Genussmittel: Brasiliens Erntefortschritt drückt auf Preise
13.09.2012 | Eugen Weinberg (Commerzbank)
Nach anfänglichen Ernteverzögerungen drückte die erwartete Rekordproduktion Brasiliens auf die Preisentwicklung bei Kaffee. Die mittelfristige Perspektive eines knappen Angebots an hochwertigem Arabica-Kaffee bleibt aber bestehen. Auch bei Robusta-Kaffee könnte sich das Angebot bald verknappen, denn die nächste vietnamesische Ernte dürfte geringer ausfallen. Bei Zucker lässt die Aussicht auf einen weiteren hohen globalen Überschuss in 2012/13 vorerst keine grundlegende Preiserholung erwarten. Dagegen bereitet sich der Markt bei Kakao auf ein höheres Defizit in 2012/13 vor. Dies dürfte die Preise auf höherem Niveau halten.
Kaffee:
Über die vergangenen 12 Monate kannte der Arabica-Preis im Wesentlichen nur eine Richtung: nach unten. Zwischen Anfang September 2011 und heute gaben die Notierungen in New York um über 40% nach und lagen zwischenzeitlich bei unter 160 US-Cents je Pfund für den meistgehandelten Kontrakt mitFälligkeit Dezember 2012. Der zwischenzeitliche Anstieg im Juni und Juli auf knapp unter 190 US-Cents je Pfund war den Ernteverzögerungen in Brasilien geschuldet und erwiessich von kurzer Dauer. Dabei sollte die laufende Ernte nicht darüber hinwegtäuschen, dass insbesondere hochwertiger Arabica-Kaffee nur begrenzt verfügbar ist und spätestens mitdem folgenden Jahr wieder regelrecht knapp zu werden droht.
Allerdings findet inzwischenangesichts der schwächeren weltwirtschaftlichen Entwicklung auf der Nachfrageseite durch die Röstereien eine gewisse Substitution von Arabica-Kaffee durch den günstigeren Robusta-Kaffee statt. Marktteilnehmer schätzen, dass der Anteil von Robusta-Kaffee am gesamten Kaffeekonsum von 40% in 2010/11 auf 46% in 2012/13 steigen wird.Diese Nachfrageverschiebung, die wohl auch nicht kurzfristig korrigiert werden wird,hat gemeinsam mit dem derzeit hohen auf den Markt kommenden Angebot an Arabica-Kaffee den Preisvorteil für Arabica stark abschmelzen lassen.
Dabei ist aber zu beachten, dass der Konsumzuwachs insgesamt zuletzt schwächer ausfiel als im langfristigen Durchschnitt. In 2011 stieg der Konsum nach Angaben der Internationalen Kaffeeorganisation ICO nur um 0,5% auf 137,9 Mio. Sack. Auf der Angebotsseite ergibt sich für die mit dem September endende Saison 2011/12 ein Minus gegenüber der Vorsaison von 1,2% auf 132,1 Mio. Sack, wovon 81,2 Mio. Sack Arabica-Kaffee sein sollen (-4,7% gegenüber 2010/11). Somitergibt sich für 2011/12 ein Angebotsdefizit (Grafik 2). Im Fokus steht nun aber das Erntejahr 2012/13, welches in Brasilien ein Hochertragsjahr ist.
In Brasilien dürfte die Ernte der Arabica-Kaffeebohnenin der zweiten Septemberhälfte abgeschlossen werden. Nachdem die Erntearbeiten zunächst im Juni und Anfang Juli durch starken Regen verzögert worden waren, verliefen sieseit Mitte Juli bei trockener Witterung unproblematisch. Die Regierung erwartet, dass in der Saison 2012/13, zu der die laufende Ernte bereits zählt, rekordhohe 50,5 Mio. Sack an Arabica- und Robustakaffee produziert werden (Grafik 3). Andere Quellen sprechen sogar vonErgebnissen bis 55 Mio. Sack.
Der gute Erntefortschritt hat den Preisanstieg zwischen Mitte Juni und Mitte Juli bei Arabica-Kaffee wieder weitgehend rückgängig gemacht. Allerdings ist die Qualität nicht immer befriedigend, was ebenfalls auf die starken Regenfälle zurückzuführenist. In Guatemala und Honduras hat eine Pflanzenkrankheit (roya) um sich gegriffen, was die Ernte belasten sollte. In Kolumbien wird zwar seit einigen Monaten jeweils mehr als im entsprechenden Vorjahresmonat produziert, insgesamt allerdings liegt die Ernte in 2011/12 seitOktober letzten Jahres noch immer deutlich unter 2010/11.
Es bleibt abzuwarten, ob insgesamt die Marke von 7 Mio. Sack genommen werden kann, und ob sich die bisherige Schätzung des Produzentenverbands und des Landwirtschaftsministers für 2012/13 von bereits gegenüber lange gehegten Hoffnungen abgespeckten 9 Mio. Sack realisieren lässt. Kurzfristig allerdings hat auch das verstärkt fließende kolumbianische Angebot auf die Preise gedrückt. Nur kurz hatte der Preis von Befürchtungen profitiert, der Sturm Isaac könnte Warein Lagern in New Orleans vernichten.
Der Robustapreis hat seit Anfang August um über 7% nachgegeben, wozu die gute Verfügbarkeit durch seit Monate starke Exporte aus Vietnam nach der dortigen letzten Rekordernte beigetragen haben dürfte. Nach Angaben der ICO konnte Vietnam seine Exporte in den ersten zehn Monaten von 2011/12 um über 30% gegenüber der Vorjahresperiode ausbauen (Grafik 4).
Zudem ist in Brasilien, dem zweitgrößten Robusta-Produzenten, bereits die Robustaernte abgeschlossen und soll 12,5 Mio. Sack erbracht haben. Zuletzt allerdings konnte sich der Preis erholen, seit sich der Blick vermehrtauf die nächsten Ernten richtet. Dabei regt sich Sorge über zu hohe Trockenheit in wichtigen vietnamesichen Anbaugebieten (v.a. Dak Lak), die zu einer Einbuße in der Größenordnung von 10%-15% gegenüber der letzten rekordhohen Ernte führen könnte. Deren Niveau wird immer höher gehandelt.
Während lange Zeit nur gut 18 Mio. Sack an die ICO gemeldet wurden, wies diese bereits vor Wochen auf die Unstimmigkeiten dieser Angaben mit den Exportmengen hin und hat zuletzt die Angabe auf 21 Mio. Sack angehoben. Inzwischen werden am Markt sogar Größenordnungen von 24 Mio. Sack der Ernte 2011/12 genannt. Selbst ein Minus von 10-15% würde dann noch immer um die 21 Mio. Sack bedeuten. In Vietnam soll die Kaffeeernte 2012/13 Ende nächsten Monats beginnen.
Daran schließt sich die Frage an, ob die hohen Exportsteigerungen – nach Angaben der Internationalen Kaffeeorganisation wurde weltweit imJuli 22% mehr Robusta-Kaffee exportiert als im Vorjahresmonat und in der bisherigen Saison insgesamt 12% mehr - bald auslaufen werden. Aus Brasilien kam nach Angaben des Kaffeeexportrats in den ersten sieben Monaten des Jahres über 60% weniger Robusta-Kaffee auf den Weltmarkt. Das Land ist selbst ein großer Kaffeekonsument geworden und könnte bald die USA als weltgrößten Konsumenten ablösen.
Die Robusta-Bestände in Lagerhäusern der Londoner Börse Liffe sind seit dem Rekordhoch vom Juli 2011 von über 417 Tsd. Tonnen bzw. 7 Mio. Sack um 67% gesunken. Dagegen sind die Bestände der ICE an Arabica-Kaffee von niedrigemNiveau aus gestiegen und liegen inzwischen auf so hohem Niveau wie seit Herbst 2010nicht mehr. Dies kann als Ausdruck der gedämpften Nachfrage in einigen traditionellen Konsumentenländern interpretiert werden.
Während bei Robusta in der Saison 2012/13 in etwa ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage herrschen dürfte, ist bei Arabica angesichts des Hochertragsjahres in Brasilien für 2012/13 ein Überschuss zu erwarten. Dies lässt die spekulativen Finanzanleger auf weiter fallende Preise setzen. In den letzten fünf Wochen haben sie ihre kurz zuvor auf fast Null zurückgefahrenen Netto-Short-Positionen auf den höchsten Stand seit Mai 2007 ausgebaut, was das Risiko von Short-Eindeckungen in sich trägt.
In den kommenden Monaten dürfte immer mehr ins Blickfeld rücken, dass die nächste brasilianische Ernte die eines Niedrigertragsjahres sein wird. Die staatliche Prognoseeinrichtung Conab ist für diese angesichts des insgesamt guten Zustands der Kaffeebäume zuversichtlich. Dennoch wird ein deutlicher Produktionsrückgang zu verzeichnen sein, der auf demArabica-Markt schnell zu einem Defizit führen dürfte. Wir erwarten daher bald anziehende Notierungen.
Zucker:
Ende August ist der Preis für Rohzucker wieder unter die Marke von 20 US-Cents je Pfund gesunken, die er zuletzt Anfang Juni unterschritten hatte. Bis Mitte Juli hatten die Notierungen auf 24 US-Cents zugelegt, da die Erntearbeiten in Brasilien durch starken Regen im Mai und Juni verzögert wurden. Mit anziehender Erntetätigkeit - inzwischen laufen sie bei trockenerer Witterung auf Hochtouren - gaben sie seither wieder nach.
Denn inzwischen wird nicht nur eine raschere Ernte, sondern auch ein höheres Ernteergebnis als lange Zeit erwartet. So erwartet die Zuckerindustrievereinigung Unica für das Hauspanbaugebiet Center-South eine Ernte von mindestens 509 Mio. Tonnen Zuckerrohr nach enttäuschenden 493 Mio. Tonnen in der Vorsaison. Allerdings scheint es, als blieben die Meldungen über Qualitätsprobleme im derzeitigen Umfeld weitgehend unbeachtet. Der Zuckergehalt jedenfalls liegt deutlich unter dem Vorjahreswert, was auf die lange Zeit zu hohe Feuchtigkeit zurückgeht.
Eine größer als erwartete Menge an Zuckerrohr bedeutet daher nicht in gleichem Maße einen Anstieg der damit zu erzielenden Zuckerproduktion, die zudem mit der Verwendung zur Ethanolproduktion konkurriert. Allerdings erwartet Unica allein für Center-South eine Zuckerproduktion von 33,1 Mio. Tonnen, d.h. ein Plus von 5,75% gegenüber dem Vorjahr. Trotz der schwachen Preisentwicklung bei Zucker ist diese Verwendung für die Mühlen nach Angaben des Zuckerhandelshauses Kingsman derzeit lukrativer als die Ethanolproduktion.
Allerdings dürfte Brasilien noch immer erheblich unter der Rekordernte von 2009/10 bleiben, als 40,9 Mio. Tonnen Zucker produziert wurden. Dennoch kann der Anstieg um 3,9 Mio. Tonnen gegenüber der Vorperiode auf nun von der ISO erwartete 38,1 Mio. Tonnen Zucker befriedigen. Dass die Saison 2011/12 mit einem deutlichen globalen Überschuss schließen würde, war bereits lange klar (Grafik 5).
Unklar war, wie hochdieser ausfallen würde. Gegenüber ihrer aktuellen Einschätzung von Ende August, wonach mit einem Überschuss in Höhe von 5,2 Mio. Tonnen gerechnet werden kann, lag sie in ihren ersten Schätzung niedriger, im Mai dann allerdings höher. Inzwischen liegen auch erste offizielle Schätzungen für die im Oktober international startende Saison 2012/13 vor, zu der die laufende brasilianische Ernte bereits zählt.
Die ISO erwartet für 2012/13 einen weltweiten Überschuss der Produktion über den Verbrauch in Höhe von 5,9 Mio. Tonnen. Anders als in der zu Ende gehenden Saison, in der ein erstmals seit 10 Jahren sinkendes brasilianisches Angebot durch Zuwächse in anderen Regionen mehr als ausgeglichen wurde, ist in 2012/13 auch Brasilien mit einer hohen Ernte vertreten und soll dazu beitragen, dass die Weltproduktion gegenüber dem bisher rekordhohen Vorjahr um 3,9 Mio. Tonnen auf einen neuen Rekordwert von 177,4 Mio. Tonnen steigt.
Produktionsanstiege erwartet die ISO auch für den drittgrößten Exporteur Australien von 4 auf 4,5 Mio. Tonnen Zucker und für den weltgrößten Verbraucher China von 12,5 auf 13,6 Mio. Tonnen. Rückläufig dürfte dagegen die Produktion im zweitgrößten Produzentenland Indien sein, die aufgrund des schwachen Monsuns nach laut ISO 28 Mio. Tonnen in 2011/12 nun auf 26,6 Mio, Tonnen nachgeben dürfte. Andere Quellen setzen allerdings die indische Ernte 2011/12 nur bei gut 26 Mio. Tonnen fest, rechnen aber ebenfalls mit einem Minus von etwa 2 Mio. Tonnen in der kommenden Saison (u.a. der Food Minister Thomas), obwohl die Fläche um 4% ausgedehnt wurde.
Auch dann allerdings soll die heimische Nachfrage intern gedeckt werden können, so dass die Importabgabe von 10% beibehalten wird. Eininterner Überschuss von 1,5 Mio. Tonnen dürfte realistisch sein, der allerdings erst exportiert werden dürfte, wenn in den ersten Monaten des neuen Jahres mehr Klarheit über die dann folgende Ernte herrschen dürfte.
Anders als zuletzt könnte also Indien als Lieferant auf dem Weltmarkt bald weitgehend ausfallen, eine Situation, die vor Monaten so nicht abzusehen war und den mangelnden Regenfällen geschuldet ist. Eine deutliche Verbesserung der Feuchtigkeitssituation – zuletzt hat sich die Regentätigkeit deutlich erhöht - könnte aber noch eine gewisse Ertragssteigerung bis zur Ernte bringen.
Inzwischen sah sich aber auch die Vereinigung der Zuckermühlen - die ein Interesse daran hat, die Exportkanäle offen zu halten – dazu gezwungen, ihre Prognose auf 24 Mio. Tonnen zurück zu nehmen (Grafik 6). Auch Thailand dürfte nach 10,6 Mio. Tonnen in 2011/12 nun nur noch maximal knapp die 10-Mio.-Tonnen-Marke nehmen.
Andere Beobachter hatten bereits als die ISO früher Schätzungen zur Saison 2012/13 abgegeben und sehen sich nun durch den Regenmangel in Indien zu Abstrichen gezwungen. Zwar liegt etwa Kingsman mit seiner Schätzung eines Überschusses von 6,7 Mio. Tonnen noch über der ISO, hatte zwischenzeitlich aber 17% mehr geschätzt.
Auch in China sind die Zuckerpreise stark gefallen (Grafik 7), was dazu geführt hat, dass die Regierung erhöhte Aufkäufe beschlossen hat. Wenn dieinländischen Preise dadurch steigen, werden für die Zuckerverarbeitungsunternehmen Importe selbst nach Zahlung der Importzölle attraktiver. Dies wirkt über eine Verringerung des Überschusses auf dem internationalen Markt ebenfalls preisstützend.
Nach Einschätzung von Kingsman dürfte China im Kalenderjahr 2012 3,3 Mio. Tonnen Rohzucker und 650 Tsd. Tonnen Weißzucker importieren. Für 2013 erwartet Kingsman dann allerdings, dass nicht über die Quote von 1,94 Mio. Tonnen hinaus importiert wird. Auch in Russland wird weniger Importbedarf gesehen. Mit nur noch 450 Tsd. Tonnen dürfte der einst bedeutende Importeur kaum noch aktiv sein. Denn in diesem Jahr gedeihen die russischen Zuckerrüben sehr gut, so dass bei der Produktivität wie bereits im Vorjahr ein neuer Rekord erreicht werden dürfte. Zur Nr. 1 der Importeure könnte nun Indonesien werden. Die EU-Produktion dürfte 16,5 Mio. Tonnen betragen (-8% gg.Vj.), auch wenn die Produktion in Deutschland mit 4,5 Mio. Tonnen etwa auf Vorjahresniveau liegen dürfte.
Die Perspektive eines zweiten hohen Überschusses in Folge lastet auf den Preiserwartungen: Auch die Terminkurve weist über die nächsten Monate keine höheren Preise als 21 US-Cents auf. Das Klimaphänomen El Niño könnte bald übermäßige Regenfälle in die wichtigsten Anbaugebiete Brasiliens bringen. Damit besteht die Gefahr, dass manche Felder nicht abgeerntet werden könnten und entsprechend einiges Zuckerrohr bis zur nächsten Saison auf den Feldern verbleibt. Dies könnte den Preisen Auftrieb geben. Auch wir sehen allerdings nur begrenztes Preissteigerungspotenzial über die nächsten Monate.
Kakao:
Im August konnte der Kakaopreis, der sich seit Jahresbeginn in einer Spanne von gut 2.200 USD je Tonne und gut 2.400 USD je Tonne bewegt hatte, nach oben ausbrechen. Mit derzeit 2.660 USD je Tonne markiert der Preis in New York ein Zehn-Monatshoch.
Ausschlaggebend hierfür sind Erwartungen, dass insbesondere in Westafrika die nächste Ernte unter der erhöhten Trockenheit leiden könnte. Ghana, das in der Saison 2010/11 damit überrascht hatte, sein ehrgeiziges Ziel von mehr als 1 Mio. Tonnen vorzeitig erfüllt zu haben, ist in der in diesem Monat endenen Saison 2011/12 auf von der Internationalen Kakaoorganisation ICCO geschätzte 860 Tsd. Tonnen zurückgefallen.
Auch für die kommende Saison werden nicht mehr als 840 Tsd. Tonnen erwartet. Im wichtigsten Anbauland Elfenbeinküste fiel die Ernte in der laufenden Saison ebenfalls geringer aus als dieRekordernte des Vorjahres von 1,51 Mio.
Tonnen. Die Angaben für 2011/12 reichen nun von Werten zwischen 1,4 Mio. Tonnen und 1,48 Mio. Tonnen, die Industriekreise melden. Für 2012/13 liegen erste Schätzungen nochmals leicht niediger. Denn auch die Elfenbeinküste hatte wochenlang zu wenig Regen erhalten, was möglicherweise bereits mit dem Klimaphänomen El Niño in Verbindung steht.
Nach Angaben des australischen Wetterdienstes befinden sich die entsprechenden Indikatoren nahe den El-Niño-Grenzwerten. Gleichzeitig schien die Sonne zu wenig, was die Verbreitung einer Pilzkrankheit erleichterte. Insgesamt ist in der mit70% des weltweiten Angebots größten Produzentenregion Afrika nach einem Ernterückgang in 2011/12 von 440 Tsd. Tonnen gegenüber dem Rekordvorjahr (-14%) auch die Perspektive für 2012/13 eingetrübt.
Auf der Nachfrageseite hatten die schwachen Daten für das zweite Quartal - Rückgänge um 18% gegenüber Vorjahr in Europa und um 10% in Nordamerika - nach dem bereits schwachen ersten Quartal die Preise belastet (Grafik 8). Sie waren auch der Hauptgrund dafür, dass die ICCO in ihrem jüngsten Quartalsbericht das Angebotsdefizit für 2011/12 nochmals auf nun 19 Tsd. Tonnen reduzierte, obwohl sie gleichzeitig dieProduktionserwartung für die in einem Monat zu Ende gehende Ernteperiode 2011/12 um 28 Tsd. auf 3,962 Mio. Tonnen nach unten revidierte.
Dies ist nach der Rekordernte aus dem Vorjahr in Höhe von 4,309 Mio. Tonnen aber noch immer die zweitgrößte Ernte aller Zeiten. Gründe für die schwächere Einschätzung liegen vor allem in der monatelang zu trockenen Witterung in Westafrika. Andere Regionen können die resultierenden Verluste nicht wettmachen.
Insgesamt setzt sich am Markt die Erwartung durch, dass das bevorstehende Jahr 2012/13 mit einem weiteren Defizit abschließen dürfte. Dabei reichen die Schätzungen bis zu 100 Tsd. Tonnen (Grafik 9). Dies wäre das zweite Defizit in Folge und von der Größenordnung her bedeutender als die nach einigen Reduktionen nur noch prognostizierten 19 Tsd. Tonnen, die die ICCO für 2011/12 erwartet.
Die Saison 2010/11 hat zwar ein gutes Polster geschaffen, doch ist unklar, inwieweit auch mittelfristig das Angebotso gesteigert werden kann, dass es mit der steigenden Nachfrage aus den Emerging Markets und in besseren Zeiten auch wieder der derzeit nachfrageschwachen Industrieländer mithalten kann. Derzeit allerdings beträgt das Lager-Verbrauchs-Verhältnis noch etwa 45%.
Die Perspektive eines weiteren Marktdefizits sowie die Tatsache, dass bereits jetzt 910 Tsd. Tonnen Kakao aus der Ernte der Elfenbeinküste im Voraus verkauft wurden und bei sich verdunkelnden Produktionsaussichten die Frage der Bedienbarkeit auftritt, dürften die Preise durchschnittlich auf einem höheren Niveau als in der ersten Jahreshälfte halten. Auch die spekulativen Finanzanleger setzen seit Anfang Juli mehrheitlich auf steigende Notierungen für Kakao. Ihre Netto-Long-Positionen liegen derzeit auf einem Niveau wie zuletzt im März 2011.
Auf einen Blick
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: "Rohstoffe kompakt", Commerzbank AG
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