
Wochenlang profitierte der Weizenpreis in Chicago nicht von der extrem kalten und trockenen Witterung im Mittleren Westen der USA, obwohl dadurch Schädigungen der häufig nicht durch eine ausreichende Schneedecke geschützten jungen Winterweizenpflanzen auftreten können. Vielmehr hatte sich CBOT-Weizen seit Herbst mit dem Verweis auf ein rekordhohes weltweites Angebot bis Ende Januar um gut 20% auf ein 3½ Jahrestief von 550 US-Cents je Scheffel verbilligt. Dazu trug insbesondere bei, dass der wichtigste Konkurrent der USA auf dem Weltmarkt, Kanada, seine Ernte auf ein Rekordniveau ausbauen konnte, das bis vor kurzem noch mehrfach nach oben korrigiert wurde. Auch die Zahlen für die beendete australische Ernte wurden angehoben.
Seit Anfang Februar erholte sich der Weizenpreis an der CBOT allerdings und handelt seit Mitte Februar wieder oberhalb von 600 US-Cents je Scheffel. Ausschlaggebend für die Umkehr war, dass sich laut US-Landwirtschaftsministerium USDA der Zustand der Winterweizenpflanzen in wichtigen US-Anbaugebieten deutlich verschlechtert hat, was die zuvor gehegten Befürchtungen vor Frostschäden in den Augen der Marktteilnehmer Gewissheit werden ließ. Im wichtigsten Anbaustaat Kansas verringerte sich der Anteil der mit gut oder sehr gut bewerteten Pflanzen gegenüber Ende Dezember von 58% auf 35%.
Wir halten den Preisanstieg bei US-Weizen auch aus weiteren Gründen für gerechtfertigt: So hat sich dessen preisliche Wettbewerbsfähigkeit sowohl gegenüber EU-Weizen als auch gegenüber Mais verbessert, was die Nachfrage ankurbelt (Grafiken 2 und 3). Zudem ist trotz eines weltweit rekordhohen Angebots 2013/14 nicht mit einem nennenswerten Anstieg des mit 21% recht niedrigen weltweiten Lager-Verbrauchs-Verhältnisses zu rechnen (Grafik 4).
Die genannte Gefahr von Winterschäden in den USA macht zudem den Ausblick auf die US-Ernte 2014/15 weniger rosig. Zwar erwartet das USDA in seiner ersten Prognose ein geringfügiges Produktionsplus von 1% auf knapp 59 Mio. Tonnen. Daraus kann aber schnell ein Rückgang werden, falls die Erträge aufgrund der Frostschäden geringer ausfallen als vom USDA unterstellt. Gefahren für die weltweite Produktion 2014/15 gehen auch von einem möglichen El-Niño-Phänomen in der zweiten Jahreshälfte aus.
Auf globaler Ebene erwartet der International Grains Council für 2014/15 einen Rückgang der Weizenproduktion um 1% auf 697 Mio. Tonnen. Wir rechnen daher mit einem weiteren Anstieg des US-Weizenpreises in den kommenden Monaten. Für das vierte Quartal erwarten wir einen Weizenpreis an der CBOT von 650 US-Cents je Scheffel. Der EU-Weizenpreis dürfte sich weniger günstig entwickeln, auch wenn im Februar die Notierungen in Paris leicht nach oben mitgezogen wurden. Zum einen liegen die Notierungen in Paris auf einem deutlich höheren Niveau, denn EU-Weizen hatte besonders vom Ausfall von Qualitätsweizen aus Argentinien und eine hohe Nachfrage nach Futterweizen bei einer verzögerten Maisernte profitiert.
Entsprechend sind die EU-Exporte seit Saisonbeginn mit 19,3 Mio. Tonnen im Vorjahresvergleich um gut 50% gestiegen. Die gestiegene preisliche Konkurrenz durch US-Weizen, erhöhte Qualitätsanforderungen des wichtigen Abnehmers Ägypten und der allgemein gute Zustand der Winterweizenpflanzen in der EU sprechen dagegen, dass ein Preisniveau von mehr als 200 EUR je Tonne für längere Zeit Bestand haben kann. Für das vierte Quartal 2014 erwarten wir einen Weizenpreis in Paris von 185 EUR je Tonne.
Mais:
Der Preis für Mais an der CBOT arbeitet sich nur sehr langsam aus seinem Tal heraus. Mais ist trotz des jüngsten Anstiegs auf 450 US-Cents je Scheffel aber noch immer so günstig wie seit 3½ Jahren nicht mehr. Das niedrige Preisniveau zieht physische Käufer an, wie die robusten US-Exportzahlen zeigen. Der deutliche Preisrückgang im vergangenen Jahr um 40% hat zudem eine Kürzung der in diesem Jahr mit Mais zu bestellenden Anbaufläche zur Folge. Das USDA schätzt ein Minus von 3,5% bei der Fläche, was nach USDA-Ansicht durch eine Rückkehr bei den Erträgen auf Trendniveau (USDA-Annahme 165,3 Scheffel je Morgen) aber noch immer zu einer Rekordernte in Höhe von knapp 14 Mrd. Scheffel(355 Mio. Tonnen) führen soll.
Wir halten diese Einschätzung für zu optimistisch. Denn die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass unvorhergesehene Wettereinflüsse die frühen Ernteprognosen schnell über den Haufen werfen können. Auch das USDA gibt zu bedenken, dass die vergleichsweise noch immer niedrigen Lagerbestände den Markt anfällig für Angebotsschocksmachen.
Gleichzeitig dürften die US-Exporte weiterhin robust bleiben, was das USDA bereits zu einer deutlichen Aufwärtsrevision der Exportschätzung veranlasste. Auf kürzere Sicht bleibt wohl auch die Ernte in Brasilien dürrebedingt hinter den Erwartungen zurück, was zu einer erhöhten Nachfrage nach US-Mais führen sollte und für niedriger als erwartete US-Maisvorräte zum Ende des laufenden Erntejahres spricht. Wir sehen deshalb zwar keine Knappheit am Maismarkt heraufziehen, erwarten aber eine weitere Preiserholung auf 480 US-Cents je Scheffel bis zum vierten Quartal.
Ein Risikofaktor bleiben die Unstimmigkeiten zwischen China und den USA um Lieferungen von US-Mais, die genveränderte Sorten enthalten. Für die Notierungen in Paris bleiben wir bei unserer Einschätzung, dass sich die Einflüsse steigender Maisnotierungen in den USA und niedrigerer Weizennotierungen in Paris in etwa die Waage halten sollten. Entsprechend dürfte sich der Maispreis in Paris über2014 in etwa auf dem gegenwärtigen Niveau halten.
Sojabohnen und Raps:
Auch der Preis für Sojabohnen legte in den letzten Wochen zu und hat das Dezember-Niveau von knapp 1.350 US-Cents je Scheffel zuletzt sogar wieder übertroffen. Die Unsicherheit wegen der Dürre in Brasilien und die damit verbundene Sorge um die vermeintlich sichere Rekordproduktion (aktuelle USDA-Schätzung: 90 Mio. Tonnen) sind hierfür die wichtigsten Gründe.
Inzwischen werden bei der brasilianischen Sojabohnenernte Abstriche in der Größenordnung von 3-5 Mio. Tonnen für möglich gehalten. Gleichzeitig gibt es Überlegungen am Markt, wann und in welchem Umfang China verstärkt Aufträge zur Lieferung von Sojabohnen nach Südamerika vergeben wird. Derzeit fragt das Land weiterhin viel Ware bei seinem Hauptlieferanten USA nach. Dies veranlasste das USDA zu einer vorsichtigen Anhebung der US-Exporte für die Saison 2013/14, was derzeit die Preisentwicklung stützt.
Wir gehen davon aus, dass Brasilien trotz der Dürre die letztjährige Rekordproduktion von 82 Mio. Tonnen übertreffen wird und sich somit für 2013/14 ein deutlicher Angebotsüberschuss am Sojabohnenmarkt ergeben wird. Ein erster Ausblick auf 2014/15 lässt ebenfalls keine Knappheit erwarten. Für die USA rechnet das USDA in Folge der im Jahr 2013 relativ besseren Preisentwicklung bei Sojabohnen im Vergleich zu Mais mit einer kräftigen Ausweitung der Anbaufläche für Sojabohnen um 4% auf 79,5 Mio. Morgen. Daraus soll bei einem unterstellten durchschnittlichen Flächenertrag von 45,2 Scheffel je Morgen eine Rekordernte von 3,55 Mrd. Scheffel (96,6 Mio. Tonnen) resultieren.
Da auch von den Getreidemärkten keine positiven Impulse auf den Sojabohnenpreis zu erwarten sind, rechnen wir mit sinkenden Notierungen für Sojabohnen. Für das vierte Quartal 2014 prognostizieren wir einen Preis von 1.150 US-Cents je Scheffel. Damit sind wir nicht ganz so pessimistisch wie das USDA, welches für das kommende Erntejahr einen Preisrückgang auf weniger als 10 USD je Scheffel erwartet.
Der Rapsmarkt dürfte 2013/14 mit einem kleinen Überschuss schließen (Grafik 5). Vor allem die Rekordernte in Kanada, aber auch die ebenfalls rekordhohe Ernte Russlands und die ordentliche Ernte in der EU ließen das Angebot gegenüber dem Vorjahr stark anschwellen. Dennoch können sich die Rapspreise in Paris bisher behaupten und haben den Rückgang im Winter nun wieder rückgängig gemacht. Zum einen unterstützen die positiven Preisvorgaben vom Sojabohnenmarkt. Zum anderen spielt eine Rolle, dass die rekordhohe Erntemenge aus Kanada aufgrund logistischer und witterungsbedingter Lieferprobleme derzeit nicht auf den Weltmarkt gelangen kann. Mittelfristig wird das kanadische Angebot allerdings Druck auf die Notierungen in Paris ausüben.
Auch der Blick auf das Angebot der nächsten Saison spricht für einen fallenden Rapspreis: Derzeit sind die Vorzeichen für die Rapsente 2014 in der EU insgesamt gut. Die EU-Rapsproduktion dürfte 2014 nochmals leicht steigen, zumal Frankreich nach den Einbußen des letzten Jahres wieder mehr produzieren soll. Auch wenn Kanada sein Rekordniveau aus 2013 wahrscheinlich nicht wird halten können, bleibt die Versorgung mit Raps und Ölsaaten somit auch in der nächsten Saison insgesamt gut. Für den Rapspreis erwarten wir im vierten Quartal daher ein leicht niedrigeres Niveau von 350 EUR je Tonne.
Baumwolle:
Der Baumwollpreis legt nach der positiven Entwicklung im vergangenen Jahr auch zu Beginn des Jahres 2014 weiter zu. Mitte Februar notiert er bei knapp 90 US-Cents je Pfund und damit so hoch wie zuletzt im August 2013. Grund dafür ist vor allem die starke Nachfrage nach US-Baumwolle bei gleichzeitig knappem Angebot. Die USA verzeichneten als weltgrößter Exporteur und Anbieter qualitativ hochwertiger Baumwolle im vergangenen Jahr die niedrigste Ernte seit vier Jahren. Die weltweiten Baumwollvorräte sollen zum Saisonende zwar auf einem Rekordniveau liegen. Der größte Teil davon befindet sich allerdings in China und steht daher dem Weltmarkt nicht zur Verfügung (Grafik 6).
Noch ist nicht ganz klar, wie die neue chinesische Baumwollpolitik in Zukunft aussehen wird. Ziel ist es, die staatlichen Lager nicht weiter anschwellen zu lassen und dafür zu sorgen, dass den heimischen Anbietern heimische Ware günstiger angeboten wird. Beides dürfte mit sinkenden Importen vom Weltmarkt einhergehen, was die internationalen Preise im Jahresverlauf belasten dürfte (Grafik 7).
Da die Preisentwicklung bei Baumwolle über das vergangene Jahr im Vergleich zu vielen anderen Produkten deutlich besser war, dürfte die Baumwollfläche in den USA 2014 erhöht werden. Das National Cotton Committee hält ein Plus von 8% und das USDA sogar von 10,5% für wahrscheinlich. In China selbst wird die Baumwollfläche 2014 dagegen wohl um etwa 11% verringert, nachdem das Auslaufen der Lagerankäufe angekündigt wurde. Dies wäre die dritte Reduktion der Anbaufläche in Folge. Das USDA erwartet zwar, dass die Einfuhren Chinas nach einigen Jahren rückläufiger Importe ab 2017/18 wieder signifikant steigen werden. Auf Sicht der nächsten ein bis zwei Jahre dürfte dies aber wenig preiswirksam sein.
Fazit: Wir rechnen nicht damit, dass sich der Baumwollpreis mittelfristig auf dem derzeitigen Niveau wird halten können. Wir prognostizieren für Q4 2014 einen Baumwollpreis von 74 US-Cents je Pfund.
Kaffee:
Noch im November waren die Notierungen für Kaffee Arabica bis auf 100 US-Cents je Pfund abgesunken. Inzwischen notieren sie nach einem Anstieg um mehr als 50% seit Jahresbeginn bei 170 US-Cents je Pfund. Kaffee Arabica ist damit so teuer wie zuletzt im Oktober 2012. Allein seit Ende Januar ist der Preis für Kaffee Arabica um ca. 40% gestiegen (Grafik 8). Was ist passiert?
Der Markt reagierte lange Zeit nicht darauf, dass die Produktionskosten vielfach durch die Preise nicht mehr gedeckt werden konnten. Angebotsrisiken wie die seit einem Jahr in Mittelamerika grassierende Krankheit Blattrost wurden ausgeblendet. Der Markt war vielmehr einseitig auf das Szenario eingeschworen, wonach der dritte globale Angebotsüberschuss am Kaffeemarkt in Folge und hohe Lagerbestände 2013/14 für weiter fallende Arabica-Kaffeepreise sprechen würden. Das bevorstehende Hochertragsjahr in Brasilien und eine wieder deutlich erhöhte Produktion in Kolumbien taten ihr übriges. Die Netto-Short-Positionen der kurzfristig orientierten Marktteilnehmer erreichten daraufhin im November ein Rekordniveau.
Inzwischen hat die Stimmung vor allem aufgrund von Wetternachrichten aus dem mit Abstand wichtigsten Arabica-Produzentenlandes Brasilien um 180 Grad gedreht. Marktteilnehmer, die in Erwartung einer hohen Ernte auf sinkende Preise gesetzt hatten, schließen ihre Positionen. Inzwischen setzen die kurzfristig orientierten Marktteilnehmer erstmals seit zwei Jahren wieder auf Preissteigerungen. Seit Dezember ist es in den wichtigen Kaffeeanbaugebieten Brasiliens zu heiß und zu trocken.
Im Süden des Hauptanbaugebietes Minas Gerais wurde in den letzten beiden Monaten allenfalls die Hälfte des normalen Niederschlages gemessen. Januar und Februar waren laut Angaben des Wetterdienstes Somar Meteorologia die trockensten Monate seit 30 Jahren. Aufgrund der Trockenheit können sich die Kaffeebohnen nicht richtig entwickeln. Gerade in den ersten drei Monaten des Jahres ist der Bedarf an Wasser für eine optimale Entwicklung der Bohnen besonders hoch. Zudem wird ohne Wasser die Düngung erschwert.
Die optimistischen Prognosen einer brasilianischen Kaffeeernte von teilweise über 60 Mio. Sack sind nicht mehr zu halten. Realistischer ist eine Ernte von 50-55 Mio. Sack (Grafik 9). Dazu wird die Zeit zum Auffüllen der Wasservorräte allmählich knapp. Diese werden für die Trockenzeit benötigt, welche im April beginnt und bis September andauert. Inzwischen werden daher bereits auch mögliche negative Folgen für 2015 diskutiert, falls sich die Kaffeebäume nicht angemessen entwickeln können. Ernteeinbußen um 10% werden für möglich gehalten. Ersichtlich ist dies auch an der Terminkurve, welche trotz des massiven Preisanstiegs weiterhin im Contango ist.
Der Markt geht also auch mittel- bis langfristig von weiter steigenden Preisen aus. Auch aus Mittelamerika kommen schlechte Nachrichten, wie der für Mexiko erwartete Rückgang der Kaffeeernte um 40% verdeutlicht.
Wir erachten das Ausmaß des Preisanstiegs der letzten Wochen dennoch als übertrieben. Der Markt scheint mittlerweile von einem Extrem ins andere gewechselt zu sein und beträchtliche Ernteausfälle in Brasilien sowie ein merkliches Angebotsdefizit bei Kaffee Arabica einzupreisen. Damit das derzeitige Preisniveau nachhaltig ist, müsste die Kaffeeernte in Brasilien in diesem Jahr auf weniger als 50 Mio. Sack fallen und auch sich im kommenden Jahr kaum nennenswert erholen.
Wir gehen von einem gemäßigteren Szenario aus, in dem sich die nächste brasilianische Kaffeeernte auf einem noch immer hohen, wenn auch etwas niedriger als zuvor erhofften Niveau realisieren wird. Die Verfügbarkeit an Kaffee Arabica sollte daher hoch bleiben, zumal die kolumbianische Produktion auf dem Weg zu alter Stärke ist.
Seit Beginn des Erntejahres im Oktober bis Januar lag die Ernte in Kolumbien, dem zweitwichtigsten Produzenten von Kaffee Arabica, 34% höher als im Vorjahreszeitraum. Bereits im letzten Erntejahr hatte Kolumbien seine Kaffeeproduktion um knapp 30% auf 9,9 Mio. Sack steigern können, was einem 5-Jahreshoch entsprach. Die Nachfrageseite dürfte auf den kräftigen Preisanstieg ebenfalls reagieren. Mittlerweile ist Kaffee Arabica wieder fast doppelt so teuer wie Kaffee Robusta.
Letztmals war dies im Frühjahr 2012 der Fall. In der Folge dürfte es bei der Nachfrage eine Verschiebung zugunsten von Kaffee Robusta kommen. Wir sehen daher für Kaffee Arabica kein nennenswertes Potenzial mehr für weitere Preissteigerungen, sondern rechnen nach einer Phase der Stabilisierung mit fallenden Notierungen im Jahresverlauf. Mit 130 US-Cents je Pfund für Q4 2014 schätzen wir aber die Preise deutlich höher als das Niveau, das über weite Teile von 2013 vorherrschte.
Der Preis für Kaffee Robusta stieg im Schlepptau des Preisanstiegs bei Kaffee Arabica erstmals seit Mai 2013 auf 2.000 USD je Tonne. Seit Jahresbeginn beläuft sich das Plus auf 17%. Neben der Preisrallye bei Kaffee Arabica hat die konsequente Zurückhaltung der vietnamesischen Produzenten bei ihren Verkäufen zum Preisanstieg bei Kaffee Robusta beigetragen. Trotz einer hohen Ernte von etwa 27 Mio. Sack im weltgrößten Robusta-Produzentenland Vietnam gelang es daher, das Preisniveau nach dem Rückgang im Herbst schon vor dem jüngsten Anstieg wieder auf mehr als 1.800 USD zu treiben. In der Folge sind die Lagerbestände in Vietnam Informationen eines Händlers zufolge inzwischen so hoch wie noch nie zu dieser Jahreszeit.
Das zurückbehaltene Angebot dürfte in den kommenden Monaten angesichts des inzwischen deutlich höheren Preisniveaus an den Markt kommen und einem weiteren Preisanstieg somit entgegenstehen. Gleichzeitig dürfte dadurch ein geringeres Angebot des drittgrößten Robusta-Produzentenlandes Indonesien kompensiert werden. Indonesien soll in diesem Jahr 13% weniger Kaffee Robusta produzieren als im vergangenen Jahr. Eine steigende inländische Nachfrage soll außerdem dazu führen, dass die Exporte Indonesiens sogar um 17% zurückgehen.
Bei Robusta-Kaffee ist ein etwa ausgeglichenes Verhältnis von Produktion und Nachfrage in der Saison 2013/14 zu erwarten. Wenn unsere Erwartung eintrifft, dass die Arabica-Preise bald korrigieren, dürfte es aber auch den Robustapreisen schwerfallen, sich diesem Sog zu entziehen. Zudem dürften die Lieferungen aus Vietnam anziehen. Für Q4 bleiben wir daher bei unserer Preisprognose von 1.600 USD je Tonne.
Zucker:
Jahrelange Überschüsse am Zuckermarkt haben die weltweiten Lagerbestände auf ein Rekordniveau steigen lassen. Die gute Perspektive für die nächste Zuckerrohrernte in Brasilien bei einem gleichzeitig schwachen Brasilianischen Real deutete auf eine weiterhin hohe Verfügbarkeit von Zucker an den internationalen Märkten hin. Die Ernteschätzungen mancher Beobachter für die Hauptanbauregion Center-South lagen bislang bei rekordhohen 620 Mio. Tonnen. Der Rohzuckerpreis stand deshalb über Monate hinweg unter Druck. Ende Januar fiel er auf 14,7 US-Cents je Pfund und damit auf den niedrigsten Stand seit Juni 2010. Ab Ende Januar ging es mit dem Preis kräftig nach oben. Ende Februar notierte Rohzucker wieder bei über 17 US-Cents je Pfund, was dem höchsten Niveau seit drei Monaten entspricht (Grafik 10).
In Analogie zum Kaffeemarkt wird regelmäßig auf die Hitze und Trockenheit in Brasilien verwiesen. Zunächst wurden die Risiken für die in wenigen Wochen beginnende Zuckerrohrernte nicht allzu hoch eingeschätzt, da im Hauptanbaugebiet Center-South die Bodenfeuchtigkeit noch ausreichend ist. Dies änderte sich erst, als die brasilianische Zuckerindustrievereinigung Unica die dürrebedingten Ernteverluste in Center-South auf 35-40 Mio. Tonnen bezifferte.
Die Trockenheit belastet die neu bestellten Felder besonders und kann ein empfindlich geringeres Angebot zur Folge haben. Trotz größerer Anbaufläche soll in Center-South daher keine höhere Zuckerrohrernte erzielt werden. Das Analysehaus F.O. Licht rechnet inzwischen mit einer Stagnation der Erntemenge bei rund 600 Mio. Tonnen. Der größte brasilianische Zuckerexporteur Copersucar rechnet sogar nur mit 570 Mio. Tonnen sowie einer Zuckerproduktion in Center-South von 32 Mio. Tonnen(bisherige Schätzung 35 Mio. Tonnen).
Unklar ist derzeit noch, welche Mengen an Zucker Indien demnächst auf den Markt bringen könnte. Offiziellen Schätzungen zufolge wird Indien im laufenden Erntejahr 25 Mio. Tonnen Zucker produzieren. Andere Beobachter gehen aufgrund übermäßiger Regenfälle von einem 4-Jahrestief von nur 23,5 Mio. Tonnen aus. Der Verbrauch wird auf 22-23 Mio. Tonnen geschätzt.
Von den erwarteten 4 Mio. Tonnen hat Indien im Erntejahr 2013/14 bislang erst 700 Tsd. Tonnen Zucker exportiert, weil das niedrige Preisniveau auf dem Weltmarkt Exporte unattraktiv machte. Stattdessen kam es zu einem deutlichen Anstieg der heimischen Lagerbestände und Druck auf die heimischen Preise. Nun hat die indische Regierung attraktive Exportsubventionen bekannt gegeben, mit deren Hilfe über die nächsten beiden Jahre 4 Mio. Tonnen Rohzucker exportiert werden sollen. Das zusätzliche Angebot aus Indien könnte das fehlende Angebot aus Brasilien teilweise ausgleichen und damit einem weiteren Preisanstieg entgegenstehen.
Der globale Zuckermarkt dürfte in der laufenden Saison 2013/14 zum vierten Mal in Folge einen Angebotsüberschuss aufweisen (Grafik 11). Dieser wird von den meisten Marktbeobachtern auf 4 Mio. Tonnen beziffert. Unterschiedliche Einschätzungen bestehen aber für die Zeit danach: Die Internationale Zuckerorganisation ISO erwartet, dass sich 2014/15 ein Angebotsdefizit von 2 Mio. Tonnen ergibt, weil die Produktion sinkt und die Nachfrage weiter steigt.
Die Analyseeinheit Kingsman und der Zuckerhändler Dreyfuß prognostizieren dagegen auch für 2014/15 Überschüsse zwischen 2 Mio. und 5 Mio. Tonnen. Diese Schätzungen dürften die drohenden Rückgänge bei der Zuckerrohrernte und der Zuckerproduktion in Brasilien noch nicht ausreichend berücksichtigen. Die kurzfristig orientierten Marktteilnehmer setzen seit Dezember mehrheitlich auf sinkende Preise. Wenn die Marktstimmung aufgrund der Nachrichtenlage in Brasilien dreht, könnten Short-Eindeckungen die Preise weiter steigen lassen. Dies und die Perspektive eines möglichen Angebotsdefizits sprechen trotz des bereits erfolgten Preisanstiegs für noch weiteres Preispotenzial nach oben. Wir rechnen mit einem Rohzuckerpreis von 18 US-Cents je Pfund im vierten Quartal.
Kakao:
Der Kakaopreis in London stieg im Februar in der Spitze auf 1.880 GBP je Tonne, das höchste Niveau seit September 2011 (Grafik 12). Gleiches gilt für den Kakaopreis in New York mit 3.000 USD je Tonne. Das weltweite Angebot konnte die globale Nachfrage bereits in der abgelaufenen Saison 2012/13 nicht decken. Auch für das Erntejahr 2013/14 ist mit einem Marktdefizit zu rechnen, welches auf eine Größenordnung von 100 Tsd. Tonnen beziffert wird.
Dafür dürfte vor allem die robuste Nachfrage sorgen. Zuletzt war für Europa im vierten Quartal 2013 mit 6,2% das stärkste jährliche Wachstum bei der Kakaoverarbeitung seit zwei Jahren gemeldet worden, Asien meldete gar einen Anstieg um 10%. Die Verarbeitung in Amerika wies mit 4,4% ebenfalls ein solides Plus auf. In den wichtigsten Produzentenländern Elfenbeinküste und Ghana wird unbestätigten Schätzungen zufolge zwar wieder mit deutlich höheren Kakaoanlieferungen gerechnet, was auf eine bessere Ernte hindeutet als im Vorjahr.
Allerdings schmilzt das Plus der Anlieferungen gegenüber dem Vorjahr in den letzten Wochen beständig ab. Schlechte Nachrichten kommen auch aus dem drittgrößten Produzentenland Indonesien, wo die Produktion in diesem Jahr aufgrund übermäßiger Nässe auf das niedrigste Niveau seit 10 Jahren absinken soll. Das Angebotsdefizit könnte in diesem Erntejahr daher höher ausfallen.
Erste offizielle Schätzungen wird die Internationale Kakaoorganisation ICCO Ende Februar bekannt geben (Grafik 13). Auch für die nächste Saison ist kein ausreichendes weltweites Angebotswachstum zu erwarten, um die steigende Nachfrage zu decken. Vielmehr wird für die zweite Jahreshälfte 2014 ein El-Niño-Wetterphänomen erwartet, das für Westafrika mit erhöhter Trockenheit einhergeht und die Produktion nach einer Untersuchung der ICCO signifikant schmälern kann. Die Perspektive struktureller Angebotsdefizite am Kakaomarkt dürfte die Preise trotz weiterhin reichlicher globaler Lagerbestände auf hohem Niveau halten. Unsere Preisprognose für Q4 2014 lautet auf 1.850 GBP je Tonne.
Auf einen Blick
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: 'Rohstoffe kompakt', Commerzbank AG
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